Archive für Beiträge mit Schlagwort: Europarat

Zürich/London, 20. Juli 2014 (ADN). Die britischen Tories des Premierministers David Cameron planen, von der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) abzurücken. Wie die „Neue Zürcher Zeitung“ (NZZ) in ihrer Wochenendausgabe berichtet, „bereitet die Partei radikale Pläne für die nächste Legislaturperiode vor, welche die Geltung der Urteile des Menschenrechtsgerichtshofs in Großbritannien einschränken sollen.“  Erste Pflöcke wurden bereits eingeschlagen, indem der Generalstaatsanwalt Dominic Grieve und der Justizminister Kenneth Clarke vorige Woche entlassen wurden. Sie gehörten zu den einflussreichsten Fürsprechern der EMRK. 

Nach dem auf Informationen der BBC beruhenden NZZ-Bericht hat eine Gruppe konservativer Anwälte einen Rapport zu den Menschenrechten vorbereitet, der ein Kernstück der Rede Camerons auf dem Parteitag im Oktober und des Wahlprogramms für die Parlamentswahl im Mai 2015 bilden soll. Darin werde vorgeschlagen, die Anerkennung der Urteile des Straßburger Gerichts unter die Kontrolle des Parlaments zu stellen.  Großbritannien würde sich dann selbst aussuchen, welche Urteile es zu befolgen gedenkt und welche nicht.

Generalstaatsanwalt Grieve war gegen diese Absicht bislang vehement vorgegangen. Er soll seine Parteigenossen gewarnt haben, für einen solchen Fall den russischen Präsidenten zu ermuntern, dasselbe zu tun. Eine Abkehr vom Menschenrechtsgerichtshof käme einem Rückzug aus der Konvention und dem Europarat gleich. Das hätte dann auch Auswirkungen auf die EU-Mtgliedschaft. Die britischen Konservativen lassen durchblicken, eine ähnliche Ultimatum-Taktik zu praktitizieren, bei der ein demokratisches Veto über die Straßburger Urteile ermöglicht werden soll. Wenn das nicht klappt, sei sogar mit einem Austritt aus der Konvention zu rechnen. ++ (mr/mgn/20.07.14 – 200)

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Bern/Zürich, 18. Mai 2014 (ADN). Entweder die Schweiz hält die Europäische Menschenrechtskonvention ( EMRK) voll und ganz ein, dann kann sie auch im Europarat bleiben. Oder sie will sich in bestimmten Teilen nicht mehr an die Vorgaben aus Straßburg gebunden fühlen. Dann muss sie aus der Organisation austreten. Die EMRK zu kündigen und im Europarat zu bleiben, ist nicht denkbar. In dieser Klarheit formuliert der Direktor des Schweizerischen Zentrums für Menschenrechte, Prof. Walter Kälin, den Zwiespalt, der aus seiner am Wochenende in der „Neuen Zürcher Zeitung“ (NZZ) thematisierten Studie hervorgeht. Die wissenschaftliche Arbeit geht der Frage nach, wie sich der Europarat verhält, sollte die Schweiz in den ganz wenigen Fällen eines unlösbaren Konflikts zwischen einem Straßburger Urteil und einer landesrechtlichen Norm  Letzterer den Vorrang geben. Nach Auffassung von Kälin ist dann mit einer scharfen Reaktion des Europarats – Ministerkomitee, Gerichtshof für Menschenrechte und  Parlamentarische Versammlung – zu rechnen. Zu einem Ausschluss der Schweiz würde es zwar nicht kommen, jedoch würde mit anderen Maßnahmen verstärkter Druck auf die Eidgenossen ausgeübt werden.  

Letztlich gibt es nach den Worten nur die Alternative: entweder hält die Schweiz die EMRK voll und ganz ein, dann kann sie im Europarat bleiben. Tut sie das in gewissen Teilen nicht, dann müsse sie austreten. Nicht akzeptabel sei die vielfach vorgebrachte Idee, die Konvention zu kündigen und ihr Nachher mit einem Vorbehalt zugunsten des nationalen Rechts wieder beizutreten. Das würde gegen Treu und Glauben verstoßen. Außerdem würde ein solcher Vorbehalt vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte für ungültig erklärt. Der Europarat könne es sich nicht leisten, den Musterknaben Schweiz zu schonen. Auch der Tatbestand, dass andere Länder  beim Menschenrechtsstandard weit hinter der Schweiz zurückliegen – beispielsweise Italien, Großbritannien und die Niederlande –  und sich ohne ernstliche Konsequenzen irgendwie durchwursteln, könne keine Nachsicht gegenüber der Eidgenosschaft erwarten lassen. 

