Archive für Beiträge mit Schlagwort: arabischer Frühling

Doha, 2. Mai 2014 (ADN). Der Sender ist dabei,  seine Unabhängigkeit zu verlieren. Wenn er sie je hatte. Dieses Urteil fällt die „Süddeutsche Zeitung“ in ihrer Freitagausgabe über den einst so gelobten, aus Katar finanzierten Nachrichten- und Televisionskanal Al Jazeera. „Einige Jazeera-Leute haben gekündigt, Moderatoren, Korrespondenten, Redakteure. Es sind große Namen darunter. Andere sind geblieben, verbittert. Einige geben Auskunft“, schreibt Tomas Avenarius.  Vorausgeschickt werden müsse etwas, das viel über Al Jazeera sagt: Weder die offenen noch die heimlichen Dissidenten reden vernichtend über ihre Arbeitgeber.  Ihr Herz scheine heimlich weiter zu schlagen für einen Sender, der Hoffnungsträger für den arabischen Journalismus war. Jetzt stehe er im Ruf, nur noch Sprachrohr des Emirs von Katar und Megaphon der Muslimbrüder zu sein. Ein Korrespondent ließ den Satz fallen: „Al Jazeera tanzt nach der Pfeife katarischer Außenpolitik“.  Ein nordafrikanischer Redakteur bedauerte: „Da demonstrieren in Kairo ein paar Mursi-Anhänger  – und bei uns sind es gleich Tausende.“  Wer sich äußert, will seinen Namen nicht gedruckt sehen., aus Kollegialität oder aus Angst vor Ärger.  Was hinter den Kulissen geschehe, sei ein Abbild arabischer Politik, insbesondere seit dem „arabischen Frühling“ 2011.  Jetzt, drei Jahre später,  rolle die Gegenrevolution. Das enttäuschte Volk zerfalle in politische Lager,  und Al Jazeera ebenso.  Eine Partei mache Stimmung gegen die andere auf den Gängen der Redaktion. Dem Zitat einer europäischen Journalistin, die nicht mehr dort arbeitet, ist das nur zu verstehen,, wenn man wisse, wer zu welchem Lager gehört.

„Politik mag trennen, aber Geld vereint. Der Sender bezahlt großzüzig, manche fürstlich,“ berichtet der Autor. Ein arabischer Journalist verdiene schnell das Fünffache dessen, was er zu Hause bekommt. Bei Westlern gelten ähnliche Sätze. Und die großen Bildschirm-Namen, die von CNN oder der BBC gekommen sind, werden wie Stars bezahlt. „Das korrumpiert“, erklärte ein Nordafrikaner, der ursprünglich gehen wollte, nun aber bleibt.  Der Sender zahle Schulgeld, Krankenversicherung und Wohnung.

So wird Al Jazeera zum Spiegelbild Katars. Geld hat den Sender geformt. Er ist zu einem ganz großen Namen des internationalen Fernsehjournalismus geworden. Eine Nachrichtenmaschine mit 4.000 Mitarbeitern.  „Das Wunderkind“, das 1996 startete, ist nun ins Gerede gekommen und unter Beschuss geraten – bei Regierungen und bei Zuschauern. Eindeutig ist die Meinung des journalistrischen Qualitätskontrolleurs, des Palästiners Aref Hijjawi: „Derjenige, der die Party schmeißt, wählt die Musik aus.“  Und die Katar-Party gibt das Herrscherhaus. Derzeit betreibt es eine pro-islamische Politik, um gegenüber den anderen Golfstaaten – Islamistenfressern – Unabhängigkeit zu beweisen.  Gerüchte besagen, dass bereits ein neuer Sender aufgebaut werde, der dann parallel laufen soll.  Sein vermuteter Name ist „Das Neue Arabien“.  ++ (me/mgn/02.05.14 – 121)

http://www.adn1946.wordpress.com, e-mail: adn1946@gmail.com, Redaktion: Matthias Günkel (mgn)

