Strasburg, 14. Oktober 2011 (ADN). Alle halbe Jahre kommen 17 Regierungschefs zusammen, tagen hinter verschlossenen Türen und teilen anschließend ihren erstaunten Untertanen mit, worauf sie sich meistens nicht geeinigt haben.  So beschrieb heute der Vorsitzende der Sozialistischen Fraktion im Europäischen Parlament, Martin Schulz, die gegenwärtige politische Situation in Europa. „Die planen die Wiedeinsetzung des Wiener Kongresses in Brüssel“, schlussfolgerte er. Das vom 18.September 1814 bis zum 9. Juni 1815 in Wien veranstaltete  Treffen von Vertretern aus 200 europäischen Staaten sollte nach der fundamentalen militärischen Niederlage Napoleons die politische Landkarte Europas grundlegend neu gestalten. Dies geschah dann auch. Der belgische Diplomat Charles Joseph de Ligne charakterisierte die Monate währende Konferenz als tanzenden Kongress. Es handelte sich nach seinen Worten im Übrigen dabei um einen Kriegskongress, nicht um einen Friedenskongress.

Martin Schulz erklärte im Rundfunk: „Ich meine, wir leben nicht im Feudalismus“. Dennoch sollen die Steuerzahler Hunderte Milliarden Euro an die Banken zahlen, nachdem die sich verspekuliert und verzockt haben. Von den Bürgern werde verlangt, Geld zur Verfügung zu stellen, dessen letztliche Verwendung unter Ausschluss der Öffentlichkeit und des Parlamentarismus auf nationaler und europäischer Ebene  beschlossen wurde.

Dem so beschriebenen antidemokratischen Treiben setzt der Präsident des Deutschen Bundestages, Norbert Lammert, mit fein gedrechselten  Formulierungen eine freundlich klingende Tarnkappe auf. Er nennt die skandalösen Vorgänge im slowakischen Parlament einen „Schönheitsfehler eines aus offensichtlich von taktischen Kalkülen geprägten Abstimmungsverhaltens“.  Im Kern sei der in dieser Woche getroffene Beschluss über die Zustimmung zur sogenannten Europäischen Finanzstabilitätfazilität (EFSF), der der Entscheidung  in derselben Sache zwei Tage zuvor diametral entgegengesetzt ist,  juristisch völlig korrekt.

In der Bundesrepublik Deutschland sei das auch so verlaufen wie derzeit Schweden. Dort ist das Volk auch gegen den Euro und die Regierung dafür. Ähnliche Situationen habe es bei schwerwiegenden Wegscheiden bereits seit Bestehen der BRD gegeben. Die Entscheidungen seien ohne Mehrheit des Volkes zustande gekommen. Als Stichpunkte nannte Lammert die Gründung der Bundeswehr, den NATO-Beitritt und die Römischen Veträge.

Kein Wunder, dass die inzwischen global agierenden Kritiker einer solchen Demagogie das Problem kurz und treffsicher auf den Nenner bringen: „Sie nennen es Demokratie, aber es ist keine !“ ++ (dk/mgn/14.10.11-5)

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