Archive für Beiträge mit Schlagwort: EGMR

Strassburg/Zürich, 27. September 2015 (ADN). Ein ungewöhnlicher und aufsehenerregender Prozess beginnt Mitte dieser Woche am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg. Es geht um die Frage, ob der Staat eine offizielle Geschichtsschreibung vorgeben und Abweichler dafür bestrafen darf. Im Zentrum steht die Meinungsfreiheit und ihre Ausmaße. Schlüsselfigur ist der türkische Nationalist Dogu Perincek, der von der Schweizer Justiz wegen Rassendiskriminierung verurteilt wurde, weil er den Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich in den Jahren 1915 bis 1917 als „internationale Lüge“ bezeichnet hatte. Wie die „Neue Zürcher Zeitung“ (NZZ) am Dienstag weiter schreibt, ist das Fall nicht nur politisch brisant. Er werfe auch die bedeutsame Frage auf, inwieweit der Einzelne das Recht hat, historische Ereignisse frei zu beurteilen, ohne eine Strafe gewärtigen zu müssen.

Der EGMR hat die Streitsache schon einmal verhandelt. In seinem Urteil von 2013 hatte er die Frage offen gelassen, ob es sich bei dem Drama vor hundert Jahren tatsächlich um Völkermord handelt oder nicht. Er stellte lediglich fest, dass international keine Einigung über die Bewertung der damaligen Ereignisse besteht. Die Geschichtsforschung eigne sich nicht für absolute Wahrheiten, zudem sei der Begriff Genozid sehr eng zu verstehen. ++ (mr/mgn/27.01.15 – 27)

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Straßburg/Moskau/Zürich, 18. Dezember 2014 (ADN). Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof  (EGMR) in Straßburg hat eine Berufungsklage Russlands zurückgewiesen. Wie die „Neue Zürcher Zeitung“ (NZZ) am Donnerstag weiter berichtet, ist Moskau nunmehr zur Rückzahlung von 1, 9 Milliarden Euro Entschädigung an die 55.000 ehemaligen Aktionäre des 2007 aufgelösten Ölkonzerns Yukos verpflichtet. Damit endete in dieser Woche ein zehnjähriger Rechtsstreit. „In der über 50-jährigen Geschichte des Menschenrechtsgerichtshofs ist eine Geldstrafe von fast 2 Mrd. Euro beispiellos und beschädigt die Reputation des Kremls. Politisch aber kommen Präsident Wladimir Putin sowie die Justiz und die Finanzbehörden Russlands einigermassen glimpflich davon“, urteilt die Schweizer Tageszeitung.Ursprünglich hatten die Ex-Aktionäre eine Entschädigungssumme in der astronomischen Höhe von 80 Milliarden Euro gefordert.

Schon 2011 hatten es die Richter in einer ersten Entscheidung abgelehnt, hinter der Yukos-Enteignung politische Motive zu sehen. Die Eintreibung der Steuerschulden sei vielmehr ein legitimes Anliegen. Es existierten keine Indizien, dass der Staat den Fiskus aus politischen Gründen zur Eliminierung der Firma instrumentalisiert habe. ++ (wi/mgn/18.12.14 – 351)

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Straßburg/Berlin, 10. März 2014 (ADN). Zahlreiche der 47 Richter am Europäischen Gerichtshof (EGMR) sind für diese Arbeit nicht ausreichend qualifiziert. Das stellte einem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung “ (FAZ) in der Montag-Ausgabe zufolge Renate Jaeger fest. Die Juristin, die selbst einmal zum Kreis der Richter in dem in Straßburg ansässigen Gerichtshof gehörte, bildet zusammen mit sechs anderen Rechtsexperten eine Evaluierungskommission, die seit 2010 die Bewerbungen neuer Aspiranten für die Tätigkeit am EGMR prüft. Jeder Mitgliedsstaat im Europarat darf einen Richter stellen. Durchschnittlich fünf Mal pro Jahr wird ein Richter ausgewechselt. „Wir lehnen ständig Richter ab – manchmal sogar alle drei Kandidaten, die von den Regierungen vorgeschlagen werden,“ wird Jaeger von der Tageszeitung zitiert. Auf einigen Listen stünden Juristen, die zwischen 30 und 40 Jahre alt sind und kaum einschlägige Berufserfahrung haben.

Als Beispiel wird in dem Bericht Ganna Yudkivska aus der Ukraine geschildert. Sie wurde im April zur Richterin am EGMR ernannt. Zum Zeitpunkt ihrer Nominierung war sie 33 Jahre alt und hatte noch nicht einmal ihre Dissertation abgeschlossen. Der damalige EGMR-Präsident Jean-Paul Costa hatte auf die Wahl der Ukrainerin mit einem Brief an das zuständige Ministerkomitee des Europarates reagiert. Darin teilte er mit: „Das System wird scheitern, wenn die Richter nicht die notwendige Erfahrung und Autorität haben.“ Als Konsequenz wurde der Evaluierungsausschuss ins Leben gerufen. Dennoch hat sich nicht viel geändert. Manche Regierungen setzen sich sogar über ein klares Nein des Ausschusses hinweg, dessen Votum rechtlich nicht bindend ist. Jaeger nennt die Arbeit in dem Gremium deshalb „frustrierend“.

Über weitere mit fragwürdigen Praktiken verbundene Fälle wird berichtet. So aus Tschechien und Bulgarien. In dem Balkanland wollte der Justizminister seine Ehefrau zur EGMR-Richterin machen. Die Angelegenheit kam nur durch Zufall ans Tageslicht. 

Die FAZ schreibt weiter: „Die Länder im europäischen Westen erinnern aber in diesem Zusammenhang nicht weniger an Bananenrepubliken: So war auf dem Lebenslauf einer spanischen Kandidatin eine Beschäftigung angegeben, die sie in Wirklichkeit gar nicht ausübte. Auf der Liste Frankreichs soll ein Kandidat allein deshalb gestanden haben, damit ein Freund des damaligen Präsidenten Nicolas Sarkozy dessen Platz in der Nationalversammlung hätte übernehmen können; er fiel auch deshalb durch, weil er so gut wie kein Englisch – die zweite Amtssprache am EGMR – gesprochen haben soll. Und auch auf der deutschen Liste stand angeblich, so hört man, für die Neubesetzung im Jahr 2011 – neben Angelika Nußberger, die sich schließlich durchsetzte – ein Angestellter des Europarats, der sich mit der damaligen Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sehr gut verstanden habe und dessen mangelnde Qualifikation in Straßburg Gesprächsthema war.“   ++ (mr/mgn/10.02.14 – 069)

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Redaktion: Matthias Günkel