Archive für Beiträge mit Schlagwort: Basisdemokratie

Berlin, 2. August 2015 (ADN). Der Präsident des Deutschen Bundestages, Norbert Lammert, regt in der „Welt am Sonntag“ eine Reform des Wahlrechts an. Das derzeit praktizierte Regelwerk sei für den Wähler nicht mehr verständlich. Nicht einmal alle Bundestagsabgeordneten können korrekte Auskünfte zu dem paragraphenträchtigen Papiermonster geben. Um es einigermaßen vor Ort in den Wahlkreisen umzusetzen, zücken Verwaltungsjuristen und Wahlgremien in ihren Dienstzimmern regelmäßig eine mehrere Hundert Seiten umfassende interne und von verbaljuristischem Kauderwelsch nur so strotzende Gebrauchsanleitung. Die Existenz dieses unverdaulichen Konvoluts ist dem Wahlbürger selbst gar nicht bekannt, wenn er nicht zufällig direkt damit konfrontiert wird.

Lammert schlägt unter anderem eine Verlängerung der Legislaturperiode von vier auf fünf Jahre vor, um dem Parlament mehr Stabilität und Kontinuität zum Arbeiten zu geben. Plebiszite, um die sogenannte repräsentative Demokratie mit basisdemokratischen Elementen zu beleben und sich nicht noch weiter als ohnehin schon vollzogen vom Volkswillen zu entfernen, lehnt er jedoch kategorisch ab. Den Schriftzug „Ruhe sanft !“ für den längst in Arbeit befindlichen Grabstein der Demokratie auf diese Weise beim Steinmetz ausdrücklich nachzubestellen, lässt nichts Gutes ahnen. Der Zementierung der bestehenden Spaltung der Gesellschaft in die da oben – die etablierte Schicht herrschender Parteien – und in die da unten – die resignierende Masse der Plebejer – wird offen das Wort geredet. Dabei wäre es so einfach, das im Übrigen bislang – im Gegensatz zur Verfassung der DDR von 1968, deren Entwurf vor dem Referendum rund ein Jahr lang in Betriebsbrigaden, Schulklassen und in zahllosen anderen Kreisen der Bevölkerung zur Diskussion gestellt worden war – noch nie vom Volk direkt in Kraft gesetzte Grundgesetz (GG) der Bundesrepublik Deutschland (BRD) aus dem Jahr 1949 wortwörtlich zu interpretieren und in ein transparentes Wahlreglement zu wandeln. In Artikel 20, Absatz 2, GG heißt es nämlich: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“. Den Parteien, die sich in Wirklichkeit absolutistisch gebärden, ist es lediglich gestattet und zugebilligt worden, „bei der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken“. So ist es im nächsten Artikel – Nummer 21 – GG formuliert. Dass diese direktdemokratischen Kernsätze seit Jahrzehnten einfach ignoriert werden und die eindeutig im Grundgesetz verankerte Volksherrschaft in ihrem ursprünglichen Sinne verhindert wird, ist der eigentliche Skandal. Davon ist allerdings auch in den zahlreichen Kommentarspalten der meisten Medien nichts zu lesen und zu hören. ++ (dk/mgn/02.08.15 – 161)

http://www.adn1946.wordpress.com, e-mail: adn1946@gmail.com, Redaktion: Matthias Günkel (mgn), adn-nachrichtenagentur, SMAD-Lizenz-Nr. 101 v. 10.10.46

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Göttingen, 28. Juni 2015 – (ADN) Die EU-Politiker werden offensichtlich von panischer Angst vor Volksabstimmungen getrieben. Sie befürchten angesichts des vom griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras für das nächste Wochenende angekündigten Referendums, dass die Vorschläge der sogenannten Institutionen an Griechenland vor dessen Volk keine Akzeptanz finden. Am Sonntag formulierte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann diese tiefsitzende Furcht im Deutschlandfunk folgendermaßen: „Ich bin nicht gegen eine Volksabstimmung über die Angebote, die jetzt im Raum stehen. Aber Herr Tsipras will die Volksabstimmung, weil er keine Verantwortung übernehmen will.“ Er selbst wolle die Offerte nicht annehmen und empfehle dem Volk, sie abzulehnen. „Wir kennen nicht einmal die exakte Grundlage dieser Abstimmung, die innerhalb einer Woche organisiert werden soll“, so der Sozialdemokrat. Die Ungewissheit von Basisdemokratie ist insbesondere in bundesdeutschen Politikerkreisen deshalb so verpönt, weil sie mit unverzüglichem Machtverlust verbunden sein kann. ++ (dk/mgn/28.06.15 – 138)

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Lissabon, 6. Februar 2015 (ADN) Nach dem Beispiel Griechenland mit „Syriza“ und Spanien mit „Podemos“ formiert sich nun auch in Portugal eine breite Bürgerbewegung gegen das politische Establishment. Der Name der zum Jahreswechsel gegründeten Organisation ist „Juntos Podemos“. Rückenwind für den portugiesischen Podemos-Ableger gab es aus dem Osten des Mittelmeerraums durch den Sieg von Syriza in Griechenland. Der Wahlsieg von Alexis Tsipras wurde auf der Iberischen  Halbinsel frenetisch gefeiert. Herbeigesehnt wird nun der Erfolg der spanischen Podemos-Bewegung bei den in Kürze stattfindenden Wahlen in Spanien. Das basisdemokratische Rüstzeug reicht aus, um auch der portugiesischen Protestbewegung klare Konturen zu geben. Die Kampfansage an die etablierten Parteien – einschließlich der Kommunisten – besteht gegenwärtig in einer Unterschriftensammlung für eine Entscheidung beim Verfassungsgericht.

