Berlin, 22. Dezember 2013 (ADN). Der in Russland begnadigte und aus der Haft entlassene Michail Chodorkowski ist kein Menschenrechtssymbol. Das erklärte die russische Journalistin Anastassia Boutsko am Sonntag im TV-Sender „Phoenix“ und widersprach damit dem Moderator Hans-Ulrich Stelter und vielen anderen westlichen Beobachtern energisch. Dass sein Vater jüdische Wurzeln hat, sei von keinerlei Relevanz für seine Festnahme, Verurteilung und fast zehnjährige Haft. Dem gut vernetzten Chodorkowski sei es zum Verhängnis geworden, den Einstieg in die Politik und die Konfrontation mit Wladimir Putin zu suchen. Es gebe einen Brief des ehemals reichsten Russen und seinerzeitigen Chefs des Großkonzerns Yukos an Wladimir Putin, den keiner kennt. Er dürfte die Zusicherung enthalten, dass er nach der Begnadigung sich erstens nicht in die Politik einzumischen gedenkt und zweitens auf die Rückforderung des konfiszierten Geldes verzichtet. Chodorkowski, der über ein Vermögen zwischen acht und zehn Milliarden verfügt hatte, habe sein Geld „nicht mit rechten Dingen“ verdient.

Viele Oligarchen hätten so ihr Geld gemacht, erläuterte der Moskauer Fernsehjournalist Wladimir Kondratjew in der vorher ausgestrahlten Diskussionsrunde „Presseclub“. Wichtig sei die Feststellung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, dass der Prozess gegen Chodorkowski keinen politischen Hintergrund hatte. Den entscheidenden Fehler habe der jetzt 50jährige gemacht, als er seine Unternehmensanteile an die Amerikaner verkaufen wollte.

Der Mitarbeiter des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“, Christian Neef, begründete die Machtposition des russischen Präsidenten mit der Schwäche des Westens, insbesondere der EU und der USA. Auf die Frage des Zuschauers Wolfgang Jaschke aus Bocholt, ob Michail Chodorkowski nach deutschem Recht nicht als Wirtschaftskrimineller einzustufen ist, antwortete die ARD-Korrespondentin in Moskau, Ina Ruck, ausweichend. Es habe insgesamt keine richtige rechtliche Auseinandersetzung darüber gegeben, wie die Staatsbetriebe privatisiert und wie Chodorkowski zu dem vielen Geld gekommen ist. ++ (mr/mgn/22.12.13 – 350)

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