Archive für Beiträge mit Schlagwort: Abriss

Frankfurt/München/Rom, 19. April 2015 (ADN). Das Wort „Völkermord“ für die Ermordung von Armeniern durch die Türken vor hundert Jahren verwenden zu dürfen, darüber ist im Deutschen Bundestag eine heiße Debatte entstanden. „Die Fachpolitiker dringen darauf, Auswärtiges Amt und Kanzleramt sind strikt dagegen,“ teilt am Sonntag die „FrankfurterAllgemeine Sonntagszeitung“ mit. Offensichtlich werden diplomatische Verwicklungen befürchtet.

Unangenehme oder gar unmenschliche Tatbestände zu vernebeln, zu verklausulieren und oder sogar schönzureden, ist eine ganz besondere deutsche Spezialität. Sie verseucht fast alle Lebensbereiche. Beispielsweise darf der Abriss von Wohnhäusern und damit die Liqudierung von wertvollem Wohnraum auch nicht so heißen. Der politisch korrekte Terminus lautet „Rückbau“. Das klingt konstruktiv und ist nicht negativ behaftet. Auch der massenhaft verwendete Begriff „Maßnahme“ ist eine weitgehend unschuldige und harmlose Verbalie. Erst beim Sezieren und Demontieren, dürften dem Betrachter kalte Schauer über den Rücken laufen. Dahinter steckt nämlich „Maß nehmen“ und zu Zeiten des Nationalsozialismus bedeutete das auch, Menschen zu verhaften, zu quälen und zu ermorden. Dennoch werden in größter Gedankenlosigkeit scheinbar  ideologiefreie, technizistische Begriffe der Nazis unbekümmert nicht nur zum Einsatz gebracht, sondern in den Schulen vermittelt. So klingen „Sonderbehandlung“ und „Gleichschaltung“ eigentlich neutral und sind nach dem vom Philologen und Romanisten  Victor Klemperer in seinem „LTI“ genannten Buch Bestandteile des Sprachschatzes des Dritten Reichs – der Lingua Tertii Imperi. „Worte können sein wie winzige Arsendosen; sie werden unbemerkt verschluckt, sie sie scheinen keine Wirkung zu tun, und nach einiger Zeit ist die Giftwirkung doch da“, schrieb er in seinem illegalen Dresdener Versteck.

Und so sollte man sich um scharf konturierte Klarheit und höchste Präzision bemühen. Das tut beispielweise Heribert Prantl dieses Wochenende in der „Süddeutschen Zeitung“ und formulierte zur Flüchtlingspolitik unter der Überschrift „Diese Union tötet“, dass einer dem Sterben auf dem Mittelmeer zuschauenden Europäischen Union (EU) der Nobelpreis weggenommen werden soll. Das Schlepperunwesen könne nämlich nur deswegen grassieren, weil Europa die Schotten dichtgemacht hat – weil es die Flüchtlinge mit allen, auch völkerrechtwidrigen Mitteln fernhält. Kaum waren diese Zeilen gedruckt, trat der bisher eindeutigste und tristete Beweis auf den Plan: Ein Immigrantenboot aus Lybien mit Kurs Italien versank in der Nacht zum Sonntag. Die Vereinten Nationen befürchten bis zu 700 Tote. Nur 28 wurden bislang gerettet. In wievielen Facetten die EU und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit dem Völkerrecht auf Kriegsfuß stehen, ist kaum noch überschaubar. ++ (vk/mgn/19.04.15 – 90)

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Leipzig, 2. Dezember 2014 (ADN). „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit …“ sang eine Gruppe von Besuchern am Dienstag vor dem Eingang zum Paulinum, der Aula und evangelischen Universitätskirche St. Pauli in Leipzig. Sie gehörten nicht zu den rund 100 Gästen, die zur offiziellen Grundsteinlegung für den Paulineraltar am 2. Dezember alljährlich an der Universität Leipzig begangenen „dies academiae“ eingeladen waren. Demzufolge wurden sie nicht eingelassen. Erst der inbrünstige Gesang des bekannten Adventsliedes ließ das Gemüt der Veranstalter weich werden. Präzise 25 der Bittsteller durften dann doch noch den Kirchenraum des nicht fertiggestellten Bauwerks betreten. Universitätsrektorin, Prof. Beate Schücking, die selbst die zusätzlichen Teilnehmer mit abzählte, verwies in ihrer Ansprache auf das wechselvolle Schicksal des nun wieder aufgestellten Altars aus dem 15. Jahrhundert, der unmittelbar vor Sprengung und Abriss der ursprünglichen Universitätskirche am 30. Mai 1968 noch demontiert und  gerettet werden konnte. 

