Archive für Beiträge mit Schlagwort: Georgios Papandreou

Berlin, 29. Juni 2012 (ADN) . Eine intelligente Schnecke muss beleidigt sein, wenn sie Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Thierse verstehen und ernst nehmen würde.  Er sagt angesichts der atuellen europapolitischen Lage auf die plötzlich aufgetauchte Frage, ob jetzt und sofort eine neue Verfassung nach Artikel 146 Grundgesetz gebraucht werde: „Für eine Änderung des deutschen Grundgesetzes braucht man ein paar Jahre Zeit“. Sie sei nicht so einfach aus dem Ärmel zu schütteln, weil dazu eine breite demokratische Diskussion erforderlich wäre. Er hat damit zwar Recht, jedoch gehört er zu den Blockierern, die seit mehr als zwei Jahrzehnten das Projekt „Verfassung“ verhindern.

Die Notwendigkeit eines solchen Prozesses besteht nämlich spätestens seit den Jahren 1989/1990, als die deutsche Wiedervereinigung weltweit im Rampenlicht gestanden hat und umzusetzen war.  Das Hauptfundament wäre eine vom Volk direkt verabschiedete und in Kraft gesetzte Verfassung gewesen. Es gab sogar bereits Gremien, die sich mit dem Entwurf einer neuen deutschen, vom Volk zu beschließenden Verfassung beschäftigten. Ihre Tätigkeit wurde sabotiert und eingeschläfert. Wer sich nicht morphisisieren ließ, dessen Aktivitäten wurden auf andere Art abgewürgt. Beteiligt war daran auch Wolfgang Thierse, der nun nach rund zwei Dutzend  Jahren und dem kurzen Erwachen der politischen Ratlosigkeit den Dornröschenschlaf einer neuen Verfassung fortsetzen will.

Anlass entsprechender Fragen des Deutschlandfunks an den Bundestags-Vizepräsidenten ist die Anfang dieser Woche geäußerte Idee des Bundesministers Wolfgang Schäuble, dass über die derzeitigen fiskalpolitischen Entscheidungszwänge in Europa wohl sogar eine Volksabstimmung in Frage kommen könnte. Der Zeitpunkt für einen solchen Entscheid ist sogar mit einem Blitzeinschlag vergleichbar. Zumindest kann er nach den Worten von Schäuble schneller eintreten als so mancher glaube.

Ähnlich äußerte sich vor rund einem halben Jahr der griechische Premierminister Georgios Papandreou und versetzte damit die EU-Machteliten in regelrechte Schockstarre, als er unerwartet eine Volksabstimmung der Griechen zu dem Brüsseler Finanzdiktat über Hellas vorschlug. Kurz danach verschwand er selbst von der politischen Bühne. Ein böses Vorzeichen für Wolfgang Schäuble und die bundesdeutsche Führungscrew mit Angela Merkel an der Spitze. Auch sie könnten ebenso schnell von der Bildfläche verschwinden wie ihr griechisches Pendant. Es muss nicht erst mit einer Niederlage im Bundestagswahlkampf im nächsten Jahr passieren. ++ (dk/mgn/29.06.12 – 187)

  Die Notwendigkeit einmes solchen

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Brüssel/Athen, 31. Januar 2012 (ADN). Die lauten Töne der Brüsseler EU-Kommandantur wurden von den leisen abgelöst. Der Plan, einen Sparkommissar für Griechenland zu ernennen, ist gelöscht. Dass die Hellenen darin eine Neuauflage mit der deutschen Besatzungszeit während des Zweiten Weltkriegs sahen, hat die Eurokraten ähnlich stark erschreckt wie die kurzzeitige „Drohung“ von Georgios Papandreou mit einer demokratischen Direktwahl.  Zumindest verbal wird jetzt abgerüstet. Inhaltlich geht das Plündern munter weiter – still und unaufgeregt. Nach den Beschlüssen des gerade beendeten EU-Gipfels dürfen die Banken ab Ende Februar von der Europäischen Zentrakbank verglichen mit dem vergangenen Dezember doppelt soviel Geld abrufen – nämlich eine Billion Euro.  So haben sie noch monströsere Möglichkeiten ganze nationale Volkswirtschaften auszusaugen.

Insofern dürften bald in Athen, ganz Griechenland und anderen europäischen Ländern die Nazi-Parallelen wieder ins Kraut schießen. Wer das Buch des Wirtschaftshistorikers Götz Aly „Hitlers Volksstaat“ aufmerksam gelesen hat, erkennt die Muster schnell. Soldaten der Deutschen Wehrmacht kauften einst mit sogenannten Reichskreditkassenscheinen die besetzten  Länder Europas regelrecht leer und brachten deren Wirtschaft in höchste Not. Dass dies heute wieder Schule macht, zeigen die erbärmlichen Folgen der derzeitigen Sparpolitik in Griechenland.  Die Profiteure sind fast ausschließlich die von den EU-Politikern heilig gesprochenen Banken. Götz Aly kam seinerzeit mit seiner gewagten These, dass Hitler mit dem Prinzip „Ich bin das Volk“ die politisch-mentalen Konturen des späteren Sozialstaates Bundesrepublik vorzeichnete, in arge Bedrängnis seitens der stromlinienförmigen Geschichtsschreibung. Er erkannte eine Kontinuität von nationalsozialistischer Politik zum bundesrepublikanischen Sozialstaat. Wenn sein Buch in die griechische Sprache übersetzt würde, fände Aly dort viele interessierte Leser. Die gerade abgeebbte europakrtitische Polemik bekäme neue Nahrung – denn die Hellenen sind helle. ++ (kr/mgn/31.01.12 – 31)