Archive für Beiträge mit Schlagwort: Gestapo

Berlin, 2. Januar 2015 (ADN). Ein neuer Beitrag zu der festgefahrenen Debatte um den Reichstagsbrand vor rund 80 Jahren kommt aus den USA von dem New Yorker Historiker Benjamin Carter Hett. Wie die Zeitung „Der Tagesspiegel“ am Freitag weiter schreibt, liegt der Paradigmenwechsel weg von der Alleintäter-These seit Jahren in der Luft. Jedoch gebe es nun einmal kein „historisches Notariat“, bei dem geschichtliche Fakten oder naturwissenschaftliche Erkenntnisse beurkundet oder beglaubigt werden können.

Nun hat der Historiker Hett eine gravierende Diskussion in seiner Zunft ausgelöst. Sein Buch „Burning the Reichstag“ lobt Hitler-Biograph Ian Kershaw gegenüber der Berliner Tageszeitung als „peinlich genaue Untersuchung“ mit überzeugendem Ergebnis. Hett war es 2008 gelungen, im Privathaus des früheren Mitarbeiters des niedersächsischen Verfassungsschutzes, Fritz Tobias, einen der vielen dort lagernden geheimnisumwitterten Ordner ausfindig zu machen. Daraus geht hervor, dass Gestapo-Gründer Rudolf Diels seinerzeit vorgeschlagen hatte, den SA-Mann Heini Gewehr zu vernehmen und damit Licht in Sachen Reichstagsbrand zu bringen. Diese und weitere wirkliche Neuigkeiten lassen die These vom Allein-Täter Marinus van der Lubbe spürbar bröckeln. Dass es Mittäter gab, wurde nämlich über Jahrzehnte als Lügen-Märchen oder Fälschung verworfen. Gegenteiliges dazu fand die Tageszeitung auch im Berliner Bundesarchiv.  In den Unterlagen ist die Rede von einer möglichen Mitwirkung des Holländers von der Lubbe an einer „großen Sache gegen die Kommunisten“. Zeugen der späteren Enthauptung van der Lubbes bestätigten – entgegen dem Hinrichtungsprotokoll – Äußerungen des Holländers über weitere Täter. ++ (ju/mgn/02.01.15 – 2)

http://www.adn1946.wordpress.com, e-mail: adn1946@gmail.com, Redaktion: Matthias Günkel (mgn), adn-nachrichtenagentur, SMAD-Lizenz-Nr. 101 v. 10.10.46

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Köln, 23. August 2014 (ADN). Gibt es wirklich eine Grabsteinrüttelverordnung ? Die kaum fassbare Frage wird gleich zu Beginn einer Deutschlandfunk-Sendung am Sonnabend gestellt. Und die noch weniger wahrscheinliche und an Komik kaum noch zu überbietende Antwort folgt prompt: Ja. Es handelt sich bei dem Wortkonglomerat nur um einen klitzekleinen Mosaikstein bundesdeutscher Regulierungswut und des sich austobenden Bürokratieterrors. Dabei ist es bereits ein gewissermaßen popularisiertes Wortungetüm, das besser ausgesprochen werden kann und zungenverträglicher ist.  Eigentlich bildet es den Dachbegriff für zwei rechtlich verbindliche Verordnungen: Das sind die Richtlinien des Bundesinnungsverbandes der Steinmetze und die Technische Anleitung Grabmal. Beide Paragraphenmonster dienen dem Zweck, Verantwortung von oben nach unten abzuwälzen, das heißt von Behörden, Unternehmen und Institutionen auf den einfachen Bürger. Nicht einmal auf dem Gottesacker befindet er sich in himmlischer oder zumindest überirdischer Hand, sondern auch dort im Klammergriff der Bürokraten. Berufsgenossenschaften sind häufig die treibenden Kräfte, weil das Wegdelegieren des Haftungsrisikos zu ihrem Hauptbetätigungsfeld gehört.

Der Inhalt der detailreichen juristischen Machwerke unter dem Oberbegriff Grabsteinrüttelverordnung lässt sich auf wenige Sätze zusammenstutzen: Die Friedhofsträger, also die Friedhofsverwaltungen, müssen einmal jährlich die Standfestigkeit jedes Grabsteins prüfen, indem sie einen kräftigen Rütteltest vornehmen. Inzwischen reicht es nicht einmal, dies gefühlvoll mit der Hand zu tun, sondern es werden dazu ausgefeilte technische Gerätschaften eingesetzt und ausgeklügelte Methoden angewandt. Ist dieser Testlauf an einer Grabstätte negativ verlaufen und der Stein hat irgendwie nachgegeben, werden darüber unverzüglich die Angehörigen des Verstorbenen schriftlich informiert. Damit geht automatisch die Haftung für eventuell umkippende Grabsteine und deren Folgeerscheinungen auf die Familie über. Steinmetze, die das Grabmal liefern, stehen dafür nur in den ersten fünf Jahren in der Pflicht. Angesichts des sich auf diesem Sektor entwickelnden Expertentums dürfte der Zeitpunkt nicht mehr fern sein, an dem die Wirtschaftsverbände  ein neues Berufsbild samt Aus- und Fortbildungsprogramm präsentieren – nämlich das des „Grabsteinrüttlers“.