Das damals als größtes Politikum und bauliche Schandtat der DDR-Zeit in die Leipziger Geschichte eingegangene Ereignis erregt nicht nur im Rückblick die Öffentlichkeit, sondern liefert bis in die Gegenwart und in die Zukunft weiterhin ausreichend neuen Zündstoff für prinzipielle Auseinandersetzungen. Im Mittelpunkt steht nun der Disput zwischen konfessionellen Zwecken des Kirchenbaus wie der akademischen Gottesdienste und seine Nutzung im Dienste der staatlich getragenen Universität. „Trotz aller Querelen ist dieser Tag ein Tag der Freude“, unterstrich Universitätsprediger Prof. Peter Zimmerling von der Theologischen Fakultät. Er ergänzte in Hinsicht auf das umstrittene Teilnehmerfeld, dass „wir in einer von Kompromissen geprägten Demokratie leben“. Dennoch hätte er lieber einen größeren öffentlichen Gottesdienst gefeiert unter Teilnahme möglichst vieler Leipziger. Der Neubau der Kirche, bei dem inzwischen eine Bauverzögerung von fünf Jahren eingetreten ist, werde sich auch künftig im Spannungsfeld zwischen Glaube und Vernunft, zwischen Religion und Wissenschaft bewegen.

Petra Förster, Geschäftsführerin des Staatsbetriebes Sächsisches Immobilien- und Baumanagement, erläuterte als Vertreterin des Bauherrn einige bautechnische Besonderheiten und Details. Abschließend unterzeichnen Schücking, Förster und Zimmerling die staatlichen und kirchlichen Urkunden, bevor sie in einer Kupferkapsel verwahrt, von Schlosser Wolfram Glöckner mit Zinn abgedichtet und am Fuße des Altars versenkt werden. Ob das großartige Architekturensemble – wie nunmehr geplant – in einem Jahr tatsächlich seiner Bestimmung übergeben werden kann, ist ungewiss. Gewiss ist nur, das der Streit der beteiligten Interessengruppen fristlos weitergeht. ++ (bi/mgn/02.12.14 -335)

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Berlin, 19. August 2014 (ADN). Die Sowjetunion ist eine der Siegermächte des von Deutschland begonnenen Zweiten Weltkrieges. Damit haben wir ein Stück ihrer Geschichte geerbt. Das erklärte der Franktionsvorsitzende der Partei Die Linke im Deutschen Bundestag, Gregor Gysi, der Zeitung „Der Tagesspiegel“ auf Anfrage nach der zu DDR-Zeiten auf dem Platz der Vereinten Nationen errichteten Lenin-Statue, die 1991 abgeräumt und im Köpenicker Stadtforst vergraben worden ist. Gysi schlussfolgert in der Dienstagausgabe der Zeitung weiter: „Lenin darf man nicht verbuddeln. Man muss ihn zeigen und darf sich mit ihm auseinandersetzen.“ Der Linkspolitiker will nun diesbezüglich gegenüber dem Regierenden Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, initiativ werden.

Die Frage ist im Zusammenhang mit dem Aufbau  einer Ausstellung unter dem Titel „Enthüllt. Berlin und seine Denkmäler“ neu aufgerollt worden. Die Idee, Lenin auszugraben und auf der geplanten Dauerexposition wieder der Öffentlichkeit zu präsentieren, stammt von Ausstellungsleiterin Andrea Theissen. Das Vorhaben wird jedoch von den Berliner Behörden abgelehnt. Es herrscht offenbar panische Angst vor dem in Stein gehauenen Revolutionär und Gründer der Sowjetunion. Unausgesprochen wird zwischen guten und bösen Denkmalen unterschieden. Die Stadtentwicklungsverwaltung, zu der auch das Landesdenkmalamt gehört, will dazu keine Nachfragen beantworten. Es gebe sowohl technische und finanzielle Gründe als auch denkmalschützerische Erwägungen. Die offizielle Begründung des Landeskonservators Jörg Haspel lautet, die genaue Lage von Lenins Kopf und der tatsächliche Aufwand für die Bergung seien ungewiss.

