Köln/Genf/Leipzig, 28. März 2015 (ADN). Der UNO-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderung hat an den vergangenen beiden Tagen in Genf nachgeprüft, wie die Behindertenkonvention der Vereinten Nationen in der Bundesrepublik Deutschland umgesetzt wird. Das Ergebnis ist enttäuschend, stellten am Sonnabend Teilnehmer einer Rundfunkdiskussion in einer ersten Auswertung fest. In Sachsen ist überhaupt nichts passiert, erklärte die Gründerin der Organisation mittendrin e.V., Eva-Maria Thoms. Dort sei es beispielweise sogar verboten, behinderte Kinder in weiterführende Schulen zu übernehmen. In Bayern werde jeder Winkelzug genutzt, um die internationalen und nationalen Regeln zu umgehen. Der bundesdeutsche Bildungsföderalismus erweise sich als großer Hemmschuh. Das bestätigte Prof. Ulrich Heimlich von der Ludwig-Maximilian-Universität München (LMU). Zwischen den einzelnen Bundesländern gebe es gewaltige Unterschiede. Auch innerhalb der jeweiligen Bundesländer seien zwischen den Kommunen enorme Differenzen zu verzeichnen. Als größte deutsche Baustelle zur Verwirklichung der vor rund sechs Jahren in Kraft getretenen Konvention ist der Wille zur Inklusion, lautet das Fazit.
Als mustergültig wurde während der Sendung der Umgang mit behinderten Kindern und Jugendlichen in Italien bewertet. Vorbildliche staatliche Inklusionsprogramme sorgten dort seit den 70er Jahren dafür, dass alle behinderten jungen Leute normale Schulen besuchen und nicht in separaten Förderschulen oder Sonderanstalten unterrichtet werden. Allerdings gebe es seit der Regierungszeit von Premier Mario Monti Bestrebungen zu finanziellen Kürzungen.
Dass sich die in Genf von dem UNO-Gremium erteilte Note „mangelhaft“ nicht nur auf den Bildungssektor bezieht, belegt ein Beispiel aus Leipzig. Dort bemüht sich die Chefin eines Behindertensportvereins Edith Tust um gleichberechtigte Bedingungen für ihre Behinderten-Sportgruppe. Allerdings werden der Gruppe die ihnen zustehenden finanziellen Fördermittel gekürzt, vorenthalten oder für andere Zwecke eingesetzt. Auch mehrfache Beschwerden bei Verantwortlichen, Behörden und Sportverbänden brachten keine Besserung.
Über den weiteren Verfahrensverlauf informierte Valentin Aichele, Leiter der Monitoring-Stelle zur UN-Behindertenkonvention beim Deutschen Institut für Menschrechte (DIMR), der an der UN-Ausschussitzung in Genf in dieser Woche teilgenommen hatte. Das Gremium berate jetzt über den absolvierten Dialog mit der deutschen Delegation, bevor es ein Abschlussdokument mit entsprechenden Empfehlungen der UNO erstellt. Es sei mit 30 derartigen Hinweisen und Handlungsanweisungen zu rechnen. Eine davon dürfte sein, dass die Regelschule inklusiv werden muss. ++ (vk/mgn/28.03.15 – 77)
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