Archive für Beiträge mit Schlagwort: Bundesverfassungsgericht

Bad Boll, 29. Juni 2015 (ADN) „Markierungen auf dem Weg zu einer gesamtdeutschen Verfassung“ war ein dreitägiges Symposium überschrieben, zu dem sich vor genau 25 Jahren im baden-württembergischen Bad Boll deutsche Politiker, Juristen und Journalisten trafen. Ausgangsgedanke war der Artikel 146 des Grundgesetzes (GG), in dem das gesamte deutsche Volk aufgefordert wird, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden. Das ist bis heute innerhalb eines Vierteljahrhundert nicht geschehen. „Überraschend verfiel man auf die technokratische Verlegenheitslösung eines Beitritts nach Artikel 23 GG, wobei ökonomische und machtpolitische Interessen vorherrschten und der Vereinigungsprozess ähnlich wie im Ausnahmezustand zur Stunde der Exekutive geriet“, hatte damals der ehemalige Verfssungsrichter Helmut Simon in seinem Einführungsvortrag bemängelt und dem Provisorium den Kampf angesagt. ++ (dk/mgn/29.06.15 – 139)

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Leipzig, 6. Mai 2015 (ADN). Der „Geist von Leipzig“ breitete sich geradezu blitzschnell am Mittwoch bei der zentralen Diskussion des dreitägigen „Medientreffpunkts Mitteldeuschland“ über der Gedankenwelt der Oberhäupter bundesdeutscher elektronischer Medien aus – sowohl der öffentlich-rechtlichen als auch der privaten. Nachdem ihn namentlich der Intendant des Norddeutschen Rundfunks (NDR), Lutz Marmor, als erster benannt und sich zu ihm bekannt hatte, folgten seinem Beispiel die anderen Fernseh- und Rundfunkchefs von ARD, ZDF, ProSiebenSat 1 und RTL. Das seit langem geschwungene Kriegsbeil soll begraben werden, indem die zahlreichen Konflikte nicht mehr auf juristischem Wege, sondern mit einer in Leipzig ansässigen privaten Schiedsgerichtsbarkeit schneller gelöst werden. So lautet der Vorschlag von Staatssekretärin Jacqueline Kraege aus Rheinland-Pfalz. „Das finde ich gar nicht schlecht“, reagiert Tobias Schmid von RTL unverzüglich und charakterisiert dies als „freundschaftlichen untergerichtlichen Modus der Auseinandersetzung“. Er sympathisiert offen mit diesen „kleinen regulatorischen Laubsägearbeiten, die wir dann stolz den Eltern präsentieren“. Als Plattform verlangte er mehr Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und weniger preußisches Landrecht. Jürgen Brautmeier von DLM stimmte sofort diesem „Geist von Leipzig“ zu, den anschließend die Intendantin des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR), Karola Wille, noch näher beschrieb: Dieser Geist, für dessen Entweichen aus der Flasche der als Person und Diskutant anwesende Julian Geist von ProSiebenSat1 Anlass gegeben hatte, müsse geprägt sein durch die Übereinstimmung der Interessen von Bund und Ländern einerseits und den Privaten andererseits.

Wie steinig, sogar chaotisch und zudem noch undemokratisch dieser Weg sein kann und wahrscheinlich wird, zeigte die finale Schlußrunde, deren Grundlage ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts bildete. Das Gericht hatte im vergangenen Jahr die geringe Staatsferne und Transparenz bei der Besetzung der Aufsichtsgremien des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) für grundgesetzwidrig erklärt. Nun muss diese Entscheidung, die auch in vollem Umfang für die ARD gilt, umgesetzt werden. Das erste Versagen ist bereits in Kürze zu erwarten, denn im Herbst dieses Jahres wird der neue MDR-Rundfunkrat für weitere sechs Jahre gewählt. Seine personelle Zusammensetzung ist in einer neuen Regelung zu klären, über deren Entwurf die Länderministerpräsidenten bis zum 30. Juni dieses Jahres zu entscheiden haben. Einstimmigkeit ist nötig. Um sich nicht gegeneinander auszuspielen, sind kaum Reibungen zu erwarten. „Es wird so durchgehen, weil die Länderparlamente keinen Einfluss haben“, bedauert ZDF-Fernsehratsmitglied Oliver Passek. Das absurde Theater darüber, wie künftig die Plätze in den Aufsichtsgremien vergeben werden, gehe weiter. Dass sie die geforderte Vielfalt der zivilgesellschaftlichen Gruppen einigermaßen widerspiegeln, sei nicht zu erwarten. Parteipolitik und Staatseinfluss lassen sich so nicht verdrängen. ++ (me/mgn/06.05.15 – 105)

