Köln, 21. September 2012 (ADN). Der ehemalige französische Präsident Charles de Gaulle hätte über die heutige Europäische Union (EU) folgendermaßen geurteilt: zu viel, zu viele, zu schnell. Das erklärte am heutigen Freitag der Dolmetscher des seinerzeitigen Staatsoberhaupts von Frankreich, Hermann Kusterer, im Deutschlandfunk anlässlich der Treffen zwischen de Gaulle und Adenauer im September vor 50 Jahren. Nach den Worten von Kusterer gebe es keinerlei Vertiefung der europäischen Vereinigung, sondern nur ein zusammengewürfeltes Sammelsurium.
Der 84jährige Sprachexperte, der in seinem im Jahr 1995 erschienenen Buch „Der Kanzler und der General“ Details über das spezielle Verhältnis der beiden Spitzenpolitiker schildert, hatte im Mai dieses Jahres aus den Händen des frnzösischen Botschafters in Deutschland, Maurice Gourdeault-Montagne, die Insignien eines Offiziers der Ehrenlegion überreicht bekommen.
Ein anderer Intim-Kenner der Politik de Gaulles – der Schweizer Historiker und Publizist Jean-Rodolphe di Salis – berichtet über den französischen Präsidenten in seinem Buch „Kriege und Frieden in Europa“ über dessen Grundauffassungen. Staatsformen, Gesellschaftsstrukturen und Ideologien sind nach Auffassung von de Gaulle nur äußere Gewänder, die sich Staaten und Völker im Laufe der Geschichte überwerfen. Ihre Wurzeln und permanenten Interessen seien allerdings stärker als alle Umwälzungen und selbst die revolutionären Strömungen zwängen sie allmählich wieder in das Bett ihrer nationalen Geschichte. Das von de Gaulle vehement verteidigte „Europa der Vaterländer oder der Staaten“ sollte vom Atlantik bis zum Ural reichen.
In der konservativen Schweizer Publikation „Weltwoche“, deren Autor di Salis zeit seines Lebens war, berichtete er in der Ausgabe vom 28. April 1967 über seine Begegnungen mit dem 90jährigen Konrad Adenauer. Befragt nach seinem Vertrauen und der Weisheit amerikanischer Politik sagte der Altkanzler wörtlich: „Weisheit der Amerikaner ? Sie sind vollständig unfähig, etwas von Europa zu verstehen.“ ++ (pl/mgn/21.09.12 – 269)