Inzwischen kommt die Administration immer stärker in Erklärungsnot, da die Stadtentwicklungssenatsverwaltung der Ausstellungsleiterin bereits 2009 eine Zusage gegeben und ihr Lenins Denkmal reserviert hatte. Theissen hofft nun auf den Erfolg von Gysis Intervention bei Wowereit, der im Frühjahr den Grundstein für die Exposition legte.

Der Umgang der Berliner Behörden mit den Denkmälern aus der DDR-Zeit  ist äußerst fragwürdig. Die Palette der Vorbehalte reicht von Ignoranz über Ideologiebefangenheit bis hin zu direkter Feindseligkeit. Manches wird ohne jede Überlegung liquidiert. So verschwand 1991 in einer Art Nacht-und-Nebel-Aktion der Lenin aus ukrainischem Marmor, später wurde unter äußerst bedenklichen Umständen der Palast der Republik Stück für Stück abgetragen und erst Anfang dieses Jahres fiel ein architektonisches Kleinod im Bezirk Marzahn-Hellersdorf – die Galerie M als einmalige Kultur- Kunst- und Kommunikationsstätte – ohne ersichtlichen Grund, aus angeblich rein wirtschaftlichen Motiven, die gar nicht zutrafen, dem Vernichtungswahn zum Opfer. Das Bauwerk, das wegen seiner hervorragenden Akustik auch eine beliebte Konzerthalle war, wurde binnen vier Wochen abgerissen. Proteste blieben ungehört. Juristische Widersprüche durchliefen den gesamten Instanzenweg. Vor wenigen Tagen wurde gegen die blinde Zerstörungswut der Behörden und der Wohnungsbaugesellschaft DEGEWO Verfassungsbeschwerde eingelegt. ++ (ku/mgn/19.08.14 – 230)

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Berlin, 10. Januar 2014 (ADN). Berlin, Deutschland und die Welt stehen unmittelbar vor einer kaum vergleichbaren kulturellen Schandtat. Das erklärte der Komponist und Begründer des musikkünstlerischen Verbundes „die neue brücke“, Kurt Dietmar Richter, am Freitag in Berlin vor der Presse. Der unmittelbar bevorstehende Abriss eines einmaligen architektonischen Kleinods im Ostberliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf, das sich vor allem für Bilderausstellungen und Musikaufführungen eignet, verdeutliche den ganz im Stillen verlaufenden kulturellen Verfall in den städtischen Siedlungen. Derartige Vorgänge vollziehen sich landesweit zigfach. Sie stellen eine Totalkapitulation vor angeblich wirtschaftlichen Zwängen dar. Richter ging damit auf Formulierungen des verantwortlichen Vorsitzenden der Wohnungsbaugesellschaft DEGEWO, Frank Bielka, ein. Dieser hatte dem Komponisten in einem Mitte des vergangenen Jahres verfassten Brief mitgeteilt: „Wir müssen als degewo also mit einem Bestandsgebäude umgehen, welches schon früher im laufenden Betrieb nur durch erhebliche Subventionen zu erhalten und zu betreiben war. Eine Verbesserung der Einnahmesituation unter Nutzung als Galerie – und auch sonst – war nicht möglich. Sie werden sicher verstehen, dass wir uns vor diesem Hintergrund anderweitigen Überlegungen für den Standort nicht verschließen können.“

Ungeahnte Hinhalte-Techniken wurden und werden praktiziert, um das Vernichtungswerk besonders in dem Zeitraum allgemeiner Besinnlichkeit zwischen „Stiller, heiliger Nacht“ und knallenden Silvesterböllern mit möglichst geringem öffentlichen Aufsehen vonstatten gehen zu lassen. So ist ein per Post aufgegebener Antwortbrief der DEGEWO vom 30. Dezember 2013 auf ein Schreiben des gegen den Abriss der beim deutschen Kulturrat als gefährdetes Denkmal registrierten Kunststätte aufbegehrenden Aktionsbündnisses „MP13“ bis heute, den zehnten Tag des neuen Jahres 2014, noch nicht angekommen. Er wurde erst gestern nach mehrmaliger Nachfrage im Anhang einer e-mail dem Adressaten zugestellt.

