Archive für Beiträge mit Schlagwort: Abgeordnetenhaus

Stuttgart/Berlin/Köln, 22. Januar 2014 (ADN). In Deutschland vegetieren ungefähr 284.000 Menschen ohne Wohnung. Das entspricht etwa der Einwohnerzahl der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden von 280.000. Mit dieser erschütternden Nachricht eröffnete eine etwa 90minütige Rundfunkdiskussion, in der weitere höchst beunruhigende Informationen verbreitet wurden. Eine davon ist, dass es keine offzielle und präzise Erfassung der bedauernswerten menschlichen Kreaturen ohne eigenes Dach über dem Kopf gibt. Für das Statistische Bundesamt existieren diese Menschen gar nicht. Sie werden damit nach dem Rauswurf aus ihrem Zuhause sofort auch über den Tellerrand der Gesellschaft ins Nichts gekippt, still und heimlich entsorgt. Eine Hörerin aus Berlin setzte den skandalösen Mitteilungen die negative Spitze auf. Sie berichtet, dass im Berliner Abgeordnetenhaus ein Antrag auf statistische Erfassung der Wohnungslosen zwar gestellt, aber mehrheitlich abgelehnt wurde. Berlins „Volksvertreter“ stecken also den Kopf in den Sand, um das in prekärer existenzieller Lage befindliche Volk nicht sehen zu müssen. Dieser politische Tiefpunkt bundesdeutscher Wohnungspolitik vollzog sich vor acht Monaten am 3. Juni 2013, ergänzte Verbandsgeschäftsführer Dr. Thomas Specht von der Bundesarbeitsgemeinschaft für Wohnungslosenhilfe (BAG W). Seinen Worten nach waren zusätzlich im Jahr 2012 rund 130.000 Einwohner unmittelbar vom Verlust ihres Obdachs bedroht – durch Kündigung, Räumungsklage oder Zwangsräumung. Besondere Besorgnis errege der Tatbestand, dass etwa 100.000 Familien keine feste Bleibe mehr haben – darunter mindestens 32.000 Kinder und Jugendliche. Über diese riesige, kaum sichtbare Misere täusche hinweg, wenn Passanten in großen Städten ab und zu auf einen Bettler am Straßenrand stoßen. Die Zahl derat Obdachloser werde in Deutschland auf „nur“ 24.000 beziffert.

Wenige Lichtblicke in dem allgemeinen wohnungspolitischen Drama bot der Leiter des Stuttgarter Sozialamtes, Walter Tuttermusch. Unter Ausschöpfung gesetzlicher Spielräume übernehme seine Behörde sogar Mietschulden, bei Hartz-IV-Leistungsempfängern bis zu 500 Euro monatlich. Wenn der Staat ein diesbezügliches Präventionsgesetz verabschieden würde, könnte die Wohnungslosigkeit um 30 Prozent innerhalb eines Jahres abgebaut werden, prognostizierte er.

Eine besonders skurrile und makabre Erfolgsmeldung über geringe Wohnungsnot verkündete der Hauptgeschäftsführer der Vermietervereinigung Haus & Grund, Dr. Kai H Warnicke. Aufgrund der abwandernden Bevölkerung aus den neuen Bundesländern betrage der Wohnungsleerstand dort zwischen 20 und 30 Prozent. „Der Osten ist uns also weit voraus“, freute er sich.

Als Gründe für die chaotischen Verhältnisse in der Wohnungspolitik wurde die Igoranz der Politik auf allen Ebenen gegenüber seit Jahrzehnten bekannten und nachgewiesenen Daten und Entwicklungstrends bezeichnet. Der massenhafte Verkauf von Wohnungen an private profitorientierte Investoren durch die Kommunen habe langfristig katastrophale Auswirkungen. ++ (so/mgn/22.01.14 – 022)

