Berlin, 2. Januar 2014 (ADN). Der Architekt und Designer Van Bo Le-Mentzel entwirft Hartz-IV-Möbel. Zu den Rennern gehört ein Stuhl, der im Selbstbau nur 24 Euro kostet und in 24 Stunden fertig sein kann. Umgerechnet auf die am Jahresbeginn gültige Erhöhung des Arbeitslosengeldes II – umgangssprachlich Hartz IV genannt – von monatlich neun Euro kann sich ein Betroffener in drei Monaten in Selbsthilfe ein derartiges Sitzmöbel herstellen. Der Bauplan für den Stuhl wurde inzwischen im Internet laut „Süddeutscher Zeitung“ vom Donnerstag bereits 10.000 Mal heruntergeladen. Sein Schöpfer sagt in einem Interview mit der Tageszeitung: „Den Menschen hat das dem Bauhaus abgeschaute Modell offenbar gefallen. Das Holz lässt sich aus einem Standardbrett zuschneiden. Man braucht ein paar Teppichgurte und zwei Kissen.“ Inzwischen gebe es weitere Teile einer Inneneinrichtung für eine ganze Hartz-IV-Wohnung.
Als Motivation für die originelle Kreation nennt der gebürtige Laote die einfachen Verhältnisse und die Sozialleistungen, die seine Eltern nach der Flucht aus ihrem Heimatland bezogen haben. Hartz IV verbinde sich mit Armut, sozialer Ausgrenzung und Hoffnungslosigkeit. Er wolle zeigen, dass es jeder schaffen kann, „im Selbstbau“ sein Leben etwas zu verändern.
Die Idee für die neuentworfene Möbel-Garnitur basiert nach den Worten des 36jährigen auf der Karma-Ökonomie. Dabei gehe es bei der Arbeit, in der Wirtschaft und in der gesamten Ökonomie immer auch um das persönliche Glück. Das aber setze den Ausgleich von Geben und Nehmen voraus. Er lehne es ab, die Wirksamkeit des Tuns in Zahlen und Profit zu messen.
Die Möbelserie von Le-Mentzel hat ihren Ursprung in einer erfolgreich gelaufenen Entwicklung und Produktion eines Karma-Schuhs. Dem Projekt liege eine Umsetzungslösung zugrunde, mit deren Hilfe die Fußbekleidung ökologisch korrekt und fair in Asien produziert werden kann. Er will damit dazu anregen, aus Konsumenten Prosumenten werden zu lassen. Das sind Menschen, die das von ihnen Verbrauchte auch selbst produzieren und damit zu diesen Gütern eine andere innere Beziehung aufbauen. Es ist – so der Autor – ein kleiner Mosaikstein, um gegen die Wegwerfmentalität anzugehen.
Der Architekt, der auch ein Haus auf Rädern entwickelt hat, nennt weitere Gründe seiner Mission: „Wohnen ist für mich ein Grundrecht, das immer mehr Menschen genommen wird, weil die Immobilien- und Mietpreise in den Ballungszentren ins schier Unermessliche steigen. Darum steht das Haus auch auf einem Anhänger, weil damit zumindest das Geld für Grund und Boden gespart wird. Es nimmt den Platz nur den ohnehin zu vielen Autos in der Stadt weg. Am liebsten würde ich die Mieten ganz abschaffen.“ ++ (so/mgn/02.01.14 – 002)