Archive für Beiträge mit Schlagwort: Cicero

Luxemburg, 22. September 2014 (ADN). „Wenn Skouris und seine Richter urteilen, kann das Auswirkungen auf 28 Staaten und mehr als eine halbe Milliarde Europäer haben. Trotzdem ist er in Deutschland kaum bekannt.“ Das schreibt das Monatsmagazin „Cicero“ in seiner aktuellen Septemberausgabe in einem Porträt über den griechischen Juristen Vassilios Skouris. Er steht dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor und wird dieses Amt noch bis zum Oktober 2015 ausüben. Vier Mal haben ihn seine Richterkollegen für jeweils drei Jahre gewählt. Kein anderer Präsident war bisher länger in dieser Funktion. Er steht an der Seite der Bürger, würdigt das Printmedium den Griechen. „Früher sagte man dem EuGH nach, er entscheide im Zweifel im Sinne der EU-Kommission und der europäischen Regierungen, nicht der Bürger. Seit Skouris Präsident ist, behauptet das niemand mehr.“

Zwischen EuGH und dem bundesdeutschen Bundesverfassungsgericht (BVG)  besteht nach Meinung des Autors erhebliche Distanz. In Karlsruhe beobachte man Skouris‘ Wirken seit Jahren mit Argwohn. Das Bundesverfassungsgericht habe sich im Urteil über den Lissabon-Vertrag die Letztkontrolle über „ausbrechende Rechtsakte“ der Europäischen Union vorbehalten. Und damit auch über alle Entscheidungen des EuGH. Die Eiserne Lady Margaret Thatcher vermutete schon vor drei Jahrzehnten im „EuGH das wahre Machtzentrum der Gemeinschaft“. Nach Ansicht des ehemaligen BVG-Präsidenten und späteren Bundespräsidenten, Roman Herzog, entzieht der EuGH mit immer erstaunlicheren Begründungen den Mitgliedstaaten ureigene Kompetenzen. Skouris sehe die Kritik mit gewissem Kummer, indem er sagt: „Es ist sehr bitter, wenn einem vorgeworfen wird, dass man des Recht verletzt. Gerade wenn man einem Gericht angehört.“ Dennoch wolle er den Konflikt nicht anheizen. Von einem frontalen Aufeinanderprall zweier Gerichte könne keines davon profitieren, so Skouris. ++ (ju/mgn/22.09.14 – 265)

http://www.adn1946.wordpress.com, e-mail: adn1946@gmail.com, Redaktion: Matthias Günkel (mgn), adn-nachrichtenagentur, SMAD-Lizenz-Nr. 101 v. 10.10.46

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Leipzg, 9. April 2014 (ADN). Die Tendenzen zur Entpolitsierung und zur Boulevardisierung sowohl in den privaten Fersehsendern als auch in den öffentlich-rechtlichen Anstalten sind unübersehbar. Sogar Gekeife zwischen den Journalisten ist modern geworden. Das erklärte der ehemalige Chefredakteur der Nachrichten-Sendung „Heute-Journal“ des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) und langjährige Fernseh-Auslandskorrespondent Ruprecht Eser am Mittwoch in Leipzig. Es herrsche ein Verhältnis wie unter Geyern, zitert der bekannte Nachrichtenmoderator die „Süddeutsche Zeitung“.  Folgen der medialen Erregungsindustrie sei der Tatbestand, dass Politiker und Journalisten wechselseitig den letzten Platz auf der allgemeinen Glaubwürdigkeitsskala in regelmäßigen Abständen tauschen.  Das Vertrauen bei den Bürgern sei hinüber – und nicht nur im Fernsehen.  Die symbolhaft mit Sabine Christiansen auferstandene Talkshow-Republik werde von immer mehr Soft-Nachrichten überschwemmt. Eine derartige „Christianisierung“ verkehre die politische Berichterstattung zu einem zweiten Unterhaltungsprogramm, in dem wir uns zu Tode amüsieren und quatschen. Mediendemokratie habe sich noch in Empörungsdemokratie gesteigert. Sogar das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ gehöre inzwischen zum Kreis der überdrehten Medien. Es werde nicht mehr nur über die Wirklichkeit berichtet, sondern in sie eingegriffen – mit sehr ernsten Konsequenzen.  Als Beispiel für den „Blutrausch der Medien“ – so nannte das Magazin „Cicero“ den Trend – schilderte Eser aus der eigenen journalistischen Praxis in London die Entstehungsgeschichte des  Irak-Krieges. In der Öffentlichkeit wurde verbreitet, dass irakische Kernwaffen, die es eigentlich gar nicht gab, binnen 45 Minuten einsatzbereit seien.

Ruprecht Eser, der seine Antrittsvorlesung als Honorarprofessor an der Universität Leipzig im Bereich Medien und Kommunikation hielt, forderte weniger Tamtam und weniger Eitelkeit im Journalismus. Es gehe nicht darum, Erster um jeden Preis zu sein, sondern um Bereitschaft zu mehr Recherche und Entschleunigung überhaupt. Er wies darauf hin, dass die Staatsverträge der öffentlich-rechtlichen  Rundfunk- und Fernsehanstalten keine Quotenverpflichtung enthalten.  Qualitätsjournalismus sei Kulturgut, nicht Leergut.  ++ (me/mgn/09.04.14 – 099)

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Berlin, 6. Oktober 2013 (ADN). Die Theorie vom „deutschen Sonderweg“ spielte eine Schlüsselrolle im Geschichtsdenken der alten Bundesrepublik. Sie hob Deutschlands Demokratiedefizite im Vergleich mit Großbritannien oder Frankreich hervor. Zur Erklärung wurde auf das Obrigkeitsdenken seit Luther, auf den preußischen Militarismus und die gescheiterte Revolution von 1848 verwiesen. Das teilt der Historiker Ulrich Sieg von der Philippps-Universität Marburg in einem Beitrag der Oktober-Ausgabe des Magazins „Cicero“ mit. Das Kaiserreich sei als autoritärer Nationalstaat missverstanden worden. In ihm sei es zu keiner nennenswerten Beteiligung der Bürger gekommen. „Mittlerweile hat sich dies als zu einseitig herausgestellt“, so Sieg. Es habe im Kaiserreich sehr wohl eine politische Kultur mit hoher Wahlbeteiligung und lebendigen Debatten gegeben, die auch im Ausland positiv wahrgenommen wurden.