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Montevideo/New York, 12. Dezember 2013 (ADN). Das Echo auf die vor rund 24 Stunden in Montevideo erfolgte weltweit erstmalige Legalisierung von Cannabis ist riesengroß, global und äußerst differenziert. Der vom Parlament Uruguays ausgelöste Paukenschlag erzeugt hohe und langanhaltende Wellen. Als das uruguayische Abgeordnetenhaus als erste Instanz im August vergangenen Jahres dem Gesetz zustimmte, glaubte noch niemand so Recht an den Erfolg der Initiative. Doch als nun der Senat mit knapper Mehrheit von 16 zu 13 Stimmen die Vorlage vorgestern endgültig abgesegnet hat, wirkte die Entscheidung in der Weltöffentlichkeit wie ein lauter Weckruf – Pro und Contra.

Zu den größten Skeptikern und Gegnern des schrillen Signals aus der Stadt am Rio de la Plata gehören die Repräsentanten der Vereinten Nationen (UNO). Nach ihrer Ansicht verstößt der Schritt gleich gegen mehrere internationale Abkommen zur Kontrolle des weltweiten Drogenhandels. Mit heftigem Kopfschütteln lässt die diplomatische Welt in der New Yorker UNO-Zentrale wissen, dass die Gesundheitsrisiken von Marihuana bewusst ignoriert würden. Auch in dem vom Linksbündnis Frente Amplio regierten, lateinamerikanischen Land selbst, von dessen 3,3 Millionen Einwohnern nach offiziellen statistischen Schätzungen rund 115.000 Drogen-Konsumenten leben, gibt es Ablehnung. Sie ist mit 80 Prozent nach Lesart der urugayischen Zeitung „El Pais“ deutlich. Bei einer Volksabstimmung, deren Gültigkeit die Teilnahme von nur zwei Prozent der Stimmberechtigten erfordert, könnte das Gesetz rasch wieder kippen. Experten wie Nancy Alonso weisen auf die sozialen und gesundheitlichen Probleme hin, denen das Gesetz den Weg bereitet. Die Psychologin wird von dem aus Montevideo berichtenden Guardian-Korrespondenten Mauricio Rabuffetti mit dem Hinweis zitiert, dass damit das Risiko für das Entstehen von Karzinomen 15 Mal höher liegt als beim Tabak-Genuss. Es würden Depressionen, Angstgefühl und – bei überdurchschnittlichem Verbrauch – Schizophrenie provoziert.

Dennoch scheinen angesichts des seit Jahrzehnten tobenden, weitgehend erfolglosen Krieges gegen Drogen die positiven Stimmen zu überwiegen. Zu den Befürwortern im Inland gehört an erster Stelle der Staatspräsident Jose Mujica. Er verweist auf die bisher gescheiterten Bemühungen gegen den Drogenkrieg, in den insbesondere Lateinamerika verwickelt ist. Dabei bietet Mexiko ein ganz besonders blutiges und brutales Bild. Dort sind offiziellen Statistiken zufolge von 1997 bis 2012 genau 21.071 Menschen ermordet worden. Die grausame Spitze der mexikanischen Bundesstaaten bildet dabei der „bundesunmittelbare Hauptstadtbezirk“ mit 4.256 Toten. Die Drogenkartelle malträttieren weiterhin insbesondere die mittelamerikanischen Staaten Nicaragua, Honduras, El Salvador und Guatemala. Dort sind sie bereits Bestandteil der Politik geworden. Guatemalas Präsident, Otto Molina, sagt nach einem Bericht der Tageszeitung „Die Welt“: „Wir leiden unter diesem Drogenkrieg und müssen komplett umdenken.“ Uruguay biete als erstes Land der Welt der Drogenmafia die Stirn. Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos, dessen Land zu den größten Cannabis-Produzenten zählt, fordert eine offene Debatte. Nötig sei eine internationale Lösung, weil Europa und die USA die Hauptabsatzmärkte sind. Nach den Worten des Außenministers von Venezuela, Elias Jaua, prüft seine Regierung den „innovativen Ansatz aus Uruguay“. Auch in Nordamerika wird über die Alternative Legalisierung statt Verbot nachgedacht. Anlass ist der enorm hohe Polizeiaufwand und die geringen Abwehrerfolge gegen den illegalen Drogenhandel.