Die Schweiz, die am 28. November vor 40 Jahren die Konvention ratifiziert hat, setzt sich im Vorfeld des Jubiläums sehr kritisch mit dieser Mitgliedschaft auseinander. So geht es um das Problem, dass das Volk nie über den Beitritt abgestimmt hat und dies nun nachträglich in einem obligatorischen Referendum nachgeholt werden soll. Die Landesregierung will in einem vom Parlament geforderten Bericht zur EMRK die politisch umstrittenen Aspekte ausleuchten. Dabei wird auch mit einer juristischen Analyse der Situation gerechnet, in der die Konvention gekündigt wird und ein Wiedereintritt mit dem Vorbehalt zugunsten des nationalen Rechts angestrebt wird. ++ (vk/mgn/18.05.14 – 137)

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Berlin, 26. März 2014 (ADN). Die vor vier Tagen beschlossene Mission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit iln Europa (OSZE) soll neben Kiew an neun weiteren Orten in der Ukraine abklären, was Realität ist. Das erklärte der OSZE-Sondergesandte für die Ukraine Tim Guldimann, Botschafter der Schweiz in der Bundesrepublik Deutschland, am Mittwoch im Deutschlandfunk. „Präsenz zu markieren, dort zu beobachten, was passiert, und dann auch vor allem zu beobachten, inwiefern das, was man sieht, übereinstimmt mit internationalen Normen oder auch lokaler Gesetzgebung“, so beschreibt der Diplomat den Auftrag der Mission.  Er werde noch am selben Tag nach Moskau fliegen und dort hohe Personen des Außenministeriums treffen, um generell über den OSZE-Einsatz in der Ukraine zu diskutieren. Moskau habe wie jeder andere der 57 Teilnehmerstaaten der OSZE einen Einfluss in dem Sinne, dass alles im Konsens passieren müsse. Er halte es für wichtig, dass die OSZE-Abgesandten nicht nur die kritische Lage im Osten des Landes prüfen, sondern auch im Westen der Ukraine tätig sind.  Die Befürchtungen, in den östlichen Teilen des Landes könne ein Szenario wie auf der Krim stattfinden, seien unberechtigt. Davon habe er sich bereits vorige Woche selbst vor Ort überzeugt.  Tatsache sei aber auch, „dass die Bevölkerung im Osten gegenüber Russland eine sehr offene Haltung hat, eine gute Nachbarschaft pflegen will und es eine Minderheit gibt in dieser Bevölkerung, die einen Anschluss an Russland nicht verweigern würde, das heißt allenfalls unterstützen würde.“ 

Guldimann ergänzte, dass eine unparteiische Haltung der Mission unabdingbar ist. Nur so sei neutral auf eine Stabilisierung des Landes einzuwirken. Dabei müsse mit dem Begriff Neutralität vorsichtig umgegangen werden.  Grundlage seien die OSZE-Charta, das Völkerrecht und die vom Europarat verabschiedeten Grundsätze.  Als ein wichtiger Aspekt der in Kürze auf rund 500 Mitarbeiter wachsenden OSZE-Beobachterdelegation gilt nach den Worten des Sondergesandten die Verbesserung des Verhältnisses zwischen der Hauptstadt Kiew und den vor allem russischsprachigen Bewohnern der östlichen Ukraine. Der erforderliche gegenseitige Respekt messe der Frage einer Dezentralisierung eine hohe Position auf der Agenda zu.  ++ (vk/mgn/26.03.14 – 085)