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Zürich/Seifhennersdorf, 25. Januar 2015 (ADN). Seit 1990 wurden in Sachsen mehr als 1.000 Schulen geschlossen. Betroffen war auch die Gemeinde Seifhennersdorf im Kreis Görlitz. Die Schließung war von der Kreisverwaltung veranlasst worden, schreibt Karl Müller in der jüngsten Ausgabe der Schweizer Wochenzeitung „Zeit-Fragen“. Die Gemeinde habe kein Mitentscheidungsrecht gehabt. Sie wehrte sich gegen die Stillegung der Dorfschule. Sie tat das auch auf dem Rechtsweg und klagte gegen das sächsische Schulgesetz und die darin vorgeschriebene Schulnetzplanung. Nun haben die Bürger von Seifhennersdorf Recht vor dem Bundesverfassungsgericht bekommt, das die betreffenden Regelungen für verfassungswidrig erklärte. Nach den Worten von Müller haben die Seifhennersdorfer damit bundesdeutsche Rechtsgeschichte geschrieben. Das sei ein wichtiger Impuls für die kommunale Selbstverwaltung – vergleichbar mit der Schweizer Gemeindefreiheit oder Gemeindeautonomie. Die kommunale Selbstverwaltung habe in Deutschland eine lange Tradition. „Sie ging von den preussischen Reformern im beginnenden 19. Jahrhundert aus. Ihr Mentor war Heinrich Friedrich Karl Freiherr vom und zum Stein. Nach der nationalsozialistischen Diktatur, der Gleichschaltung aller staatlichen Ebenen und der Zentralisierung der politischen Macht war es für die Verfasser des bundesdeutschen Grundgesetzes ein oberstes Gebot, eine erneute Machtanballung in den Händen weniger zu verhindern und den Staat möglichst dezentral und bürgernah aufzubauen“, schreibt der Autor. Dabei sei es nach dem Krieg vor allem darum gegangen das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden eng mit bürgerschaftlichem Engagement zu verzahnen.  ++ (ks/mgn/25.01.15 – 25)

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Luxemburg, 22. September 2014 (ADN). „Wenn Skouris und seine Richter urteilen, kann das Auswirkungen auf 28 Staaten und mehr als eine halbe Milliarde Europäer haben. Trotzdem ist er in Deutschland kaum bekannt.“ Das schreibt das Monatsmagazin „Cicero“ in seiner aktuellen Septemberausgabe in einem Porträt über den griechischen Juristen Vassilios Skouris. Er steht dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor und wird dieses Amt noch bis zum Oktober 2015 ausüben. Vier Mal haben ihn seine Richterkollegen für jeweils drei Jahre gewählt. Kein anderer Präsident war bisher länger in dieser Funktion. Er steht an der Seite der Bürger, würdigt das Printmedium den Griechen. „Früher sagte man dem EuGH nach, er entscheide im Zweifel im Sinne der EU-Kommission und der europäischen Regierungen, nicht der Bürger. Seit Skouris Präsident ist, behauptet das niemand mehr.“