Der Dozent für Neueste Geschichte schätzt ein, dass im „Westen“ nicht alles Gold war, was glänzte. Zu erinnern wäre an die unnachgiebige Härte, mit der die britische Oberschicht ihre Privilegien verteidigte. Ähnliches gelte für den massiven französischen Antisemitismus zur Zeit der Dreyfus-Affäre.

„Es heißt, das Kaiserreich trage die alleinige Schuld am Ersten Weltkrieg. Moralische Urteile aber garantieren keine Erkenntnisse. Argument und Abwägung müssen zurückkehren“, so fordert der Geschichtswissenschaftler. Die 100jährige Wiederkehr des Ersten Weltkriegs im nächsten Jahr biete eine vorzügliche Gelegenheit, um sich solchen grundsätzlichen Fragen intensiv zu widmen. ++ (vk/mgn/06.10.13 – 273)

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London/Berlin, 16. Oktober 2012 (ADN). Die gescheiterte Fusion zwischen der deutsch-französisch-spanischen European Aeronautic Defence and Space Company (EADS) und dem britischen Luft,- Raumfahrt- und Rüstungskonzern  BEA Systems scheint allen mehr oder minder sachkundigen Politikern und Wirtschaftsführern ein Rätsel zu bleiben. Es sei die große Chance gewesen, um ein vorzeigbares europäisches Musterstück zu schmieden, meinte der Chefredakeur  des Magazins „Cicero“, Christoph Schwennicke, noch vor zwei Tagen in der Fernsehsendung „Presseclub“ und fand bei seinen Gesprächspartnern von Süddeutscher Zeitung, Handelsblatt und ARD allgemeine Zustimmung. Sie hatten sich den Kopf darüber zerbrochen, wie Europa – besser die Europäische Union (EU) – noch zu retten ist. Das Rätselraten um die Sphinx EADS und den nicht zustandegekommenen Zusammenschluss zu einem weltweiten Rüstungsgiganten hält Konzernetagen und politische Dialogrunden weiter im Griff. Wirkliche Gründe kennt angeblich niemand.

Vermutlich sollen die wahren Tat- und Ursachen gar nicht gekannt und benannt werden. Es ist nämlich eine neue Schmiergeld- und Korruptionsaffäre aufgetaucht. Dieses neue Kapitel der inzwischen langen Kette von Betrugsfällen rund um EADS ist nämlich nicht nur ruchbar geworden, sondern hat kaum widerlegbare Zeugen. Sie bangen sogar um ihr Leben. Einen präsentierte kürzlich der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) in seinem kritischen Magazin „Fakt“. Es handelt sich um den britischen Oberstleutnant Ian Foxley. Im Interview mit MDR-Redakteur Markus Frenzel bestätigt er den Skandal: „Die wissen ganz genau, was sie machen. Wenn die Schmiergeld über Großbritannien zu einer Bank in den USA und von dort auf die Cayman Islands transferieren, dann ist das keine einfache Operation.“ Der Konzern versuche bewusst, Schmiergelder verdeckt weiterzuleiten, um keine Spuren zu hinterlassen. Ein mit den schweren Vorwürfen konfrontierter EADS-Sprecher in London antwortete gegenüber „Fakt“ ausweichend im besten Politsprech: „Wir werden weiterhin voll und konstruktiv mit der Antikorruptionsbehörde SFO zusammenarbeiten, werden aber keine Einzelheiten zu den Ermittlungen kommentieren.“

Einzelheiten bestehen beispielsweise darin, dass für Extradienste von Drittfirmen zwölf Prozent eines drei-Milliarden-Geschäfts laut Vertrag zu zahlen und geflossen sind. Diesen mysteriösen Geldern in Höhe mehrerer Hundert Millionen Euro liegen offensichtlich keine Gegenleistungen zugrunde.

Foxley, der Mitarbeiter der EADS-Tochter GPT Special Project Management in Saudi-Arabien war,  berichtete  dem MDR-Reporter Markus Frenzel desweiteren von seiner abenteuerlichen Flucht aus den Fängen des Konzerns und von der arabischen Halbinsel. Sein Entrinnen aus dem globalen Geld-Waschgang gelang nur, nachdem er auf einem britischen Militärstützpunkt Unterschlupf gefunden hatte.

Von den Journalisten  über das Geldwäsche-Manöver informiert erklärte die ehemalige Bundesjustiministerin Herta Däubler-Gmelin, dass sich die Bundesregierung angesichts ihres hohen Interesses an EADS veranlasst sehen dürfte, „hier deutlicher nachzuschauen“. Die MDR-Recherche-Ergebnisse seien in der Tat zutiefst beunruhigend.

Einen Tag nach der Ausstrahlung des Fernsehbeitrags gaben vorige Woche EADS und BAE in einer gemeinsamen Mitteilung bekannt, sich nicht auf die geplante Kooperation einigen zu können. Beide Unternehmen brachen flugs die Gespräche ab. (kr/mgn/16.10.12 – 295)

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