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Straßburg/Berlin, 10. März 2014 (ADN). Zahlreiche der 47 Richter am Europäischen Gerichtshof (EGMR) sind für diese Arbeit nicht ausreichend qualifiziert. Das stellte einem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung “ (FAZ) in der Montag-Ausgabe zufolge Renate Jaeger fest. Die Juristin, die selbst einmal zum Kreis der Richter in dem in Straßburg ansässigen Gerichtshof gehörte, bildet zusammen mit sechs anderen Rechtsexperten eine Evaluierungskommission, die seit 2010 die Bewerbungen neuer Aspiranten für die Tätigkeit am EGMR prüft. Jeder Mitgliedsstaat im Europarat darf einen Richter stellen. Durchschnittlich fünf Mal pro Jahr wird ein Richter ausgewechselt. „Wir lehnen ständig Richter ab – manchmal sogar alle drei Kandidaten, die von den Regierungen vorgeschlagen werden,“ wird Jaeger von der Tageszeitung zitiert. Auf einigen Listen stünden Juristen, die zwischen 30 und 40 Jahre alt sind und kaum einschlägige Berufserfahrung haben.

Als Beispiel wird in dem Bericht Ganna Yudkivska aus der Ukraine geschildert. Sie wurde im April zur Richterin am EGMR ernannt. Zum Zeitpunkt ihrer Nominierung war sie 33 Jahre alt und hatte noch nicht einmal ihre Dissertation abgeschlossen. Der damalige EGMR-Präsident Jean-Paul Costa hatte auf die Wahl der Ukrainerin mit einem Brief an das zuständige Ministerkomitee des Europarates reagiert. Darin teilte er mit: „Das System wird scheitern, wenn die Richter nicht die notwendige Erfahrung und Autorität haben.“ Als Konsequenz wurde der Evaluierungsausschuss ins Leben gerufen. Dennoch hat sich nicht viel geändert. Manche Regierungen setzen sich sogar über ein klares Nein des Ausschusses hinweg, dessen Votum rechtlich nicht bindend ist. Jaeger nennt die Arbeit in dem Gremium deshalb „frustrierend“.

Über weitere mit fragwürdigen Praktiken verbundene Fälle wird berichtet. So aus Tschechien und Bulgarien. In dem Balkanland wollte der Justizminister seine Ehefrau zur EGMR-Richterin machen. Die Angelegenheit kam nur durch Zufall ans Tageslicht. 

Die FAZ schreibt weiter: „Die Länder im europäischen Westen erinnern aber in diesem Zusammenhang nicht weniger an Bananenrepubliken: So war auf dem Lebenslauf einer spanischen Kandidatin eine Beschäftigung angegeben, die sie in Wirklichkeit gar nicht ausübte. Auf der Liste Frankreichs soll ein Kandidat allein deshalb gestanden haben, damit ein Freund des damaligen Präsidenten Nicolas Sarkozy dessen Platz in der Nationalversammlung hätte übernehmen können; er fiel auch deshalb durch, weil er so gut wie kein Englisch – die zweite Amtssprache am EGMR – gesprochen haben soll. Und auch auf der deutschen Liste stand angeblich, so hört man, für die Neubesetzung im Jahr 2011 – neben Angelika Nußberger, die sich schließlich durchsetzte – ein Angestellter des Europarats, der sich mit der damaligen Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sehr gut verstanden habe und dessen mangelnde Qualifikation in Straßburg Gesprächsthema war.“   ++ (mr/mgn/10.02.14 – 069)

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Redaktion: Matthias Günkel

Genf/Köln, 15. September 2013 (ADN). Die Bundesrepublik Deutschland (BRD) hat als einziges Land in Europa noch niemals ein Referendum abgehalten. Das stellte Andreas Gross, Schweizer Nationalrat, Politikwissenschaftler ud Mitglied der Alpenrepublik im Europarat, am Sonntag im Rundfunk fest. Sofern Deutschland diesen Zustand in Richtung auf mehr echte Demokratie zu ändern beabsichtige, warnte er davor, die in den politischen Systemen der Schweiz und Kaliforniens unterlaufenen Fehler zu machen. Direkte Demokratie sei keine Schweizer Erfindung, sondern eine französische. Im Deutschlandfunk, der mit dem Gründer des 1989 entstandenen Instituts für Direkte Demokratie Zürich und des jetzigen Atelier pur la Democratie Direct in Saint-Ursanne (Kanton Jura) ein Interview zum Internationalen Tag der Demokratie führte, verwies Gross auf die tief sitzende Frustration in der deutschen Bevölkerung. Die Bürger besäßen eine Fähigkeit, Demokratie auszuüben und differenziert zu regieren. Dieses Vermögen werde aber von den Politikern nicht abgerufen. Heuzutage komme es darauf an, regionale und nationale Aspekte zu stärken. Interessanterweise hätten die deutschen Christ- und Sozialdemokraten das in den 70er Jahren vertreten, diese Position jedoch seit einiger Zeit wieder verlassen. „Nichtwählen ist eine Option, um etwas zu unternehmen“, antwortete der Nationalrat auf die Frage, ob das demokratisch ist. „Wir können mehr, als nur wählen zu gehen.“