Parteisprecherin Manuela Magno verrät das Geheimrezept von „Juntos Podemos“: Jeder Bürger ein Politiker. Die Bürger selbst müssten aktiv werden, um ihren Einfluss auf allen Ebenen wirksam werden zu lassen. Beim Kampf der „vereinten Völker gegen die Troika“, der in Lissabon seinerzeit proklamiert wurde, müsse gegen den Raub der Souveränität der Länder angegangen werden. Dieser ist in vollem Gange und wird in Portugal begleitet von diversen Korruptionsskandalen der Regierenden in der jüngsten politischen Geschichte des Landes. So ist im November vergangenen Jahres Innenminister Miguel Macedo zurückgetreten. Seine persönliche lauwarme Begründung des Schritts: „Ich habe politische Autorität verloren.“ Die harten Tatsachen deuten darauf hin, dass er in illegale Provisionszahlungen verstrickt ist. Bei der Visa-Erteilung zur Aufenthaltsgenehmigung für Ausländer wurden zehnprozentige Aufschläge berechnet und klandestin verteilt. ++ (pr/mgn/06.02.15 – 36)

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Bonn/Berlin, 15. März 2014 (ADN). Die Ukraine im Jahre 1954 mit der Krim zu segnen, war ein Willkürakt. Das erklärte der ehemalige Bundeswehrgeneral und Vorsitzende des Militärausschusses im Nordatlantikpakt (NATO), Klaus Naumann, am Sonnabend im Fernsehsender „Phoenix“. In einem Interview, das während eines Spaziergangs an dem zum Gedenken an den Sieg der Roten Armee über Hitlerdeutschland errichteten sowjetischen Ehrenmal in Berlin-Tiergarten geführt wurde, erläuterte der Miltärbefehlshaber im Ruhestand diverse Aspekte der aktuellen brisanten Lage um die Halbinsel Krim, die vom damaligen Kreml-Chef Nikita S. Chrutschow vor 60 Jahren an die Ukrainische Sowjetrepublik verschenkt wurde. Zuvor hatte das Territorium seit 1782 zu Russland gehört. Katharina die Große veranlasste seinerzeit auch den Aufbau und die Stationierung der russischen Schwarzmeerflotte in der geostrategisch günstigen Region. Als Chrustschow das ungewöhnliche Präsent an Kiew machte, soll er weitgehend betrunken gewesen sein.

Erstaunlicherweise werden die bemerkenswerten Umstände und fragwürdigen Methoden des Wechsels der Krim von Russland zur Ukraine im Westen so gut wie gar nicht gewürdigt. Ob dieser Vorgang überhaupt völkerrechtlich legitim war, wird  nicht näher unter die Lupe genommen. Um so lautstärker wird behauptet, dass der bevorstehende Volksentscheid der Bewohner der Halbinsel über die künftige nationale Zugehörigkeit einer Anektion gleichzusetzen sei. Dass es sich im Grunde um ein urdemokratisches Prozedere handelt, wird völlig ausgeblendet. ++ (vk/mgn/15.03.14 – 074)

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Sarajevo/Zürich, 3. März 2012 (ADN). Bosniens Bürgergesellschaft erlebt endlich ein Erwachen. Mit diesen Worten zitiert die „Neue Zürcher Zeitung“ (NZZ) in ihrer Montag-Ausgabe Katarina Cvikl. Sie gehört zu der Organisation Populari, die sich mit Übungen in direkter Demokratie einen Namen gemacht hat.

In Bosnien hat sich aufgrund massiver Proteste der Bevölkerung das „Plenum der Bürger des Kantons Tuzla“ gegründet. Der 48jährige Ökonomieprofessor Edin Osmanbegovic, der im Krieg beide Beine verlor, gehört zu den Initiatoren. Das Plenum, zu dem inzwischen rund 20 Städte und Gemeinden gehören, beschreibt in dem ganzseitigen Bericht der Tageszeitung das Zustandekommen des Bündnisses von Tuzla, das zu jugoslawischen Zeiten eine wohlhabende Arbeiterstadt war und nun zum Armenhaus des Landes mit 50 Prozent Arbeitslosigkeit mutierte. Bei der ersten Versammlung seien 25 Leute aufgetaucht, beim jüngsten Treffen zählte die Versammlung schon mehr als 500 Teilnehmer.  Die Frage, ob aus dem Plenum eine Partei entstehen soll, verneint Osmanbegovic. „Wenn wir uns in eine Partei verwandeln, verlieren wir an Glaubwürdigkeit. Man wird uns dann vorwerfen, nur aus Eigennutz, in der Hoffnung auf eine eigene politische Karriere, an der Bewegung teilgenommen zu haben“, zitiert ihn die NZZ. Der Widerstand, der antikapitalistische Züge trägt und durch ein erhebliches Maß an Jugoslawien-Nostalgie angereichert ist, soll außerparlamentarisch bleiben.