Keine Reaktionen zu dem Kulturfrevel liegen bislang von der vor drei Wochen zur Kulturstaatsministerin des Bundes ernannten Monika Grütters vor. Sie ist zudem Abgeordnete des Deutschen Bundestages und vertritt den Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf für die Christlich Demokratische Union (CDU). Unterstützung findet das Aktionsbündnis „MP13“ jedoch von der linksorientierten Bundestags-Vizepräsidentin, Petra Pau, die ebenfalls Abgeordnete von Marzahn-Hellersdorf ist.

Kritische Beobachter vergleichen das obskure Geschehen in der größten Neubausiedlung Europas, das sich inmitten einer sich Zivilgesellschaft nenenden,, kulturell gesitteten Welt abspielt, inzwischen mit der Vernichtung von zwei überlebensgroßen Buddha-Statuen in Afghanistan vor rund zehn Jahren. Damals hatten Taliban-Terroristen unter lautstarken Protesten aus aller Welt – insbesondere aus Deutschland – die beiden 28 und 55 Meter hohen Steinfiguren zunächst zerschossen und letztlich gesprengt. ++ (ku/mgn/10.01.14 – 010)

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Berlin, 25. August 2012 (ADN). Jeder zweite Berliner hat in den vergagenen drei Jahren eine Mieterhöhung erhalten. Die Zahl der Betroffenen wäre noch weitaus größer, wenn der Senat für die sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen mit rund 275.000 Wohnungen nicht einen vorläufigen Mietstopp verhängt hätte. Damit sind  geplante Mietsteigerungen für 50.000 bis 60.000 Wohnungen vorerst auf Eis gelegt. Das ist das Ergebnis einer von der „Berliner Zeitung“ in Auftrag gegebenen repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa, die von der Tageszeitung in der Ausgabe dieses Wochenendes publiziert wurde.

„Dass es immer schwieriger wird. eine neue Wohnung zu finden, liegt an der Entwicklung auf dem Immobilienmarkt. Denn die Zahl der leerstehenden Wohnungen sinkt. Zugleich steigt die Zahl der Haushalte an. Noch vor einem Jahr spielte das Thema ‚Wohnungsnot‘ in Berlin keine Rolle. Doch seit Beginn dieses Jahres hat sich das geändert“, schreibt das vor allem in den östlichen Stadtbezirken verbreitete Blatt. Gerade dort seien die Bewohner von Mieterhöhungen stärker betroffen. Im Osten der Hauptstadt haben sich nach Auskunft der Befragten für 52 Prozent die Mieten in dem Drei-Jahres-Zeitraum erhöht. 

Dass die Wohnungsnot insbesondere in den neuen Bundesländer systematisch herbeigeführt wurde, ist auf das Bund-Länder-Programm „Stadtumbau Ost“ der Bundesregierung zurückzuführen. Es lief in den Jahren 2002 bis 2009. Mit massiver finanzieller Unterstützung in Höhe von 2,7 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt wurden in Ostdeutschland 300.000 Wohnungen abgerissen. Im 5. Statusbericht „Stadtumbau Ost“ vom 19. April 2012  bezeichnete Bundesbauminister Peter Ransauer dieses Förderprogramm als eine Erfolgsgeschichte.

Das Vernichten von teilweise fast neuem Wohnraum wird beschönigend im Expertenjargon als Rückbau leerstehender Wohnungen  bezeichnet. Dass sie langfristige Folge einer verfehlten Wirtschafts-, Sozial- und Städtabaupolitik ist, wird von den Verantwortlichen tunlichst untzer den Tisch gekehrt. Die abgerissenen 300.000 Wohnungen waren Teil des Wohnungsbauprgramms, das von der DDR-Regierung und dem vor 100. Jahren geborenen Staatschefs Erich Honecker  auf den Weg gebracht wurde. Innerhalb dieses Konzepts entstanden in den Jahren 1976 bis 1990 fast 3,5 Millionen neue und rekonstruierte Wohnungen in der DDR. ++ (sp/mgn/25.08.12 – 242)

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