Archive für Beiträge mit Schlagwort: BGB

Leipzig, 6. Mai 2015 (ADN). Der „Geist von Leipzig“ breitete sich geradezu blitzschnell am Mittwoch bei der zentralen Diskussion des dreitägigen „Medientreffpunkts Mitteldeuschland“ über der Gedankenwelt der Oberhäupter bundesdeutscher elektronischer Medien aus – sowohl der öffentlich-rechtlichen als auch der privaten. Nachdem ihn namentlich der Intendant des Norddeutschen Rundfunks (NDR), Lutz Marmor, als erster benannt und sich zu ihm bekannt hatte, folgten seinem Beispiel die anderen Fernseh- und Rundfunkchefs von ARD, ZDF, ProSiebenSat 1 und RTL. Das seit langem geschwungene Kriegsbeil soll begraben werden, indem die zahlreichen Konflikte nicht mehr auf juristischem Wege, sondern mit einer in Leipzig ansässigen privaten Schiedsgerichtsbarkeit schneller gelöst werden. So lautet der Vorschlag von Staatssekretärin Jacqueline Kraege aus Rheinland-Pfalz. „Das finde ich gar nicht schlecht“, reagiert Tobias Schmid von RTL unverzüglich und charakterisiert dies als „freundschaftlichen untergerichtlichen Modus der Auseinandersetzung“. Er sympathisiert offen mit diesen „kleinen regulatorischen Laubsägearbeiten, die wir dann stolz den Eltern präsentieren“. Als Plattform verlangte er mehr Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und weniger preußisches Landrecht. Jürgen Brautmeier von DLM stimmte sofort diesem „Geist von Leipzig“ zu, den anschließend die Intendantin des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR), Karola Wille, noch näher beschrieb: Dieser Geist, für dessen Entweichen aus der Flasche der als Person und Diskutant anwesende Julian Geist von ProSiebenSat1 Anlass gegeben hatte, müsse geprägt sein durch die Übereinstimmung der Interessen von Bund und Ländern einerseits und den Privaten andererseits.

Wie steinig, sogar chaotisch und zudem noch undemokratisch dieser Weg sein kann und wahrscheinlich wird, zeigte die finale Schlußrunde, deren Grundlage ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts bildete. Das Gericht hatte im vergangenen Jahr die geringe Staatsferne und Transparenz bei der Besetzung der Aufsichtsgremien des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) für grundgesetzwidrig erklärt. Nun muss diese Entscheidung, die auch in vollem Umfang für die ARD gilt, umgesetzt werden. Das erste Versagen ist bereits in Kürze zu erwarten, denn im Herbst dieses Jahres wird der neue MDR-Rundfunkrat für weitere sechs Jahre gewählt. Seine personelle Zusammensetzung ist in einer neuen Regelung zu klären, über deren Entwurf die Länderministerpräsidenten bis zum 30. Juni dieses Jahres zu entscheiden haben. Einstimmigkeit ist nötig. Um sich nicht gegeneinander auszuspielen, sind kaum Reibungen zu erwarten. „Es wird so durchgehen, weil die Länderparlamente keinen Einfluss haben“, bedauert ZDF-Fernsehratsmitglied Oliver Passek. Das absurde Theater darüber, wie künftig die Plätze in den Aufsichtsgremien vergeben werden, gehe weiter. Dass sie die geforderte Vielfalt der zivilgesellschaftlichen Gruppen einigermaßen widerspiegeln, sei nicht zu erwarten. Parteipolitik und Staatseinfluss lassen sich so nicht verdrängen. ++ (me/mgn/06.05.15 – 105)

http://www.adn1946.wordpress.com, e-mail: adn1946@gmail.com, Redaktion: Matthias Günkel (mgn), adn-nachrichtenagentur, SMAD-Lizenz-Nr. 101 v. 10.10.46

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Essen/Genf/Frankfurt am Main, 27. November 2014 (ADN). Im grenznahen Raum zu Frankreich werden für im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr oft vorkommende Rechtsgebiete den Spruchkörpern Richter des jeweils anderen Staates mit beratender Stimme zugeordnet. Diesen Vorschlag unterbreiteten Prof. Menno Aden aus Essen und Felix Aden aus Genf in der Novemberausgabe der Zeitschrift „Recht der Internationalen Wirtschaft“. Als Beispiel für derartige Kooperationen nannten sie  den bundesdeutschen Oberlandesgerichtsbezirk (OLG) Karlsruhe und den französischen Cour d’appel Colmar auf der anderen Rheinseite. Die Autoren illustrieren ihre zur Diskussion gestellte Offerte an einem konkreten Fall. Das Landgericht Freiburg würde demzufolge in einem grenzüberschreitenden Baurechtsfall unter dem Einfluss eines französischen Richters und das Tribunal de grande instance (TGI) Strasbourg unter dem Einfluss eines deutschen Richters entscheiden. Entsprechendes wäre im grenznahen Bereich zur Schweiz und in anderen grenznahen Regionen zu erwägen. 

Die beiden Rechtswissenschaftler begründen ihre Idee damit, dass sich der Souveränitätsbegriff grundlegend gewandelt hat. Das gelte insbesondere im Verhältnis der EU-Partnerstaaten zueinander. Von einer unzulässigen justiziellen Intervention eines ausländischen Rechtssatzes könne, wenn überhaupt jemals, wenigstens heute unter den EU-Partnerstaaten nicht die Rede sein. Diese hätten das Ziel eines gemeinsamen europäischen Rechtsraums vielfach bekundet. Dem diene, wenn im Wege rechtsvergleichender Auslegung die Rechtsanschauungen harmonisiert werden. Gleiches treffe für das Einbinden der jeweiligen Höchstgerichte in diesen Prozess zu.

Mit einem Blick in die Rechtshistorie wird weiter argumentiert: „Die Scheu der deutschen Rechtsprechung, fremdes Recht der Revision zu unterziehen, dürfte auch mit einem Souveränitätsbegriff zusammenhängen, wie er bei Einführung des BGB und der Reichsjustizgesetze herrschte. Man hütete sich, auch bei der Rechtsanwendung in die Souveränität eines anderen Staates einzugreifen, weil man umgekehrt dessen Übergriffe in die eigene Souveränität fürchtete.“ ++ (jz/mgn/27.11.14 – 330)

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