Archive für Beiträge mit Schlagwort: Bundesamt für Verfassungsschutz

Berlin, 2. Oktober 2013 (ADN). Ehemalige Nationalsozialisten übten einen atmosphärisch prägenden Einfluss auf den bundesdeutschen Verfassungsschutz aus. Diese Einschätzung wurde bei einer Pressekonferenz am Dienstag in Berlin gegeben, auf der der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Hans-Georg Maaßen, eine Zwischenbilanz zu einem Forschungsbericht über die Nazi-Durchsetzung seiner Behörde in den Jahren 1950 bis 1975 präsentierte. Den Auftrag dazu haben die Historiker der Ruhr-Universität Bochum, Constantin Goschler und Michael Wala, erhalten. Eine ihrer bisherigen Erkenntnisse besteht darin, dass etwa 13 Prozent des BfV-Personals Mitglied der Nationalsozialistischen Arbeiterpartei (NSDAP) oder anderer NS-Organisationen gewesen sind. Der relativ geringe Anteil ergibt sich daraus, dass nur zu 205 Personen auch entsprechende Dokumente gefunden wurden. Es handelte sich dabei vor allem um Impflisten und Protokolle zu Personalratswahlen. Schon deshalb sind nach Auffassung die Zahlen mit äußerster Vorsicht zu genießen. Dennoch wollen sie in der Folgezeit – über das bloße Zählen von Parteigängern hinaus – zu qualitativen Rückschlüssen kommen.

Dass es in der Anfangsphase des BfV vergleichsweise wenig belastete Mitarbeiter gab, führen die Historiker auf die Kontrolle der Alliierten bei der Personalgewinnung zurück. Beabsicht war, keine neue Geheime Staatspolizei (Gestapo) entstehen zu lassen. Auch Ex-Angehörige von Sicherheitsdienst (SD) und Schutzstaffel (SS) sollten nicht toleriert werden. Dennoch gab es BfV-Mitarbeiter, die zu solchen Gliederungen gehört hatten. ++ (ge/mgn/02.10.13 – 269)

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Berlin, 6. Oktober 2012 (ADN).  „Ergebnis professioneller Dummheit“ ist nach Angaben des Sonderermittlers Hans-Georg-Engelke das Vernichten von Akten über rechtsextremistische Aktivitäten im Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) gewesen. Das war nach Angaben der „Süddeutschen Zeitung“ in ihrer aktuellen Wochendausgabe aus der Umgebung des Analytikers zu hören,  der seinen Bericht über die Schredder-Affäre Mitte dieses Monats dem Bundestagsuntersuchungsausschuss vorzulegen gedenkt. 

Die Liquidation der betreffenden Akten war im Juni dieses Jahres durch Zufall bekannt geworden. Der dafür verantwortliche und inzwischen versetzte Referatasleiter hatte am 11.11.2011 Dokumente über V-Leute in der Thüringer Neonazi-Szene aus den 90er Jahren in den Reißwolf gesteckt. Antriebsfeder, so zu handeln, sei Angst gewesen. Das belege, dass es sich nicht um eine bewusste Vertuschungsaktion drehe. Diesem Schluss zieht der Sonderermittler.

Damit ist bestätigt: Der Mitarbeiter des in der Faschingszentrale Köln ansässigen Amtes hat sich auch keinen Scherz zum Karnevalsauftakt am 11. November erlaubt, sondern aus Unbedarftheit, Kurzsicht  und Infantilität so gehandelt. Unaufgeklärt bleibt jedoch der Umstand, dass diese amtlich bescheinigte „professionelle Dummheit“ genau an dem Tag vonstatten ging, nachdem die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen zu den rechtsextremistischen Morden des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) übernommen hatte. Welcher neue Wirkungskreis dem „dummen“ Beamten in der Verfassungsschutzbehörde zugewiesen wurde, ist nicht bekannt. Unklar bleibt desweiteren, warum ein mit so viel Unfähigkeit ausgestatteter Bediensteter überhaupt noch in einer Administration verweilen darf.

Erst vor zwei Tagen hat der maßgeblich in die opulente Geheimdienst-Affäre verstrickte ehemalige Verfassungsschutz-Präsident von Thüringen, Helmut Roewer, in Berlin eine Veröffentlichung präsentiert, die das Akten-Paket dieses bundesdeutschen Dauer-Skandals um 280 Seiten bereichert. In seinem, von einem österreichischen Verlag herausgegebenen Buch „Als Verfassungsschutz-Chef im Osten Deutschlands“ schildert der aus dem Bonner Bundesinnenministerium nach Thüringen beorderte Jurist himmelschreiende Zustände in Regierung, Polizei und Justiz des Landes. Nach seiner Auffassung ist er letztlich Opfer „christdemokratischer Seilschaften“ gegen seine Person geworden, weil er sie beim Heucheln und Geschäftemachen ertappt, sich selbst aber nicht an der Ausplünderung des Ostens beteiligt habe. ++ (kr/mgn/06.10.12 – 284)

