Archive für Beiträge mit Schlagwort: Fiskalunion

Erfurt, 24. November 2012 (ADN). Der europäische Karren steckt im Dreck. Diese kurze prägnante Feststellung traf der Hamburger Professor Michael Kirn auf  einem Staatswissenschaftlichen Forum an der Universität Erfurt. Wie die „Thüringische Landeszeitung“ (TLZ) am Sonnabend weiter berichtete, attestierte der Emeritus aus der Hansestadt der Europäischen Union (EU) eine Vierfach-Krise. Die Hauptsäulen des Miseren-Quartetts bestehen nach seiner Interpretation aus zu hohen Staatsschulden, explodierenden Haushalten, in Schieflage geratenen Banken und der sich daraus ergebenden Legitimitätskrise bei der Bevölkerung. 

Kirn erklärte auf der zweitägigen Veranstaltung weiteren EU-Integrationsschritten eine deutliche Absage. Eine Fiskalunion sei eine „finanzpolizeiliche Notstandsregelung“. Für ihn läuft die Lösung der europäischen Krise auf eine Volksabstimmung hinaus. So sehe es auch das Grundgesetz vor. Bei einem solchen Votum müsse allerdings ganz klar sein, worüber überhaupt abgestimmt wird.

Prof. Jürgen Neyer von der Viadrina-Universität Frankfurt/Oder erinnerte an die Mahnung des polnischen Außenministers Sikorski bezüglich  des mangelnden Engagements Deutschlands. Es geriere sich als „überforderter Hegemon“, der die europäische Integration viel zu lange als Selbstzweck deutscher Politik  betrachtet hat. Vonnöten sei jedoch Demokratiepolitik. Dazu müssen sich die Deutschen von  dem tief verwurzelten Vertrauen in die Gestaltungsmacht bürokratischer Apparate verabschieden.++ (dk/mgn/24.11.12 – 334)

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Wien/Zürich, 23. November 2012 (ADN).   „Wir fordern heute von den obersten Staatsorganen unserer Republik, dem Bundespräsidenten und den Mitgliedern des National- und Bundesrates die sofortige Einleitung des Austritts aus der ‚Europäischen Union‘ mit all ihren Folgeverträgen zur Wiedererlangung der Selbstbestimmung des österreichischen Volkes im Sinne je des Artik. 1 Abs. 1 der beiden UN-Weltmenschenrechtspakte vom 16. Dezember 1966.“ So lautet die zweite von drei Forderungen des „Wiener Manifests“, das in der jüngsten Ausgabe des in Zürich herausgegeben Wochenperiodikums „Zeitfragen“ im Wortlaut abgedruckt ist. Als eine von weiteren Rechtsgrundlagen für diese massive Forderung wird in dem Dokument, das prominente Politiker, Juristen und Gelehrte am 26. Oktober 2012 – dem österreichischen Nationalfeiertag – im Namen der vielen Teilnehmer an der gesamtösterreichischen Demonstration unterzeichneten, Artikel 1 des österreichischen Bundes-Verfassungsgesetzes genannt. Darin heißt es: „Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus.“ Danach hätten alle Völker das Recht auf Selbstbestimmung und könnten frei über ihren politischen Status sowie über ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung entscheiden. Dies jedoch geschehe nicht. Die Staatsfunktionäre des Landes ließen die EU ungehindert ihren Weg fortsetzen – bis hin zu einer Schuldenunion und einen Europäischen Schuldenmechanismus (ESM) . Die „Europäische Fiskalunion“ sei ein die Staatlichkeiten der europäischen Völker verschlingendes Kollektiv.  

Es wird auf die immerwährende Neutralität Österreichs verwiesen, die mit dem Staatsvertrag von 1955 den Abzug der alliierten Sieger- und Besatzungsmächte des Zweiten Weltkriegs und damit die volle Freiheit in der Völkerrechtsfamilie ermöglicht hatte. Diese Freiheit sei inzwischen an die EU verloren gegangen und müsse 57 Jahre nach Abschluss dieses Vertrages wieder hergestellt werden. Als Bürger eines neutralen Staates schulde Österreich den Schicksalsgenossen in anderen europäischen Staaten ein deutliches Zeichen, das mit dem „Wiener Manifest“ nun gesetzt worden sei. „Wir Österreicher  werden auch ausserhalb der EU Europäer sein und bleiben – in friedvoller Solidarität mit allen Menschen auf der Erde !“, heißt es abschließend in dem „Wiener Manifest“.  ++ (vk/mgn/23.11.12 – 333)

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Berlin, 9. Februar 2012 (ADN). Der verfrühte Schritt in eine gemeinsame Währung war ein elementarer Fehler, der dem Integrationsprozess nicht nur ökonomisch, sondern ebenso sozial und politisch schweren Schaden zufügte und weiterhin zufügt. Das ist eine der Schlussfolgerungen, die Klaus Busch in einer gerade erschienenen Untersuchung der Friedrich-Ebert-Stiftung unter dem Titel „Scheitert der Euro ? – Strukturprobleme und Politikversagen bringen Europa an den Abgrund“ vom Februar 2012 zieht. Die Legitimationskrise der EU und der wachsende Einfluss nationalpopulistischer Strömungen in Europa seien ebenso auf diese negativen Erfahrungen zurückzuführen.