Zwischen EuGH und dem bundesdeutschen Bundesverfassungsgericht (BVG)  besteht nach Meinung des Autors erhebliche Distanz. In Karlsruhe beobachte man Skouris‘ Wirken seit Jahren mit Argwohn. Das Bundesverfassungsgericht habe sich im Urteil über den Lissabon-Vertrag die Letztkontrolle über „ausbrechende Rechtsakte“ der Europäischen Union vorbehalten. Und damit auch über alle Entscheidungen des EuGH. Die Eiserne Lady Margaret Thatcher vermutete schon vor drei Jahrzehnten im „EuGH das wahre Machtzentrum der Gemeinschaft“. Nach Ansicht des ehemaligen BVG-Präsidenten und späteren Bundespräsidenten, Roman Herzog, entzieht der EuGH mit immer erstaunlicheren Begründungen den Mitgliedstaaten ureigene Kompetenzen. Skouris sehe die Kritik mit gewissem Kummer, indem er sagt: „Es ist sehr bitter, wenn einem vorgeworfen wird, dass man des Recht verletzt. Gerade wenn man einem Gericht angehört.“ Dennoch wolle er den Konflikt nicht anheizen. Von einem frontalen Aufeinanderprall zweier Gerichte könne keines davon profitieren, so Skouris. ++ (ju/mgn/22.09.14 – 265)

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Berlin, 5. Mai 2014 (ADN). Das Auftreten von Angela Merkel in den USA war schon sehr kläglich; sie traute sich nicht einmal anzusprechen, warum auf die vielen Schreiben von bundesdeutscher Seite zu der massenhaften Überwachung der Deutschen durch die National Security Agency (NSA) von der USA-Regierung noch nicht einmal geantwortet wurde. Das erklärte der Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele am Montag im Rundfunk bei einer Diskussion über die Total-Spionage der Amerikaner in der Bundesrepublik Deutschland.  Das gesamte Parlament in Berlin habe darüber Aufklärung verlangt. Zudem erwarte das die deutsche Bevölkerung  vom Deutschen Bundestag. Gemäß einem an die Bundesregierung gesandten Rechtsgutachten aus einer US-amerikanischen Rechtsanwaltskanzlei mache sich sogar jeder Bundestagsabgeordnete obendrein noch strafbar, der auf einer direkten Vernehmung des Whistleblowers Edward Snowden auf dem bundesdeutschen Territorium besteht. Inzwischen bekomme er selbst bereits Anfragen von Bürger, die sich danach erkundigen, wann sein – Ströbeles – Auslieferungstermin an die USA stattfinde. Sie wollten in einem solchen Fall rechtzeitig protestieren. Weitere besorgte Hörer, die per Telefon der Diskussionsrunde zugeschaltet sind, machen keinen Hehl aus ihrer Überzeugung, dass Snowden unverzüglich bei Betreten deutschen Bodens an die USA ausgeliefert wird.  Ein Diskutant fühlt sich „nach Strich und Faden “ belogen und betrogen von der Bundesregierung.

Nach den Worten Ströbeles sagt Snowden selbst, dass Spionage zwar notwendig sei, jedoch nicht massenhaft und verdachtslos. „Aber es wird die gesamte Bevölkerung abgehört“, so Ströbele, der vor einiger Zeit persönlich mit Snowden in Moskau gesprochen hatte. Wenn es umgekehrt wäre und an die Öffentlichkeit käme, dass der Bundesnachrichtendienst (BND) die Regierung und die Bürger der USA abhört, dann würde „der Kontinent wackeln“. Die Mitteilung der Bundesregierung, das Staatswohl nehme Schaden, wenn der ehemalige NSA-Mitarbeiter Snowden in der Bundesrepublik aussagt, müsse erst noch bewiesen werden. „Da gehen wir notfalls vor den Bundesgerichtshof (BGH) bzw. das Bundesverfassungsgericht (BVG)“, lässt der direkt in den Bundestag gewählte Grünen-Abgeordnete wissen. Im Übrigen habe das Bundesinnenministerium gemäß Paragraph 22 des Aufenthaltsgesetzes durchaus die Möglichkeit an Snowden einen Aufenthaltstitel auszusprechen, wenn übergeordnetes Interesse besteht. Und das sei hier der Fall. ++ (gh/mgn/05.05.14 – 124)