Diese und weitere Idiotien summieren und multiplizieren sich ins kaum Messbare auf viele andere Bereiche. Besonders beliebt sind ausufernde Schikanen bei Bauvorschriften. In Nordrhein-Westfalen ist darauf  eine Teuerungsrate von 30 Prozent im Hausbau in den vergangenen zehn Jahren zurückzuführen. Die Schuldigen für den Schwachsinn sucht man meist in Brüssel, obwohl dort nur das verordnet wird, was aus den einzelnen Mitgliedsländern angeregt oder gar angefordert wird. Der krankhafte Absicherungswahn, von dem Juristen, Verwaltungen und andere Bürokratien prächtig profitieren, erreicht immer mehr Lebensbereiche. Ein Kölner Psychologe sieht besondere Gipfelpunkte und Superlative in der Tätigkeit von Gestapo, NSA und anderen Geheimdiensten, die überall Feinde suchen und finden wollen. Täten sie das nicht, wären die Spionageapparate überflüssig.  ++ (bk/mgn/23.08.14 – 234)

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Berlin, 9. März 2014 (ADN). Unsere Gefahren liegen am Mittelmeer. Das wird in Berlin und Paris gar nicht bedacht. Das sagte der renommierte Journalist und „Welterklärer“ Peter Scholl-Latour am Sonntag im Fernsehsender „Phoenix“. In dem ausführlichen Interview, das anlässlich des 90. Geburtstages des bekannten Publizisten und Rechercheurs ausgestrahlt wurde, rückte Scholl-Latour einige weitere, in der Öffentlichkeit gepflegte weltpolitische Zerrbilder richtig. „In Syrien und Irak herrscht de facto Al Khaida. Deren Aufstieg haben die USA unterstützt. Iran hat uns doch gar nichts getan“. Es sei Blödsinn zu behaupten, Iran wolle eine Atombombe auf Israel werfen. Die eigentlichen Hintergründe würden vertuscht. Diese Urteile fälle er aufgrund seiner Sachkenntnis und eigener journalistischer Erfahrungen.

Mit den USA ging der Deutsch-Franzose hart ins Gericht.Seit dem grandiosen Sieg 1945 über Hitler haben die Vereinigten Staaten von Amerika keinen Krieg mehr gewonnen. „Es geht alles schief“. Die inzwischen in zahlreiche militärische Auseinandersetzungen ebenfalls involvierte Bundeswehr komme mit den gegenwärtig geführten assymetrischen Kriegen auch nicht zu Rande.

Scholl-Latour, der sich trotz seines erreichten hohen Alters gesundheitlich gut fühlt, plant bereits seine nächste Reisen nach Afrika und in den Nahen Osten. „Ich will nur informieren, um gegen die zahllosen Desinformationen anzugehen“. Sachkenntnis sei besser als „Gutmenschentum“. Seitdem er als junger Mann von der Gestapo verhaftet und vom nationalsozialistischen Sicherheitsdienst (SD) bereits an die Erschießungsmauer gestellt worden war, fechte ihn nichts mehr an. Bereits ein Jahr danach habe er in der Uniform als französischer Fallschirmjäger an den Kämpfen in Indochina teilgenommen.  ++ (mi/mgn/09.03.14 – 068)