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Leipzig/Köln, 1. Februar 2012 (ADN). Überwachen oder Beobachten, Verfassung oder Grundgesetz, Vögel oder Menschen. Diese Fragen wirbeln derzeit regellos durch die Tagesdisdussionen, bei der es sich um den Blick der „Ämter für Verfassungschutz“ auf die Linkspartei einerseits und die Sicht eben dieser Behörden auf rechtsradikale Aktivitäten geht. Weil sie sich der Linkspartei schon seit Jahren auf diese Weise widmen – und zwar auf Beschluss der Bundesregierung – , kann Heinz Fromm, der Leiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz die plötzlich heftige Kritik nicht verstehen. Damals habe sich keiner darüber aufgeregt,  lässt der Geheimdienstchef in einer Diskussion am heutigen Mittwochabend im Kölner Funkhaus wissen. Er schlussfolgert, wenn es an einem bestimmten Maß an öffentlicher Erregung fehlt, dann ergebe sich die Legitimität unrechtmäßiger Aktionen automatisch. Dass solche infantilen Positionen von einem so mächtigen Organisationschef zu hören sind,  ist mehr als besorgnisererregend.

Ähnlich demaskierend wirkt die Wortklaubererei dieser hohen Geheimdienstbeamten, wenn sie ihre zwielichtigen Tätigkeiten streng in Überwachen und Beobachten einteilen. Ersteres schließe nachrichtendienstliche Mittel ein, während das bei Letzterem nicht der Fall sei. Das praktiziere man im Umgang mit der Linkspartei, so Fromm. Dem haben inzwischen die Leiter einiger der 16 Landesverfassungsschutzämter widersprochen.

Ein lingustischer Unterschied zwischen Überwachen und Beobachten existiert indes kaum, bestenfalls auf dem Niveau des Synonyms. Das definiert sich dadurch, dass es sich um zwei Begriffe oder Wörter ein- und desselben Tatbestandes handelt.

Der besseren Illustration der illustren Vorgänge in der Geheimdienstwelt der Bundesrepublik Deutschland könnte ein Blick auf die britischen Inseln dienen. Dort ist es ein alter traditionsreicher Volkssport, im Haus- und Vorgarten wild lebendes Geflügel systematisch zu beobachten. Dabei wird nichts übersehen.  Jede Bewegung der Vögel – ob von Kohlmeise, Grünling oder Rotkehlchen – wird registriert und protokolliert. Nicht einmal Spatzen oder Raben bleiben unberücksichtigt. Die gesammelten Informationen werden zwischen den Alltags-Spionen massenweise ausgetauscht und zwar über die gesamte Fläche des Vereinigten Königreiches hinweg. Nichts bleibt wie in Deutschland im regionalen Netz eines von 16 Landesämtern für Verfassungsschutz – beispielsweise innerhalb Thüringens, Sachsens oder Niedersachsens – stecken. Eventuell ist das ornithologische Nachrichtennetz der Briten sogar global organisiert und zwar innerhalb des royalen Commonwealth-Systems. Nur weiß das wohl keiner genau, außer dem britischen Geheimdienst, weil es eben geheim ist und bleiben soll. Immerhin gibt es diesen Secret Intelligence Service (SIS) oder MI6 und MI5 seit rund 500 Jahren. Er ist effizient, ausgeklügelt und erfolgreich – die Klandestität in Hochpotenz.

Weil das bei den Angelsachsen so beliebte Beobachten von Vögeln in Deutschland noch nie Breitensport war, sondern nur von Wissenschaftlern und anderen Experten betrieben wird, stehen hier die Menschen im Zenit der Beobachter und Überwacher. Sie führen stets und ständig das Wort „Verfassung“  auf den Lippen, so wie Bundesinnenminister Friedrich in einem seiner jüngsten Interviews. Darin verwendete er „Verfassung“ in 17 von 28 Sätzen regelrecht wie im Vollrausch.  Dennoch bleibt genau dies das größte Geheimnis der Deutschen. Es gibt lediglich ein Grundgesetz, aber keine Verfassung. Keiner kennt sie, keiner weiß, wo sie zu bekommen und ihr Text nachzulesen ist.  Wenn darüber überhaupt etwas bekannt ist, mutiert es zum Amtsgeheimnis. Das wiederum kennt nur ein kleiner Personenkreis, dessen Mitglieder der Schweigepflicht unterliegen.

Nötig ist also ein großer nationaler publikumswirksamer Wettbewerb unter dem Motto  „Wo ist unsere Verfassung ?“.  Solcherart Quiz verspricht echte Spannung.  Wer das Rätsel löst, gewinnt – vielleicht die demnächst vakant werdende Präsidentschaft.  ++ (dk/mgn/01.02.12 – 32)