Die deutsche Parteiendemokratie steht zu Recht als Vier-Jahres-Ermächtigung in der Kritik. Alle vier Jahre nur die Politiker mit seiner Stimme zu legitimieren, ist nach den Worten von Gross zu wenig.

Die Generalversammlung der Vereinten Nationen (UNO) hatte per Resolution Nr. A/62/7 im Jahr 2007 den 15. September zum Internationalen Tag der Demokratie erklärt. Thematischer Schwerpunkt in diesem Jahr ist die demokratische Bildung. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hatte unmittelbar zuvor erklärt, dass die Begehung dieses Tages inbsesondere in den Staaten wichtig sei, die einen gesellschaftlichen Umbruch hinter sich haben. Dort sei demokratische Bildung besonders vonnöten. Demokratie ist ein kultureller Grundwert. Regierungen, die Zivilgesellschaft und jeder Einzelne müssten zusammen arbeiten, um das Ideal der Demokratie mehr und mehr Realität werden zu lassen. ++ (dk/mgn/15.09.13 – 253)

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London/Straßburg, 25. Januar 2012 (ADN).  350 Urteile und Beschlüsse gegen Großbritannien hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in den vergangenen 45 Jahre erlassen. Wie der Deutschlandfunk am heutigen Mittwoch weiter berichtete, sorgte auf den britischen Inseln eine Entscheidung im Jahr 2010 für besondere Empörung. Die Straßburger Richter hatten einem Gefangenen in Großbritannien das Wahlrecht zuerkannt, dass dort per nationaler Gesetzgebung mit der Inhaftierung automatisch entzogen wird. Die britische Begründung lautet: Da ein Häftling ohnehin auch andere Rechte verliere, beispielsweise das Bewegungs- und Versammlungsrecht, sei dies auch für das Wahrecht zutreffend. Wer Gesetze breche, dürfe nicht an deren Entstehen mitwirken. Im Übrigen sei das Wahlrecht kein unveräußerliches Menschenrecht, erwiderte das britische Parlament mehrheitlich und wies das Straßburger Urteil zurück.

Premierminister David Cameron, der gerade den Vorsitz des Europarates übernommen hat, will nun in Konsequenz dessen den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte reformieren. Statt sich in traditionsreiche nationale Rechtssysteme einzumischen, solle Straßburg die Bürokratie abbauen und die 160.000 unerledigten Fälle abarbeiten, forderte der Tory-Abgeordnete und Kronanwalt Geoffrey Cox. Nötig sei ein anderes System. Es müsse das Recht zur individuellen Klage ersetzen durch ein anderes Prinzip, das die Menschenrechtsstandards erfüllt, aber den Gerichtshof nicht erdrückt. Straßburg solle sich auf die wichtigsten Fälle konzentrieren und sich nicht mit Vorgängen befassen, die bereits national entschieden sind.

Menschenrechtsanwalt Alex Bailin warnt und erinnert an das Einstimmigkeitsprinzip. Reformen könne Großbritannien zwar vorschlagen. Aber wenn man eine politische Agenda verfolge, um das Gericht zu schwächen, dann werde das nicht durchkommen. Dann bliebe den Briten alternativ der vollständige Rückzug aus dem Rat und die Kündigung der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Darüber wird bei den Konservativen bereits ernsthaft nachgedacht. Das wäre eine Wendung um 180 Grad. Immerherin hat Großbritannien noch während des Zweiten Weltkriegs die Errichtung des Europarates initiiert und mit ihm den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. ++ (mr/mgn/25.01.12 – 25)