Berlin, 6. Oktober 2012 (ADN). „Ergebnis professioneller Dummheit“ ist nach Angaben des Sonderermittlers Hans-Georg-Engelke das Vernichten von Akten über rechtsextremistische Aktivitäten im Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) gewesen. Das war nach Angaben der „Süddeutschen Zeitung“ in ihrer aktuellen Wochendausgabe aus der Umgebung des Analytikers zu hören, der seinen Bericht über die Schredder-Affäre Mitte dieses Monats dem Bundestagsuntersuchungsausschuss vorzulegen gedenkt.
Die Liquidation der betreffenden Akten war im Juni dieses Jahres durch Zufall bekannt geworden. Der dafür verantwortliche und inzwischen versetzte Referatasleiter hatte am 11.11.2011 Dokumente über V-Leute in der Thüringer Neonazi-Szene aus den 90er Jahren in den Reißwolf gesteckt. Antriebsfeder, so zu handeln, sei Angst gewesen. Das belege, dass es sich nicht um eine bewusste Vertuschungsaktion drehe. Diesem Schluss zieht der Sonderermittler.
Damit ist bestätigt: Der Mitarbeiter des in der Faschingszentrale Köln ansässigen Amtes hat sich auch keinen Scherz zum Karnevalsauftakt am 11. November erlaubt, sondern aus Unbedarftheit, Kurzsicht und Infantilität so gehandelt. Unaufgeklärt bleibt jedoch der Umstand, dass diese amtlich bescheinigte „professionelle Dummheit“ genau an dem Tag vonstatten ging, nachdem die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen zu den rechtsextremistischen Morden des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) übernommen hatte. Welcher neue Wirkungskreis dem „dummen“ Beamten in der Verfassungsschutzbehörde zugewiesen wurde, ist nicht bekannt. Unklar bleibt desweiteren, warum ein mit so viel Unfähigkeit ausgestatteter Bediensteter überhaupt noch in einer Administration verweilen darf.
Erst vor zwei Tagen hat der maßgeblich in die opulente Geheimdienst-Affäre verstrickte ehemalige Verfassungsschutz-Präsident von Thüringen, Helmut Roewer, in Berlin eine Veröffentlichung präsentiert, die das Akten-Paket dieses bundesdeutschen Dauer-Skandals um 280 Seiten bereichert. In seinem, von einem österreichischen Verlag herausgegebenen Buch „Als Verfassungsschutz-Chef im Osten Deutschlands“ schildert der aus dem Bonner Bundesinnenministerium nach Thüringen beorderte Jurist himmelschreiende Zustände in Regierung, Polizei und Justiz des Landes. Nach seiner Auffassung ist er letztlich Opfer „christdemokratischer Seilschaften“ gegen seine Person geworden, weil er sie beim Heucheln und Geschäftemachen ertappt, sich selbst aber nicht an der Ausplünderung des Ostens beteiligt habe. ++ (kr/mgn/06.10.12 – 284)