Wien, 1. November 2011 (ADN). Ein gigantischer parlamentarischer Untersuchungsausschuss wurde soeben in Wien aus der Taufe gehoben. In dieser Woche beginnt die Arbeit. Zunächst müssen die Akten zusammengetragen getragen werden. Im Unterschied zu den vorangegangenen derartigen Ausschüssen sollen sie durchweg ungeschwärzt auf den Tisch kommen. Ab Januar finden die Zeugenbefragungen statt. Die Wellen der Empörung schlagen bereits jetzt meterhoch. Es sollen gleich sechs große Korruptionsaffären aus den vergangenen zehn Jahren unter die Lupe genommen werden. Dazu zählen Schmiergeldzahlungen an eine Partei bei der Auftragsvergabe für den Behördenfunk und das „Erkaufen“ positiver Berichterstattung in Boulevard-Medien durch Bundeskanzler Werner Faymann. Ein weiterer Verdachtsfall bezieht sich darauf, dass sich Exminister für Gesetzesinitiativen bezahlen ließen.
Bevor noch die erste Ausschuss-Sitzung begonnen hat, gehen sich die Beteiligten verbal gegenseitig an die Gurgel. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer stellte im Interview mit „Der Standard“ am Wochenende fest, dass Einzelne unter der Gürtellinie argumentieren oder mit Diffamierungen operieren. Der Versuch, Transparenz herzustellen, dürfte in den nächsten Monaten überrasschende Netzwerke zwischen Politik, Wirtschaft und Medien zutage fördern. Es soll sogar zielführend – wie eine moderne Verbalfloskel heißt – recherchiert werden. Erstaunlich ist beispielsweise, dass die Arbeit der Ermittler binnen eines Jahres abzuschließen ist und die Untersuchungsergebnisse präsentiert werden sollen. Das ist besonders innovativ – auch im Vergleich mit der Bundesrepublik Deutschland. Dort werden solche Ausschüsse – sofern sie überhaupt zustande kommen – meist unmittelbar vor Wahlen gebildet, um nach dem Urnengang nicht wieder auferstehen zu müssen. Die Ermittlungen verlaufen im Sande. ++ (dr/mgn/01.11.11 – 15)