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München/Berlin, 25. April 2014 (ADN). Zahlen des Bundesfinanzministeriums zufolge gibt es immer mehr Kontoabfragen durch Behörden. Nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“am Freitag  verzeichnete das zuständige Bundeszentralamt für Steuern  im Jahr 2013 knapp 142.000 solcher Kontokontrollen. Das ist eine Verdopplung gegenüber dem Jahr 2012. Im ersten Quartal dieses Jahres war der Anstieg ähnlich stark von rund 24.000 auf mehr als 48.000. Bisher stammten die meisten Abfragen aus den Finanzämter. Allerding ist nunmmehr der enorme Zuwachs fast allein auf die Schnüffelei von Gerichtsvollziehern zurückzuführen. Sie seien angeblich berechtigt seit Anfang 2013, Auskünfte bei der Rentenversicherung, beim Bundeszentralamt für Steuern und bei Kraftfahrt-Bundesamt über Arbeitsverhältnisse, Konten und Fahrzeuge einzuholen. Das sei allerdings nur möglich, wenn von Ihnen  verfolgte Ansprüche mehr als 500 Euro betragen. Zitiert wird der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Gerichtsvollzieherbundes, Detlef Hüermann. Nach seinen Worten benutzen Gerichtsvollzieher dieses Instrument, wenn sich Schuldner als unkooperativ erweisen.

In einem Kommentar zu dieser Situation unter dem Titel „Schnüffeln ohne Maß“ stellte Thomas Öchsner ausgehend von der Maxime des Sowjet-Führers Wladimir I. Lenin „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ fest, dass das den Bürgern Hinterherschnüffeln seitens staatlicher Behörden längst das rechte Maß verloren hat. Das Bundesverfassungsgericht habe den staatlichen Zugriff in die Privatsphäre nur innerhalb eng definierter Ausnahmen erlaubt. Ursprünglich sei dies als Anti-Terrormaßnahme deklariert gewesen. Nun ist es zum Massenphänomen geworden. Die Zahlen lassen darauf schließen, dass die Behörden die Bürger der Bundesrepublik Deutzschland als zumindest potentielle Terroristen betrachten. Besonders skandalös ist das Verhalten der Gerichtsvollzieher. Es ist nämlich keneswegs juristisch nachgewiesen, dass diese private Berufsgruppe zu solchen Schikanen gegenüber Bürgern autorisiert ist.  ++  (kr/mgn/25-04.14 – 114)

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München/Karlsruhe, 12. Februar 2014 (ADN). Die Bundesversammlung gerät ins Visier der Verfassungsrichter in Karlsruhe. Über Hintergründe berichtete die „Süddeutsche Zeitung“ am Mittwoch. Die Hüter des Grundgesetzes sind nicht selbst auf die Idee gekommen, dieses Gremium und seine Tätigkeit unter die juristische Lupe zu legen, sondern den Anstoß hat eine rechtsextreme Partei gegeben. Die Nationaldemokratische Partei (NPD) nimmt das nur für die Wahl eines Bundespräsidenten zuständige mehr als 1.000 Personen zählende Völkchen aufs Korn und stellt ihren Wahlmodus in Frage. Er sei verfassungswidrig. Zur allgemeinen Überraschung stellt selbst Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle fest, dass es sich bei diesem Thema um „einen weißen Fleck auf der verfassungsrechtlichen Landkarte“ handelt.  Seit den fast 65 Jahren der Bundesrepublik Deutschland (BRD) ist es ihren geistigen Eliten – darunter Tausende hochqualifizierte Juristen – entgangen, dass es keinen Wahlprüfungsausschuss für das Agieren der Bundesversammlung gibt. Erst ein frisch examinierter Absolvent der Jurisprudenz, den die NPD in Dienst gestellt hat, bringt diesen Stein ins Rollen und müsste damit eigentlich eine konstitutionelle Lawine auslösen. Allerdings tritt dem Bericht zufolge der Präsident des Bundesverfassungsgerichts (BVG) präventiv entgegen. Eine richterliche Kontrolle könne zwar grundsätzlich erlaubt sein, dürfte sich jedoch nur auf „evidente Verfahrensverstöße“ beschränken.