Mit dem nun im Rampenlicht stehenden Gesetz, das Mitte 2014 in Kraft tritt, will der Staat Uruguay die Droge kontrollieren und die gesamte Warenkette transparent machen. Der Gesamtprozess – von der Herstellung bis zum Konsum, also Anbau, Ernte, Erwerb, Export, Import, Lagerung und kommerzieller Vertrieb, – werden von öffentlichen Stellen abgewickelt und beaufsichtigt. Vorgesehen ist, dass jeder Uruguayer ab 18 Jahren in Eigenregie bis zu sechs Cannabis-Pflanzen anbauen oder verkaufen darf. Apotheken werden für den Verkauf autorisiert. Maximal dürfen 40 Gramm pro Monat und Person abgegeben werden. Der Preis der Droge wird dadurch enorm sinken, beispielsweise auf einen Dollar pro Gramm.

Auf diese Weise wäre der Mafia die illegale Geschäftsgrundlage entzogen. Bisher macht sie weltweit Milliarden-Gewinne. Inzwischen gibt es bereits erste Absetzbewegungen. Aufgrund in absehbarer Zeit sinkender Drogen-Renditen suchen die Mafiosi nach anderen Betätigungsfeldern, zum Beispiel im Gold-Bergbau. ++ (kr/mgn/12.12.13 – 340)

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Berlin, 21. Oktober 2012 (ADN). Neue schwarze Wolken ziehen am Himmel des neuen Berliner Flughafens BER auf. Aktuellen Vorwürfen aus dem Bundesverkehrsministerium zufolge hatte BER-Geschäftsführer Rainer Schwarz bereits im März dieses Jahres Informationen darüber, dass der ursprüngliche Eröffnungstermin des Luft-Drehkreuzes am 3. Juni 2012 nicht zu halten sein werde. Das hat er dem Aufsichtsrat des Unternehmens  am 20.April verschwiegen, sagte Staatssekretär Michael Odenwald dem Sender Radio Berlin-Brandenburg (RBB) am Wochenende. Warnhinweise und Signale über erhebliche Hindernisse habe es auch von Experten des Flughafens München und von der Firmenberatung McKinsay gegeben. Darin ging es um Mängel, die bei Testläufen in der Abfertigung aufgetreten waren.

Schwarz begründete sein Schweigen damit, dass McKinsay im April für das Vorhaben wieder grünes Licht gegeben hat. Odenwald empfiehlt dem in wenigen Tagen am 1. November tagenden Aufsichtsrat, nunmehr haftungsrechtliche Fragen gegenüber dem BER-Geschäftsführer  zu prüfen.

Während der Druck innerhalb des BER-Informations- bzw. Schweigekartells in Richtung Geschäftsführung wächst, richtet sich der parlamentarische Aufklärungswille gegen den Aufsichtsrat und dessen Spitzenpersonal durch den vergangenen Freitag eröffneten Untersuchungsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses. So fordern die Berliner Grünen den Rücktritt des Aufsichtsrates. Deren baupolitischer Sprecher Andreas Otto hatte die Befürchtung geäußert, der Berliner Senat verweigere dem Ausschuss den Zugang zu den jeweiligen Dokumenten. Zu registrieren sei, dass immer mehr Unterlagen mit dem Stempel „Verschluss-Sache“ gekennzeichnet und damit der Öffentlichkeit entzogen werden. Mit dem jetzigen Aufsichtsratspersonal unter Leitung von Berlins Regierendem Bürgermeister Klau Wowereit gebe es keine Gewissheit für Kosten- und Termindisziplin. „Deswegen brauchen wir andere Leute im Aufsichtsrat und in der Geschäftsführung. Wir können nicht die nächste halbe Milliarde – das sind also 450 Millionen Euro – um die geht es hier – einfach denselben Leuten hinterherwerfen, die das alles verschuldet haben“, sagte Otto.++ (kr/mgn/21.10.12 -300)

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