Archive für Beiträge mit Schlagwort: arm

München/Utrecht, 23. März 2015 (ADN). Über Multimillionäre und Milliardäre gibt es kaum zuverlässige Daten. Die sind jedoch die Voraussetzung, um Reichtümer besser und gerechter in der Gesellschaft zu verteilen. Darüber informiert Prof. Brigitte Unger, wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung und Wirtschaftsprofessorin an der Universität Utrecht, in einem Pressebeitrag der „Süddeutschen Zeitung“ am Montag. Darin bestehe das Dilemma der deutschen Reichtumsforschung. Im allerhöchsten Segment der Verteilung finde die massivste Ungleichverteilung statt. Noch schlimmer sei es beim Vermögen. Während es für Einkommen zumindest international akzeptierte Definitionen gibt, fehle eine klare Definition für Vermögen.

Nach den Worten der Wissenschaftlerin hat eine Studie der Europäischen Zentralbank (EZB) erstmals versucht, Vermögen besser zu erfassen und für Europa zu vergleichen. Dabei habe sich Deutschland als das Land mit der größten Vermögensungleichheit im Euro-Raum entpuppt. Allerdings sei die Untersuchung mit dem Makel behaftet, dass Sach- und Finanzvermögen in den einzelnen Staaten unterschiedlich statistisch erfasst werden. Infolgedessen erschienen die Deutschen in der EZB-Studie im internationalen Vergleich als zu arm. Andererseits sei es zumindest in einigen Ländern möglich, die Vermögen der Top-Reichen, die ein Prozent der Bevölkerung ausmachen, zu erforschen.

Beispielhaft nannte Unger Österreich. So habe die Vermögensstudie der österreichischen Nationalbank berechnet, dass dieses eine Prozent der Vermögenden selbst bei den derzeit niedrigen Zinsen monatlich mehr als 8.000 Euro Vermögenseinkommen bezieht. Dennoch betrachte sich fast keiner der Befragten aus dieser Spitzengruppe als Angehöriger der Zehn-Prozent-Gruppe der Reichsten. 

Nach dem Urteil der Wirtschaftsprofessorin gilt in Deutschland als reich, wer mehr als zwei Millionen Euro Vermögen hat. In Österreich sei eine neue Gruppe Reicher mit zweistelligen Millionenbeträgen entdeckt worden. Die jährlichen Schätzungen der US-Zeitschrift Forbes zeigten allerdings, dass die in Deutschland gängigen Datenerhebungen die wirklich Reichen nur annähernd erfasst.

Angesichts dieser außerordentlich lückenhaften Kenntnisse vertritt Unger dennoch die Auffassung, dass eine statistische Erfassung der Finanzvermögensbestände, der Offshore-Anlagen, der Immobilienvermögen und der Fahrzeugbestände technisch möglich ist. Zentrale Bankregister und internationaler Datenaustausch böten die Möglichkeit, auch Auslandsvermögen festzustellen und Vermögensflucht zu begrenzen. Dass Vermögen immer noch anonym bleiben kann und seine Erfassung als Tabubruch eingestuft wird, sei angesichts zunehmender Ungleichheit nicht hinnehmbar. ++ (fi/mgn/23.03.15 – 72)

http://www.adn1946.wordpress.com, e-mail: adn1946@gmail.com, Redaktion: Matthias Günkel (mgn), adn-nachrichtenagentur, SMAD-Lizenz-Nr. 101 v. 10.10.46

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Berlin, 12. November 2013 (ADN). Ein jahrelang beim Zoll Tätiger hat später als Unternehmer rund 14 Millionen Euro Steuern hinterzogen. Das gelang, weil dem Händler von Benzin und Diesel die konkreten Steuerrichtlinien – insbesondere die Einfuhrumsatzsteuer – und deren Umgehungsmöglichkeiten bestens vertraut waren. Mit dieser ganz beispielhaften Skandalgeschichte, in der ein „Staatsdiener“ der Bundesrepublik Deutschland (BRD) zum Kriminellen wird, reißt „Der Tagesspiegel“ in seiner Dienstagausgabe eines von vielen generellen Strukturproblemen in einem ganzseitigen Pressebeitrag an. Das illustrierte Muster zeigt, wie eine der BRD zur Treue verpflichtete Person durch genaue Kenntnis der ohnehin unüberschaubaren Regeln und deren weiße Flecken, zum Mafioso mutierte. Die Multiplikation dieses Einzelfalls lässt Böses für diese Gesellschaft ahnen. Klar ist nämlich, dass auch dieses Beispiel – wie das des Moralapostels, Fußballmanagers, Wurstfabrikanten und Steuersünders Ulrich Hoeneß – nur die Spitze des Eisbergs ist. Das geringfügig über dem Meer herausragende kleine, sichtbare Bergplateau aus Eis und Schnee umfasst nach Angaben der Berliner Tageszeitung folgende Zahlen nur für das vergangene Jahr: es wurden in Deutschland 4.500 Bußgeld- und 70.000 Steuerstrafverfahren bearbeitet, die Steuerhinterzieher wurden zu insgesamt 2.340 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Und sie mußten 56,5 Millionen Euro Strafe aufbringen – zusätzlich zur nachgezahlten Steuer.

Die entscheidende Frage wird sofort danach formuliert: Aber wie viele Bürger, reich oder arm, hinterziehen ungestraft Steuern ?“ Die Dunkelziffer sei hoch. Schätzungen der Deutschen Steuergewerkschaft zufolge betrage der jährliche Verlust für Bund, Länder und Gemeinden bis zu 50 Milliarden Euro. Und die noch ungeheuerlichere Nachricht folgt auf dem Fuße: „Internationale Konzerne, die steuerrechtliche Lücken ausnutzen, so dass der Staat, auch das ist nur eine grobe Schätzung, an weitere 160 Milliarden Euro nicht herankommt. Jedes Jahr. Damit verstoßen sie nicht einmal gegen Gesetze.“

Obwohl Steuerhinterziehung ein Verbrechen ist, sehen sich die Täter nicht als Verbrecher. Bestraft wird aber nur, wer vorsätzlich handelt. Deshalb sind Steuerhinterzieher äußerst selten geständig.

Desweiteren nicht mehr nur besorgniserregend, sondern höchst verdächtig ist, dass der „Staat“ nichts gegen diese Zustände unternimmt. „Die Finanzbehörden der Länder haben es bisher nicht einmal geschafft, die Steuerfahndung miteinander zu vernetzen. Sie schotten sich ab“, so „Der Tagesspiegel“. Im Übrigen zahle sich herausragender Spürsinn für die Finanzbeamten nicht aus. Ein EDV-Programm diktiere ihnen den Umgang mit einer Steuererklärung. Sie selbst dürfen Fehlern und Problemen nicht eigenverantwortlich nachgehen. Die Maschine entscheide. Obwohl der Bundesrechnungshof dieses „Risikomanagement“ schon Anfang 2012 für untauglich befunden hat, folgte daraus nichts.

Des Pudels Kern schein noch ganz woanders zu liegen. So weit reichten offensichtlich auch die recherchierenden Krakenarme der Zeitungsjournalisten nicht. Die Frage, ob das hiesige Steuersystem überhaupt legitimiert ist, trat nicht auf. Angesichts der geschilderten Verhältnisse sollte sie auf die Tagesordnung kommen. Die Regierungs- und Vereinigungskriminalität, die die BRD nach dem Untergang der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nur sehr halbherzig verfolgt und vor ihr sehr schnell kapituliert hat, wird augenscheinlich unverfroren und in noch größeren Maßstäben weiter betrieben. ++ (fi/mgn/12.11.13 – 310)

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