Unter der Oberfläche schlummernde Mängel sollen also unbeachtet bleiben. Die Karlsruher Richter nehmen damit das Risiko in Kauf, dass juristische Pestbeulen unverhofft aufplatzen können. Dass dieser Sprengstoff gerade juristische Grundfesten der bundesdeutschen Verwaltungsgemeinschaft erschüttern könnte, wirkt beängstigend. Allerdings ist eine unitäre Explosionsgefahr und der einem zusammenstürzenden Kartenhaus vergleichbare Vorgang nicht zu befürchten, denn der ehrgeizige NPD-Jurist setzt offenbar auf eine allmähliche Zermürbungsstrategie. Weitere rechtliche Tretminen sind in Sichtweite: Auf Betreiben des rechten Advokaten verhandelt der Zweite BVG-Senat in zwei Wochen über den Wahrheitsgehalt einer Äußerung von Bundespräsident Joachim Gauck. Er soll dazu aufgefordert haben, „auf die Straße zu gehen und den Spinnern ihre Grenzen aufzuweisen.“ Zu erwarten ist ein weiteres Verfahren, in dem es um die stornierte Auszahlung von 300.000 Euro an die NPD durch den Bundestagspräsidenten geht. Das setzt die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) an die Partei voraus, die derzeit finanziell mehr als klamm ist.  ++ (dk/mgn/12.02.14 – 043)

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Leipzig, 16. Dezember 2013 (ADN). Das Sächsische Finanzgericht bestätigte in einem aktuellen Urteil im Dezember dieses Jahres, dass in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) Gesetze aus der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur von 1933 bis 1945 nach wie vor angewandt werden. Ein Bürger hatte sich in dem Finanzrechtsstreit gegen die Erhebung von Einkommenssteuer und Umsatzsteuer einschließlich Verspätungszuschlag, Zinsen und Solidaritätszuschlag, die auf Grundlage der im Dritten Reich in Kraft gesetzten Abgabenordnung (AO) und des Einkommenssteuergesetzes (EStG) berechnet wurden, gewehrt. Das Umsatzsteuergesetz (UStG) habe beispielsweise zudem keine Gültigkeit, weil bei seiner Verabschiedung das sogenannte, in Artikel 19 des Grundgesetzes verankerte Zitiergebot verletzt wurde. Darauf antwortete der 1. Senat des in Leipzig ansässigen und für Sachsen zuständigen Finanzgerichts, dass es sich in seiner Entscheidung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) anschließe. Demnach bestehe hinsichtlich des Zitiergebots bei dem UStG, dem EStG und der AO „allenfalls eine Teilnichtigkeit des Gesetzes, nicht jedoch dessen vollständige Nichtigkeit“. Das Leipziger Gericht schlussfolgert: „Die Nichtigkeit des gesamten Gesetzes kommt nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen nur in Betracht, wenn der ungültige Gesetzesteil mit dem Gesetz im Übrigen derart verflochten ist, dass beide eine untrennbare Einheit bilden.“ Dies treffe auf das Verhältnis von § 27b UStG – Umsatzsteuer-Nachschau – zu den weiteren UStG-Vorschriften nicht zu. Gleiches gelte für die innere Struktur des EStG. Bezüglich der Abgabenordnung gebe es darin mit § 413 eine dem Zitiergebot entsprechende Regelung.

