Archive für Beiträge mit Schlagwort: Ermittler

Rom/München, 23. Juni 2015 (ADN). Eine Mafia-Bande hat Rom unterwandert. Der Volksmund nennt sie Mafia Capitale der Neuzeit, denn sie hat Italiens Hauptstadt fest im Griff.  Dabei hat sie ihre korruptiven Netzwerke sogar über repräsentative und architektonische Kostbarkeiten geworfen. Ein Beispiel erläutert die „Süddeutsche Zeitung “ (SZ) am Dienstag. „Die Sala Giulio Cesare fiel ihr in die Hände. Als der prächtige Gemeinderatssaal, dieses Theater der römischen Politik auf dem Kapitolshügel, vor einigen Jahren teuer restauriert werden musste, gewann den Wettbewerb für den Umbau eine Firma aus dem Dunstkreis von Mafia Capitale“, so die SZ. Der Begriff Wettbewerb gebe dabei das Verfahren allerdings nur sehr ungenau wieder, denn die Ausschreibung sei wie so viele andere auch manipuliert gewesen. Die Vergabe war abgekartet, erfuhr die Öffentlichkeit. Die Indizien waren so erdrückend. Fünf wurden Personen verhaftet. Im Justizfall rund um die Restauration der Sala Giulio Cesare mit ihren antiken Mosaikboden im stolzen und schönen Palazzo Senatorio ging es um viel Schmiergeld. Ein größeres Symbol für die Unterwanderung sei in Rom kaum vorstellbar.

Die finstere Saga der Mafia Capitale, die vor etwa einem halben Jahr mit einer ersten Verhaftungswelle ans Licht der Öffentlichkeit getreten ist, wird fast täglich mit einem neuen Kapitel bereichert. Den Italienern dämmert es mit jeder neuen Erkenntnis der Ermittler und mit jeder medialen Enthüllung mehr, dass ihre Hauptstadt von einem gierigen und schamlosen Syndikat aus faschistischen Ex-Terroristen, linken Unternehmern, bürgerlichen sowie progressiven Stadträten und Beamten unterwandert ist.

„Die Stadt wirkt zerfressen und ausgesaugt. Zwischen 2008 und 2013, in den Jahren unter dem postfaschistischen Bürgermeister Gianni Alemanno, war Mafia Capitale so mächtig und ihr Korruptionsnetz so weit gezogen, dass mittlerweile gegen mehr als 100 Personen ermittelt wird, wegen Zugehörigkeit zu einer mafiösen Organisation, wegen Bestechung, Erpressung, Geldwäscherei. 80 Verdächtige wurden schon verhaftet.“ Ein stattlicher Teil sitze im Gefängnis, dem Rest sei Hausarrest gewährt worden. Dabei seien bekannte Namen der lokalen und nationalen Politik, ein früherer Fraktionschef und ein ehemaliger Präsident des städtischen Parlaments sowie ein Staatssekretär der italienischen Regierung. Das Kartell der mafiösen Firmen hatte ein breites Betätigungsfeld: Abfallentsorgung und Reinigung von Parks, Versorgung von Altenheimen und von Zentren für Minderjährige, Bewirtschaftung von Roma-Lagern und von Flüchtlingsunterkünften. Die Bande verwaltete Auffangzentren in mehreren Regionen Italiens. Das Lager Mineo auf Sizilien – das größte Europas – gehört dazu. In der ehemaligen Residenz der amerikanischen Armee sind mehr als 3.000 Menschen untergebracht.  Fast jeder Euro, den der Staat in diese Zentren von Asylsuchenden steckte, floss in das Netzwerk der römischen Mafia. ++ (kr/mgn/23.06.15 – 133)

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Berlin, 30. Januar 2014 (ADN). Rund 90.000 Hafttage müssen in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) pro Jahr entschädigt werden, weil angeklagte Bürger durch Fehlurteile der Justiz unschuldig im Gefängnis gesessen haben. Das teilte der CDU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach am Mittwochabend in der ARD-Fernsehdiskussion „Sind Justizirrtümer wirklich Ausnahmen ? – Jahre hinter Gittern“ mit. Er gestand ein, dass es sich angesichts der hohen Zahl unschuldig Verurteilter nicht um Einzelfälle, sondern um ein Systemversagen handelt. Als Lösungsvorschlag für die seit Jahrzehnten bestehende Misere nannte er eine neue Kodifizierung des Staatshaftungsrechts. Derzeit sei es versteckt und nur „verstreut in einzelnen Paragraphen“ zu finden. Wesentlich deutlicher formulierte die ehemalige Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin das besorgniserregende, im Justiz- und Polizeiapparat herrschende Dilemma. Angesichts der Tatsache, dass es pro unschuldig hinter Gittern verbrachtem Tag nur 25 Euro Entschädigung gebe, handele es sich um eine klare Verletzung der Menschenrechte. Hinzu kämen nämlich noch die kaum ermessbaren Nicht-Vermögensschäden wie gravierende Nachteile im Beruf, in der Familie und bei der Wohnungssuche, die an den Betroffenen meist lebenslänglich kleben bleiben.

Zum Vergleich zu den lächerlichen Entschädigungsbeträgen für unberechtigten Freiheitsentzug wurde das Reiserecht bemüht. Wenn jemandem durch den Tourismus-Veranstalter der Urlaub vermiest wird, erhält er im Durchschnitt eine Entschädigung von 75 Euro pro Tag.
Auf noch gigantischere Diskrepanzen wies der ehemalige Vorsitzende Richter am Landgericht Frankfurt am Main, Heinrich Gehrke, hin. Auch wenn ein unschuldig hinter Gitter Gekommener mit 100 Euro entschädigt werden würde, sei es längst nicht genug. In Amerika würde ein derart der Freiheit Beraubter mit Summen bis in den Millionen-Bereich bedacht.

Aufhänger der Debatte war das Schicksal von Harry Wörz aus Baden-Württemberg, der vier Jahre und sechs Monate unschuldig im Gefängnis saß. Er war durch ein Komplott der Pforzheimer Polizei, einseitige Ermittlungen und schlampiges Agieren der Staatsanwaltschaft in einem strafrechtlichen Verfahren rechtskräftig zu elf Jahren Haft verdonnert worden. Erst als die eigentlichen Drahtzieher des Tötungsdelikts übermütig wurden und gegen den Unglücklichen noch einen Schadenersatzanspuch in Höhe von 300.000 DM geltend machen wollten, flog erst im folgenden zivilrechtlichen Verfahren das von der Polizei- und Justizbürokratie errichtete Lügengebäude wie ein Kartenhaus zusammen. Jetzt ist Wörz zwar frei, aber ein physisch und psychisch gebrochener Mann, der seiner Arbeit, Gesundheit und Familie verlustig gegangen ist. Um ihn als Opfer kümmert sich in dem ageblichen Rechtsstaat Bundesrepublik keiner. Noch schlimmer findet Wörz, der selbst an der Diskussion teilnahm, dass nach den wirklichen Tätern des ihm ursprünglich angelasteten Verbrechens nicht mehr gesucht wird. Die Ermittlungen gegen die unter Verdacht stehenden Polizeibeamten wurden eingestellt. ++ (mr/mgn/30.01.14 – 030)

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