Köln, 16. Oktober 2011 (ADN). So richtig spannend wurde es bei der heutigen von Volker Herres moderierten Fetnsehdebatte „Presseclub“ erst nach dem Ende der eigentlichen Übertragung im Kölner Studio des Westdeutschen Rundfunks (WDR). Es war der Zeitpunkt, zu dem nach dem traditionellen 45minütigen Gedankenaustausch der Journalisten die Meinung der Zuschauer und Zuhörer von der sozialen Basis per Telefon für 15 Minuten eingeholt wird. Dies glich diesmal einer besonders schallenden Ohrfeige. Die Anrufer fühlten sich nämlich durch den Verlauf der unter dem Titel „Vollgas oder Vollbremsung – Deutschlands Wirtschaftsboom am Ende ?“ – milde gesagt – regelrecht  verschaukelt. So  fragte eine Berlinerin Stephan Hebel von der „Frankfurter Rundschau“ danach, wo angesichts der sehr abstrakten Plauderei überhaupt das Schicksal des einzelnen Menschen bleibe und dies offenbar vergessen worden sei. Der Angesprochene gab daraufhin zu, dass es in solchen Gesprächsrunden häufig eine Neigung zum Ideologisieren  gebe. Fast überheblich ergänzte Birgit Marschall von der „Rheinischen Post“ mit der Bemerkung, „wir reden hier über makroökonomische Begriffe, weil die Probleme so hochkomplex sind“. Unausgesprochen blieb, jedoch ließ der Tonfall darauf schließen, dass sie dem normalen Bürger auf der Straße das Verständnis für die komplizierten Zusammenhänge gar nicht zutraut.

In ähnlicher Richtung beschwerte sich eine Zuschauerin aus Lüneburg, die sich durch die Aussage, Deutschland habe über seine Verhältnisse gelebt, verspottet und erniedrigt fühlte. Ihr antwortete Marc Beise von der „Südddeutschen Zeitung“ reumütig, er habe das wohl ein wenig schnell daher gesagt. Niemand solle verhöhnt werden. Er meine das nicht böse und den einzelnen Hartz-IV-Empänger habe er nicht missachten wollen.

Noch konkreter wurde Maria Hoffmann aus Leipzig. Sie wollte wissen, warum man nicht über die wahren Ursachen der Euro-Misere spreche und dementsprechend etwas ändere. Es müsse aus ihrer Sicht doch wohl das allerorten götzenhaft angebetete Wirtschaftswachstum und der Glaube daran in Frage gestellt werden. Dazu fand sich bei den medialen Experten der Runde gar keine greifbare Reaktion mehr, geschweige denn ein überzeugendes Argument.

Als Fazit ist festzustellen: Es wird über die Köpfe der Leute und des Volkes hinweggeredet. Und das obwohl es eine der wichtigsten Aufgaben von Medien ist, den Menschen kaum oder gar nicht durchschaubare Geschehnisse transparent zu machen und zu verdeutlichen. In dieser Gesprächsrunde ist das total misslungen.  Nicht zum ersten Mal. Vielleicht sollte der WDR als Gastgeber einfach andere Journalisten zum „Presseclub“ einladen. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre und Jahrzehnte belegen, dass fast immer dieselben Personen dort sitzen.  Schon der Auswahlmechanismus, nach dem die Dauerkarten für die sonntägliche Sendung an den wenige Dutzend umfassenden Kandidatenkreis verteilt werden, liegt tief im Dunkel. ++ (md/mgn/16.10.11 – 8)

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