Leipzig, 28. November 2012 (ADN). Warum haben die Deutschen nicht längst einen wunderbaren Bogen zwischen dem Hambacher Fest des Jahres 1832, der friedlichen Revolution in Leipzig und dem Fall der Berliner Mauer im Jahr 1989 gezogen ? Dies fragte am Mittwochabend verwundert der französische Publizist und Philosoph Aldfred Grosser bei einer Diskussion im Zeitgeschichtlichen Forum von Leipzig. Damit hätte ein mustergültiges Beispiel für nationale und europäische Erinnerungskultur gegeben werden können. Er reagierte damit auf den kleinlichen und zermürbenden Streit um ein deutsches Freiheits- und Einheitsdenkmal, das nach zähen Auseinandersetzungen mit der Bundesregierung nunmehr sowohl in Leipzig als auch in Berlin gebaut werden soll und dennoch bei der Leipziger Bevölkerung heiß umstritten ist. Der Franzose wurde von dem Historiker Prof. Michael Stürmer unterstützt, der den Leipzigern bescheinigte, damals in den Jahren 1989/90 „den Ton angegeben zu haben“. Die damaligen Ereignisse seien mindestens von deutscher, wenn nicht sogar europäischer Bedeutung gewesen. Es habe sich damals um ein Erdbeben gehandelt, das zum gefährlichsten Moment des Kalten Krieges avancierte. Diese Erinnerung müsse weitergegeben werden.
Stürmer sprach sich für die von Bundesforschungsministerin Anette Schavan geäußerte Idee aus, nicht nur ein deutsch-französisches Schulbuch zu konzipieren, sondern auch ein europäisches. Es müssten dafür nur die richtigen Themen gefunden werden. Beispielsweise gebe es durchaus die Notwendigkeit, über den Dreßigjährigen Krieg aus europäischer Sicht zu schreiben. Allerdings verkörpern Schulbuch-Zulassungen Verwaltungsakte. Daraus entspringen auch in Frankreich und Großbritannien Hindernisse. Außerdem gebe es die Tendenz, die kleinen europäischen Länder wie Tschechien und Bulgarien zugunsten des deutsch-französischen Verhältnisses zu benachteiligen. Grosser beklagte zudem die Vernachlässigung von Weißrussland, das im Zweiten Weltkrieg am meisten gelitten habe. ++ (rv/mgn/28.11.12 – 338)