Leipzig, 7. Januar 2015 (ADN). „Dummlöffel, Judensau und Nazidummsau“ waren Titulierungen die der Leipziger Obergerichtsvollzieher Michael Kratz in seinem Büro einem Leipziger Bürger angedeihen ließ, der dort persönlich ein Schreiben gegen Empfangsbestätigung abgegeben hatte. Allein die Übergabe des noch ungeöffneten Schriftstücks hatte Kratz offenbar so in Rage versetzt, dass er sich dieser und anderer Fäkalverbalien bediente. Letztlich konnte sich der vorgeladene Kratz des Vorgangs im September vorigen Jahres nicht mehr so recht erinnern. Dass die beleidigenden Äußerungen dennoch in brüllendendem Ton dem Munde des Ausgerasteten mangels Sachargumenten entfahren waren, hatte der Betroffene und nun plötzlich selbst einer falschen Verdächtigung Angeklagte in einer Erklärung an Eides statt schriftlich versichert und am Mittwoch im Amtsgericht Leipzig ausführlich geschildert. Dennoch beharrte Richterin Heike Gunter-Gröne darauf, dass Gerichtsvollzieher Kratz „als integre Person im Bezirk bekannt“ sei. Insofern war in der Prozessführung auch in dem Fortsetzungsverfahren frühzeitig und deutlich der Trend zur Befangenheit erkennbar. Ein entsprechender Befangenheitsantrag hatte bereits im ersten Teil der Hauptverhandlung zu einer Unterbrechung und Vertagung geführt, wurde jedoch von der Einzelrichterin abgelehnt. Staatsanwalt Thomas Ranft, der mit umständlichen und verschnörkelten Formulierungen das Verhalten des Gerichtsvollziehers zu rechtfertigen suchte, beantragte nach einer äußerst lückenhaften und unvollendeten Beweisaufnahme die Bestrafung des vom Opfer zum Täter Gestempelten mit 90 Tagessätzen von jeweil 10 Euro. So geschah es denn auch.
Eine von mehreren Kernfragen wurde seltsamerweise weder erörtert noch beantwortet. Es geht darum, ob ein Gerichtsvollzieher eine Amtsperson mit Beamtenstatus und entsprechenden Vollmachten oder ein mit Gewinnerzielungsabsicht tätiger Geschäftsmann ist. Dass Letzteres zutrifft und sich die Frage eigentlich gar nicht stellt, blieb völlig im Dunkeln und unerwähnt. Gerichtsvollzieher sind nach aktueller Rechtslage keine Amtsträger und haben demzufolge auch nicht deren Befugnisse. ++ (ju/mgn/07.01.15 – 7)
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