 

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Hildesheim, 31. Januar 2013 (ADN). In der Universität Hildesheim wurde zu Wochenbeginn der zehnte, in Deutschland angesiedelte UNESCO-Lehrstuhl feierlich eröffnet. Er widmet sich der Kulturpolitik sowie dem Dialog und der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen. Neuer Lehrstuhlinhaber ist Prof. Wolfgang Schneider. Nach seinen Worten sind Künste nicht nur schön, sondern haben gesellschaftliche Relevanz. Das zeige der „arabische Frühling“. Territorialer Schwerpunkt der Arbeit in der neu einerichteten Forschungsstätte ist Afrika.

Zu den bisher in der Bundesrepublik Deutschland tätigen neun derartigen wissenschaftlichen Einrichtungen gehört der UNECSO-Lehrstuhl für Menschenrechtsbildung am Institut für Politikwissenschaften an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Der von Prof. Karl-Peter Fritzsche geleteten Einrichtung ist die Arbeitsstelle Menschenrechte angegliedert. Sie koordiniert menschenrechtsbezogene Aktivitäten in Forschung und Lehre sowie außeruniversitäre Projekte. Eines der wissenschaftlichen Themen ist, wie es zu der gerade nach dem Zweiten Weltkrieg  inzwischen selbstverständlich anmutenden Verknüpfung  zwischen Menschenwürde und Menschenrechten gekommen ist.

Derzeit umfasst das im Jahr 1992 begonnene UNESCO-Lehrstuhlprogramm 750 solche UNESCO-Chairs und 69 außeruniversitäre Netzwerke in 134 Ländern.  ++ (mr/mgn/31.01.13 – 025)

http://www.adn1946.wordpress.com, e-mail: adn1946@gmail.com

Bonn, 18. September 2012 (ADN). Ungeachtet jedes weiteren technischen Fortschritts wird es Leute geben, die etwas vertuschen wollen, und andere die dies aufzudecken versuchen. Mit einer solchen salomonischen Klausel versprüht der Medienjournalist Frederik Pleitgen unverhohlenen Optimismus über die künftige Entwicklung seiner Branche. In einem Bericht des Fernsehsenders „Phoenix“ am heutigen Dienstag über Perspektiven des Journalismus angesichts der scheinbar ins Unermessliche wachsenden Überlegenheit des Internets gegenüber der konventionellen Tätigkeit von Presse, Funk und Fernsehen wies der Medienmann von CNN International auf die zunehmende Rolle des sogenannten Bürgerjournalismus hin. In Gestalt privater Blogger habe dieser im „arabischen Frühling“ schneller und besser informiert als die Geheimdienste. Dennoch sei gute Recherche das A und O und zeichne einen erfolgreichen Profi-Journalisten aus. Das verschaffe dem Reporter, dessen Berufsbild sich enorm wandelt, entscheidende Vorteile in Sachen Kommunikation. Bildhaft wurde ein Vergleich zu Spitzenköchen gezogen, die ihren Beruf hervorragend in Hotels unmd Restaurants ausüben, obwohl in jedem normal funtionierenden Haushalt tagtäglich Millionen von Hobby-Köchen am Werke sind.

Nach dem Urteil des Medienwissenschaftlers Gundolf Freyermuth steht Bürgerjournalismus nicht erst vor den Toren der modernen Informationsvermittlung, sondern habe sich bereits mit voller Breitseite in der Bericherstattung entfaltet. Zum umstrittenen Wahrheitsgehalt solcher Nachrichten bemerkt die Bloggerin Lisa Ben Mhenni aus Tunesien, dass sie selbst nur mit Leuten korrespondiert, die sie persönlich kennt und deren Aussagen Vertrauen auslösen. Sie zeigte sich gewiss, dass der Syrien-Krieg von Cyber-Aktivisten gewonnen wird.   ++ (me/mgn/18.09.12 – 266)