Ferner hat erst das Politikversagen der Euroregierungen mit ihrem Festhalten an der no bailout-Klausel (keine Schuldengarantie, keine Eurobonds), dem Schuldenschnitt in Griechenland im Juli 2011, den völlig unzureichenden Beschlüssen zur Hebelung der EFSF auf dem Oktobergipfel 2011 und weiteren zweifelhaften Maßnahmen zu immer weiteren Spareingriffen getrieben, heißt es in der am heutigen Donnerstag vom Nachrichtenportal EurActiv vorgelegten Studie.

Eine weitere bittere Wahrheit bestehe darin, dass es nach dem Einstieg in die gemeinsame Währung nur unter hohen ökonomischen und politischen Kosten möglich ist, das Projekt aufzugeben und zu den nationalen Währungen zurückzukehren. Für Griechenland, Portugal und Spanien gleiche die Wahl zwischen Euro und der Wiedereinführung von Drachme, Escudo und Peso der Wahl zwischen Scylla und Charybdis. Eine Aufgabe der Eurozone würde in Europa eine derart negative Dynamik auslösen, dass damit auch mit einem Rückfall hinter das Binnenmarktperojekt zu rechnen wäre und der Integrationsprozess als Ganzer in Frage stünde.

„Wir bleiben damit Gefangene eines falsch konzipierten Integrationsschritts“, so Busch abschließend. Die Überwindung der Euro-Krise verlange mehr Europa, aber nicht im Sinne der „Fiskalunion“ von Merkel und Sarkozy, sondern in der Amplitude zwischen europäischem Marshall-Plan und einer demokratischen Wirtschaftsregierung in der Eurozone. ++ (eu/mgn/09.02.12 – 40)

Leipzig, 2. Dezember 2011 (ADN). Teile der nationalen Souveränität müssen aufgegeben werden, um  die europäische Fiskalunion zu schaffen. Das erklärte Prof. Bert Rürup am Freitag  – dem „dies academicus“ der Universität Leipzig – in seinem Festvortrag unter dem Titel „Drei Jahre nach Lehman Brothers – Schuldenberge, Inflationsrisiken, Wachstumsschwäche – wie geht es weiter ? „.  Diese Frage zu beantworten, vermöge derzeit keiner, so der ehemalige Chef des Sachverständigenrates der Bundesregierung und Vorsitzende  des als Rürup-Kommision bekannten Gremiums. Er reduzierte die Komplexität dieses generellen Problems in Europa auf die Alternative, nur zwischen Pest und Cholera wählen zu können. Die Pest bedeute dabei den Zusammenbruch des Euro verbunden mit Aufständen und sozialen Verwerfungen ungeahnten Ausmaßen. Deshalb plädiere er eindeutig, sich für die Cholera zu entscheiden, weil die Mediziner bei Befall mit dieser Seuche wesentlich bessere Heilungschancen sehen. Ziel dieser Therapie sei eben die Fiskalunion und dieses System werde von Angela Merkel bis zur letzten Patrone verteidigt.

Derzeit befinden wir uns fast wieder auf dem Lehman-Brother-Niveau der Finanzkrise von 2008, so Rürup. Es bestehe lediglich der Unterschied, dass vor drei Jahren die Banken die Hauptschuldigen waren.  Jetzt sind es die Versäumnisse der Politiker und der Staaten, so Rürup. Allerdings schiebe die Öffentlichkeit gegenwärtig den Banken die Verantwortung zu. „Deshalb sind sie der Blitzableiter des Volkszorns“.

Nach den Worten von Rürup glaubte man mit den Cannes-Beschlüssen vom 26./27. Oktober 2011 den großen Wurf gemacht zu haben.  Das Gegenteil sei eingetreten.

Der „dies academicus“ bezieht sich auf den 2. Dezember des Jahres 1409, an dem protestierende Studenten und Professoren die Prager Universität verließen, zu Fuß nach Leipzig marschierten und dort die Universität gründeten.  (nö/mgn/2.12.11 – 26)