Berlin, 8. März 2012 (ADN). Die Polin Barbara Rybeczko-Tarnowiecka trat im September 1944 eine lange Reise an. Nicht freiwillig, sondern unter Zwang wurde das damals minderjährige Warschauer Mädchen in Viehwaggons aus ihrer Heimatstadt nach Breslau gebracht, um dann innerhalb von vier Tagen über die Stationen Erfurt und Jena in die thüringische Gemeinde Tautenburg im heutigen Saale-Holzland-Kreis bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges zu verbringen. Als Zwangsarbeiterin arbeitete sie in einem Gasthaus als Dienstmädchen arbeiten. Darüber berichtete die bescheidene Frau, die vor dem Abtransport nach Deutschland zu Hause den Einmarsch der Wehrmacht und den Warschauer Aufstand durchmachte, am Mittwochabend bei einer Veranstaltung unter dem Titel „Zwangsarbeit war weiblich“ in der Landesvertretung Sachsens in Berlin.
Barbara Rybeczko-Tarnowiecka war eine der rund 1,7 Millionen polnischen Zwangsarbeiterinnen, die von den deutschen Machthabern zur Arbeit verpflichtet und mit der vor genau 70 Jahren – am 8. März 1942 – in Kraft gesetzten Polizeiverordnung zum Einsatz polnischer Arbeiter/Innen zusätzlich gedemütigt wurden. Über deren Schicksal sowie ihrer Leidensgenossinnen aus der Sowjetunion, Frankreich und anderen europäischen Ländern berichtete die Historikerin Dr. Ulrike Goeken-Haidl. 50 Prozent aller Zwangsarbeiter kamen aus der Sowjetunion, 25 Prozent aus Polen. Sie standen am untersten Rand der sozislen Skala. Mehr als die Hälfte der Millionen verschleppten Zwangsarbeiter aus Polen und der Sowjetunion waren junge Frauen und Mädchen unter 20 Jahren, so die Nürnberger Wissenschaftlerin.
Günter Saathoff vom Vorstand der Stiftung „Erinnerung – Verantwortung – Zukunft“ betonte, dass das damals in Deutschland und Europa begangene Unrecht auch heute noch als Unrecht zu bewerten ist. Im Übrigen müssten für Gegenwart und Zukunft daraus die notwendigen Konsequenzen gezogen werden. Insofern seien dieser und andere Termine der von seiner Einrichtung organisierten Veranstaltungsreihe „Opfer des deutschen Vernichtungskrieges im Osten“ alles andere als historische Seminare. ++ (zg/mgn/08.03.12 – 71)