Die zahlreichen aus dem Ausland finanzierten internationalen Hilfsvereinigungen und Nichtregierungsorganisationen mit ihren mehr als 10.000 Helfern stehen dem basisdemokratischen Prozess weitgehend taten- und verständnislos gegenüber. Sie, die in schicken Hotels wohnen und mit farbigen Powerpoint-Präsentationen den Einwohnern von Bosnien-Herzegowina das „westliche Lebens- und Gesellschaftsmodell“ schmackhaft machen wollen, stehen am Rande des Geschehens. ++ (dk/mgn/03.03.14 – 062)

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Hamburg/Offenbach, 27. März 2013 (ADN). Weltweit gibt es etwa 70 Zusammenschlüsse von Piraten mit insgesamt 80.000 Mitgliedern. Das teilt die Tageszeitung „Die Welt“ am Mittwoch mit. In einem ganzseitigen Beitrag wird darauf verwiesen, dass diese politische Partei beispielsweise Anhänger in Brasilien, USA, Kanada, Russland, Tunesien, Argentinien und China hat. Insofern sei dies inzwischen eine internationale Bewegung, obwohl sie von Medien und Wissenschaft lediglich als europäisches Phänomen wahrgenommen werde. Darauf lenkt der Politikwissenschaftler und Piratenexperte von der Freien Universität Berlin (FU), Carsten Koschmieder, die Aufmerksamkeit. Das bestätigte der Offenbacher Gregory Engels, Co-Vorsitzender der Piratenpartei International (PPI). Es gebe sie auf allen fünf Kontinenten. Alle wollen Basisdemokratie und Freiheit, weltweit – im und außerhalb des Internets, erklärte der studierte Physiker. Alle teilten das Gefühl, dass etablierte politische Parteien mehr eigene als die Interesssen der Bürger verträten. Außerdem seien sie alle als junge Menschen sozialisiert, die ständig international im Austausch sind – manchmal auf Französisch, meist auf Englisch – immer jedoch online. Das sei ein Stück gemeinsame Kultur und schaffe das Gefühl globaler Einheit.

In dem Beitrag wird geschildert, wie unterschiedlich die Existenzbedingungen und die Fortentwicklungen der Piraten sind. In Tunesien wächst die Anhängerschaft besonders rasant, obwohl nach Angaben des Internetforschungsinstituts Internet World Stats nur 40 Prozent der Tunesier einen Internetanschluss haben. Das wird auf die fortdauernde politische Unruhe im Lande zurückgeführt. Sie wird von der Piratengruppe dieses nordafrikanischen Landes unter der Parole „Rebellion“ befeuert.
Auf besondere innenpolitischen Widerstände stoßen die Piraten dem Pressebeitrag zufolge in der Türkei, in Taiwan, in China und in Russland. Dennoch soll dort – in der westrussischen Stadt Kasan – im April das vierte Welttreffen der Piraten stattfinden. Australiern und Brasilianern ist nach den Worten von Engels die weite Anreise zwar ein Dorn im Auge. Aber einig sind sich alle darin: „Wir sind eine internationale Bewegung“. ++ (de/mgn/27.03.13 – 080)

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Reikjavik, 20. Oktober 2012 (ADN). Der Inselstaat Island macht nach dem großen Finanzcrash vor vier Jahren fast alles anders als die anderen in Mitleidenschaft gezogenen Länder. So hat es nach dem Bankenzusammenbruch vor allem die verantwortlichen Manager zur Rechenschaft gezogen. Sie mussten sogar für Entschädigungszahlungen aufkommen.

Einen weiteren Meilenstein setzen die Isländer am heutigen Sonnabend und präsentieren  sich nunmehr als Demokratie-Musterschüler. Weltweit erstmals wird dort per Internet über eine neue Verfassung abgestimmt. Die alte, bislang gültige stammt aus dem Jahr 1944, als die Unabhängigkeit von Dänemark erreicht wurde. Stets sollte sie modernisiert werden. Dennoch wurde über die Jahrzehnte hinweg nichts daraus. Nun hat die Bankenkrise den entscheidenden Impuls gegeben und das Volk hat das Heft des Handelns in die Hand genommen. Parlament und Parteien stehen abseits. Zwar schmollen sie, aber es bleibt ihnen nur übrig, dem ungewöhnlichen urdemokratischen Tun zuzusehen.

Vor drei Jahren hatte das aufsehenerregende Experiment begonnen. Es wurde ein Rat von 25 direkt vom Volk ausgewählten Personen gebildet. Jeder konnte kandidieren – außer Profi-Politikern. Zuvor legten 950 nach dem Zufallsprinzip auserkorene Bürger grundlegende Positionen fest. Daraus formulierte der Verfassungsrat den Entwurf, über den nun entschieden wird. ++ (dk/mgn/20.10.12 – 299)

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