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Redaktion: Matthias Günkel

Berlin, 2. Dezember 2013 (ADN). „Wir dürfen alles sehen, aber bevor wir zur Veröffentlichung kommen, gibt es eine rote Linie und dann wird das Manuskript – das ist auch vereinbart – beraten. Wir bestehen aber darauf, dass wir alle Klarnamen nennen werden, wenn es für die Erklärung eines Sachverhalts notwendig ist.“ So charakterisierte der Sprecher der unabhängigen Historikerkommission, Klaus-Dietmar Henke von der Technischen Universität (TU) Dresden, am Montag im Deutschlandradio die durchaus diffizile und zwiespältige Analysearbeit des Gremiums mit dem Bundesnachrichtendienst (BND) über dessen Geschichte. Grenzen erfahre der Umgang mit Informationen dort, wo Bestimmungen des Archivgesetzes, des Persönlichkeitsrechts und des Geheimschutzes diesen beschränken. In den letzten Jahren sei immer mehr bekannt geworden, dass der BND mit NS-Verbrechern zusammengearbeitet hat. Allerdings sei dabei zu unterscheiden, ob es Vertrauensleute wie Klaus Barbie oder Hauptamtliche gewesen sind. Dass ein Dienst mit Schwerbelasteten zusammenarbeitet sei völlig normal, auch wenn einem das nicht gefalle. „Wir haben jetzt festgestellt, dass doch einige Hundert belastete Leute aus der NS-Zeit beim SD, SS oder Gestapo durch eine unverantwortlich leichtsinnige Personalpolitik von Reinhard Gehlen einströmen konnten,“ so Henke. Dies sei nach einem Schneeballsystem vor sich gegangen, bei dem sich die ehemaligen Nazis gegenseitig protegierten. Gehlen selbst habe noch 1949 gar nicht gewusst, wer in der von ihm seit dem Jahr 1946 geleiteten und nach ihm benannten Organisation arbeitet. Zudem habe es etwa 200 Personenakten gegeben, die Gehlen persönlich verwaltete und die niemand sonst sehen konnte. Das habe den Verdacht geschürt, dass die 1956 in Bundesnachrichtendienst (BND) umbenannte Organisation Gehlen (OG) von der Bundesregierung missbraucht wurde. Einen Nachweis dafür gab es nie, so Henke. Dennoch sei ersichtlich, dass die an sich offiziell untersagte innenpolitische Präsenz des Auslandsnachrichtendienstes BND ungleich viel massiver gewesen ist, als die Zeitgenossen ahnten. „Wir haben einige Hundert V-Leute und sogenannte Sonderverbindungen, die praktisch in allen wichtigen Bereichen von Politik und Gesellschaft sitzen und von dort auch berichten“, sagte der Historiker. Diesen Kurs habe Gehlen nicht eigenmächtig verfolgt, sondern durchaus im Interesse oder sogar im Auftrag von Bundeskanzler Konrad Adenauer. „Wir haben einige Aktenvermerke, aus denen ganz klar hervorgeht, wie Adenauer Gehlen sagt, machen Sie das und jenes.“ Vom Kanzler seien also regelrecht Anweisungen gekommen.

Der 1902 in Erfurt geborene Gehlen war Generalmajor der Wehrmacht und Leiter der Abteilung Fremde Heere Ost des deutschen Generalstabs. Er gehörte der Nationalsozialistischen Arbeiterpartei (NSDAP) an und war Sturmbannführer der Schutzstaffel (SS). Nach Kriegsende kooperierte Gehlen mit dem US-Militär und übergab der amerkanischen Besatzungsmacht umfangreiches, von ihm während des Zweiten Weltkrieg gesammeltes Informationsmaterial über die Sowjetunion und deren Streitkräfte. Ab Juli 1949 übernahm der US-amerikanische Geheimdienst CIA die Organisation Gehlen, die fortan sowohl für die CIA als auch für die Bundesrepublik Deutschland (BRD) arbeitete. In einer im vergangenen Jahr vom TV-Sender 3sat ausgestrahlten Dokumentation kommt der kanadische Historiker zu dem Schluss, dass in der Organisation Gehlen mindestens 100 ehemalige SS-Mitglieder tätig waren. ++ (sp/mgn/02.12.13 – 330)

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Berlin, 2. Oktober 2013 (ADN). Ehemalige Nationalsozialisten übten einen atmosphärisch prägenden Einfluss auf den bundesdeutschen Verfassungsschutz aus. Diese Einschätzung wurde bei einer Pressekonferenz am Dienstag in Berlin gegeben, auf der der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Hans-Georg Maaßen, eine Zwischenbilanz zu einem Forschungsbericht über die Nazi-Durchsetzung seiner Behörde in den Jahren 1950 bis 1975 präsentierte. Den Auftrag dazu haben die Historiker der Ruhr-Universität Bochum, Constantin Goschler und Michael Wala, erhalten. Eine ihrer bisherigen Erkenntnisse besteht darin, dass etwa 13 Prozent des BfV-Personals Mitglied der Nationalsozialistischen Arbeiterpartei (NSDAP) oder anderer NS-Organisationen gewesen sind. Der relativ geringe Anteil ergibt sich daraus, dass nur zu 205 Personen auch entsprechende Dokumente gefunden wurden. Es handelte sich dabei vor allem um Impflisten und Protokolle zu Personalratswahlen. Schon deshalb sind nach Auffassung die Zahlen mit äußerster Vorsicht zu genießen. Dennoch wollen sie in der Folgezeit – über das bloße Zählen von Parteigängern hinaus – zu qualitativen Rückschlüssen kommen.

Dass es in der Anfangsphase des BfV vergleichsweise wenig belastete Mitarbeiter gab, führen die Historiker auf die Kontrolle der Alliierten bei der Personalgewinnung zurück. Beabsicht war, keine neue Geheime Staatspolizei (Gestapo) entstehen zu lassen. Auch Ex-Angehörige von Sicherheitsdienst (SD) und Schutzstaffel (SS) sollten nicht toleriert werden. Dennoch gab es BfV-Mitarbeiter, die zu solchen Gliederungen gehört hatten. ++ (ge/mgn/02.10.13 – 269)

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