Mit Blick auf die zwielichtige Herkunft der Steuergesetzgebung aus der Zeit des Nationalsozialismus formulierte der 1. Senat: „Soweit der Kläger sich darauf beruft, dass das EStG vom 16. Oktober 1934 im Geltungsbereich des Grundgesetzes vom 23. Mai 1949 keine Rechtswirkung entfalten könne, verkennt er bereits, dass Artikel 123 des Grundgesetzes (GG) das Fortgelten vorkonstitutionellen Rechts anordnet, soweit es nicht im Widerspruch zum GG steht.“ Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) „sind dementsprechend auch Gesetze, die auf Grund des Ermächtigungsgesetzes von der nationalsozialistischen Reichsregierung erlassen worden waren, nicht allein aus diesem Grunde nichtig.“ Dass die alliierten Siegermächte u. a. auf ihren Konferenzen und Vereinbarungen in Teheran, Jalta und Potsdam sowie in weiteren Entscheidungen beschlossen hatten, sämtliche unter den Nationalsozialisten erlassenen Gesetze und Vorschriften außer Kraft zu setzen und zu tilgen, gingen die Finanzrichter nicht ein.

Dem Rechtsstreit vorangegangen war eine jahrelange konträre Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und dem Finanzamt Leipzig I. Dabei kreisten die sorgsam begründeten Widerspruchsschreiben des Klägers durch die Hände von einem halben Dutzend Mitarbeiter der Behörde. Wie eine „heiße Kartoffel“ wanderten die Schriftstücke von Hand zu Hand, ohne dass in den sich über Monate hinweg verzögernden Erwiderungen greifbare und substantiierte Argumente vorgebracht werden konnten. Der Schlüsselfrage, ob in der Bundesrepublik Deutschland die von den Siegermächten des Zweiten Weltkriegs außer Kraft gesetzten Vorschriften aus der Hitler-Diktatur dennoch angewandt werden dürfen oder nicht, wichen auch die diversen Behörden-Sektionen vom einfachen „Finanzbeamten“ bis zur Rechtsabteilung systematisch aus. Nach ihrem langwierigen Zirkulieren durch die Amtsstuben landeten die Schriftstücke wiederholt auf den Schreibtischen bei denselben Mitabeitern, von denen sie viele Monate zuvor weitergereicht worden waren. Letztlich gipfelten die Antworten der Administration an den Beschwerdeführer in der lapidaren Mitteilung, dass die Behörde die Rechtsauffassung des Klägers nicht teilt. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den ausführlich dargestellten Einspruchsgründen fand nicht statt. Das tat dann das Sächsische Finanzgericht mehr als zwei Jahre nach Klageeinreichung, indem es die Katze aus dem Sack ließ und die weitere Anwendung von Nazi-Gesetzen einräumte. Allerdings gingen die Finanzrichter in ihren fein gedrechselten Sätzen und Passagen auf wichtige Aspekte des Problems auch nicht ein. Der Kläger hat nun die Möglichkeit, Beschwerde beim Bundesfinanzhof einzulegen. ++ (dk/mgn/16.12.13 – 344)

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Berlin, 29. November 2013 (ADN). Der erstmals in der bundesdeutschen Geschichte installierte Hauptausschuss wird sich wohl kaum der gegenwärtig im Sekretariat des ehemaligen Bundestags-Petitionsauschusses befindlichen und bislang unbearbeitet gebliebenen 7.000 Petitionen annehmen. Diesen berechtigten Zweifel äußerte die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Petra Pau, am Freitag in Berlin angesichts des im Schnellverfahren aus dem Boden gestampften, aus knapp 50 Abgeordneten bestehenden Superausschusses. Der auf diese Weise in Notbetrieb versetzte Bundestag, dessen deutliche Herabsetzung als Volksvertretung keiner so richtig wahrgenommen hat, sei ein „ärgerlicher Vorgang“. Erst gestern abend zwei Stunden vor Mitternacht habe der Bundestag „alles Nichtgeklärte in den Hauptausschuss verwiesen“. Ob sich das die Petenten – also die Bürger, die Beschwerden vorgetragen haben – so einfach gefallen lassen, stehe in Frage. Es sei mit Klagen zu rechnen. Auch einige Abgeordnete wollen die ungewöhnliche parlamentarische Lage beim Bundesverfassungsgericht (BVG) prüfen lassen.