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Leipzig, 24. Februar 2012 (ADN). In den Ländern des „arabischen Frühlings“ findet ein Umpolen der Revolution durch den Einfluss von außen statt. Hauptstörquelle sind die sunnitisch-islamischen Regimes der Golf-Staaten. Das erklärte Prof. Günter Meyer von der Universität Mainz am heutigen Freitagabend zum Auftakt einer mehrtägigen arabisch-deutschen Konferenz in Leipzig. Er stellte fest, dass die eigentlichen Revolutionäre von der Straße keine Macht mehr haben und „gehighjackt“ worden sind. .Der Westen versuche über politische Nichtregierungsorganisationen (NGO), deren Verteter dort zuhauf anzutreffen sind, seinen Einfluss zu verstärken.

Sein Berufskollege, Prof. Rachid Quaissa von der Universität Marburg, drückte es drastischer aus und zog einen historischen Vergleich: Wie seinerzeit in der Französischen Revolution müssten die Jakobiner in Arabien nun auch andere mitmachen lassen. Wie damals folge der Revolution nun die Restauration. Hinter Quatar, Saudi-Arabien und den anderen Golf-Staaten steckten zudem die US-Amerikaner und die Europäer, denen das Denken in arabischen Kategorien und Prinzipien des Islam fremd sei. Diese mit großem Beifall der aus fast vielen arabischen Ländern angereisten Teilnehmer bedachte Bemerkung, ergänzte Quaissa mit einer Beschreibung des katastrophalen politischen Zustandes in Lybien. „Dort haben wir den großen Salat, den die Europäer angerichtet haben“.

Indes hält Prof. Dalanda Largueche europäische Hilfe für dringend geboten. Die arbeitslosen jungen Leute und die frisch gebackenen Akademiker brauchen Arbeit in der heimischen Wirtschaft beispielsweise im Tourismus. Sie müssen vor dem Zugriff der Salafisten gerettet werden, erklärte die Wissenschaftlerin von der Universität Tunis. Sie sei erschrocken, dass junge tunesische Studenten sich binnen kürzester Zeit lange Bärte zugelegt und mit salafistischen Mode-Akcessoires ausgestattet hätten.  Sie führt das auf die Einmischung der Saudis zurück. Die Rebellion sei im Übrigen noch nicht zuende: „Die Straße kocht noch immer !“

Ägypten hatte eigentlich eine Revolution des Hungers erwartet, weniger solche politischen Umwälzungen, die dann tatsächlich eingetreten sind. Das erläuterte Randa Aboubakr aus Kairo. Die Universitätsprofessorin beklagte, dass die Ärmsten in der Bevölkerung weiterhin arm geblieben sind. Es gebe noch immer keine Mindestlöhne. Immerhin werde darum jetzt gestreikt. Das derzeit herrschende Militär benehme sich schlimmer als das von Mubarak befehligte Armee-Personal.

Ein jeminitischer Diskutant kritisierte leidenschaftlich die Unterstützer der bislang an der Macht befindlichen Diktaturen. Darunter hätten die Salafisten am meisten leiden müssen.

Die Veranstaltung ist nach den revolutionären Ereignissen in mehreren Staaten Nordafrikas und des Nahen Ostens die bisher größte derartige Konferenz in Deutschland. Es nehmen rund 140 Wissenschaftler teil, die unter teilweise abenteurlichen Bedingungen angereist sind. So waren jeminitische Teilnehmer zehn Tage unterwegs. Sie mussten erst nach Kairo fahren, um sich dort ihre Reisevisa abzuholen und dann wieder über ihr Heimatland nach Europa zu gelangen. Veranstalter des Diskurses sind die Universität Leipzig – insbesondere dessen Orientalisches Institut – und die in Hannover ansässige Volkswagenstiftung. ++ (rv/mgn/24-02.12 – 57)