Pau gehört mit acht weiteren Bundestagsabgeordneten zu den Mandatsträgern, die am Vortag das ungewöhnliche Vorgehen der Koalitionsparteien CDU/SPD abgelehnt und dies in einer Erklärung begründet hatten. Darin heißt es: „Wir haben der Einsetzung des ‚Hauptausschusses‘ nicht zugestimmt, weil wir erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen seine Einsetzung haben. Der Hauptausschuss stellt eine Entmündigung des Parlaments dar.“ Der Hauptausschuss unterlaufe die Regelungen des Grundgesetzes (GG) und der Bundestags-Geschäftsordnung, die explizit Ausschüsse vorschreiben. Ein solches Gremium belebe einen Vorschlag aus dem Unterausschuss III des Herrenchiemsee-Konvents zum Entwurf eines Grundgesetzes aus dem Jahr 1948. Dem betreffenden Protokoll vom 13. August 1948 sei zu entnehmen, dass er von der Mehrheit abgelehnt wurde. Desweiteren teilen die Unterzeichner der Erklärung wörtlich mit: „Der Hauptausschuss war also bereits seiner Konzeption nach als ein Krisenzeiten vorbehaltenes Konstrukt gedacht, welches gerade keinen Eingang in das Grundgesetz gehalten hat. Die Einrichtung eines Hauptausschusses widerspricht damit auch dem erkennbaren Willen des historischen Verfassungsgebers.“ Hang zu Rechtsbruch, Willkür und Geschichtsvergessenheit dürfte wohl eine treffende Charakteristik für das Verhalten der Großen Koalition in spe sein. ++ (dk/mgn/29.11.13 – 327)

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Berlin, 19. September 2013 (ADN). Bei der deutschen Bundesregierung wurde zu Wochenmitte in Berlin ein Offener Protestbrief mit mehr als 67.000 Unterschriften übergeben. Darin wird die Sprachlosigkeit des Bundeskabinetts angesichts des massenweisen Ausspähens der deutschen Bevölkerung durch die US-amerikanischen Geheimdienste scharf kritisert. Initiatorin ist die Schriftstellerin Juli Zeh. In Begleitung von Berufskollegen übergab sie 30 Kästen mit den 67.407 Unterschrften und dem Brief an die stellvertretende Regierungssprecherin Sabine Heimbach im Bundespresseamt. Das Kanzleramt als ursprünglicher Adressat hatte die Annahme verweigert.

In dem Schreiben werden äußerst unangenehme Feststellungen getroffen und peinliche Fragen gestellt, denen die bundesdeutschen Mächtigen mit Kanzlerin Angela Merkel an der Spitze systematisch ausweichen. So heißt es darin, dass Deutschland zum „Überwachungsstaat“ und „der gläserne Mensch endgültig Wirklichkeit“ geworden seien. Es handele sich um einen „historischen Angriff auf unseren demokratischen Rechtsstaat, nämlich die Umkehrung des Prinzips der Unschuldsvermutung hin zu einem millionenfachen Generalverdacht“. Auf die Frage, ob es gewollt ist, dass die National Security Agency (NSA) deutsche Bundesbürger in einer Weise überwacht, die den deutschen Behörden durch Grundgesetz und Bundesverfassungsgericht verboten ist, hat Juli Zeh bislang keine Antwort erhalten. Es wurde ihr zudem zu verstehen gegeben, dass das Kanzleramt zu einem Gespräch nicht bereit ist.

Dichterin Zeh, der beispielsweise die Berufskollegen Ilja Trojanow, Ingo Schultze, Eva Menasse und Julia Franck assistierten, informierte darüber, dass rund 60 Autorinnen und Autoren den Offenen Brief unterzeichnet haben. Über das weitere Schicksal der Unterschrftensammlung im Bundespresseamt herrscht Ungewissheit. Zeh vermutet deren rasche rasche Liquidierung. Eventuell werden nur die Namens-Übersichten aufbewahrt, die dann – sarkastischerweise – auf das besondere Interesse der NSA und anderer anglo-amerikanischer Geheimdienste stoßen könnten. ++ (ge/mgn/19.09.13 – 257)

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