Archive für Beiträge mit Schlagwort: Götz Aly

Berlin, 13. Januar 2015 (ADN). Ohne Frage gehörten zu den Zehntausend Dresdenern, die Helmut Kohl am 19. Dezember 1989 zujubelten und riefen „Wir sind ein Volk“, auch viele heutige Pegidaleute. Das stellt der Historiker Götz Aly in einer Kolumne der Dienstagausgabe der „Berliner Zeitung“ fest. Pegidisten seien sehr wohl auch jene Massen gewesen, die sich seinerzeit am Ende den lange Zeit marginalen Protesten der Bürgerrechtler anschlossen, so die DDR-Führung lähmten und schließlich zu Fall brachten. 

Wer Näheres über diesen Typ Umstürzler und seinen Sozialcharakter wissen möchte, dem empfiehlt Aly die Lektüre des Buches „Jahrestage“ von Uwe Johnson und dessen literarische Figur Alfred Fretwurst. Dessen unzählige Mit- und Wiedergänger seien stets auf ihren Vorteil bedacht. Sie hätten an allen vier 9.-November-Aktionen der deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert teilgenommen. „Am 9. November 1989 gaben sie der kaiserlichen Herrschaft den letzten Stoß, klatschten am 9. November 1923 dem Putschversuch Hitlers Beifall, damit wieder Ordnung herrsche, und am 9. November 1938, während des Judenprogroms, plünderten sie zertrümmerte Geschäfte.Wenn auch in letzter Stunde, halfen die Fretwursts am 9. November 1989 dabei, die Mauer zu schleifen,“ schreibt der Historiker. Heute nach 25 Jahren riefen sie in Dresden „Wir sind das Volk“. Als Geschichtspessimist gehe er davon aus, dass gute und böse politische Massenaktionen nicht von verschiedenartigen, sondern überwiegend von einander ähnlichen Menschen ins Werk gesetzt werden. 

Als naheliegende historische Assoziation der modernen Pedigisten bieten sich die Sansculotten der Französischen Revolution vor 225 Jahren an. Die revoltierenden Frühproletarier mit der Jakobinermütze auf dem Kopf und den kurzen Hosen waren Kleinbürger und Arbeiter. Sie verkörperten die eigentliche Volksherrschaft. Die „Sansculottes“ forderten in den Aufständen von Germinal und Priairial Brot und die Verfassung des Jahres 1793. Das taten die Legidisten – der Leipziger Ableger der Dresdener Pegida – am Montag bei ihrer Premiere ebenfalls. Sie verlangten nach direkter Demokratie und einer gesamtdeutschen Verfassung.  ++ (de/mgn/13.01.15 – 13)

http://www.adn1946.wordpress.com, e-mail: adn1946@gmail.com, Redaktion: Matthias Günkel (mgn), adn-nachrichtenagentur, SMAD-Lizenz-Nr. 101 v. 10.10.46

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Brüssel/Athen, 31. Januar 2012 (ADN). Die lauten Töne der Brüsseler EU-Kommandantur wurden von den leisen abgelöst. Der Plan, einen Sparkommissar für Griechenland zu ernennen, ist gelöscht. Dass die Hellenen darin eine Neuauflage mit der deutschen Besatzungszeit während des Zweiten Weltkriegs sahen, hat die Eurokraten ähnlich stark erschreckt wie die kurzzeitige „Drohung“ von Georgios Papandreou mit einer demokratischen Direktwahl.  Zumindest verbal wird jetzt abgerüstet. Inhaltlich geht das Plündern munter weiter – still und unaufgeregt. Nach den Beschlüssen des gerade beendeten EU-Gipfels dürfen die Banken ab Ende Februar von der Europäischen Zentrakbank verglichen mit dem vergangenen Dezember doppelt soviel Geld abrufen – nämlich eine Billion Euro.  So haben sie noch monströsere Möglichkeiten ganze nationale Volkswirtschaften auszusaugen.

Insofern dürften bald in Athen, ganz Griechenland und anderen europäischen Ländern die Nazi-Parallelen wieder ins Kraut schießen. Wer das Buch des Wirtschaftshistorikers Götz Aly „Hitlers Volksstaat“ aufmerksam gelesen hat, erkennt die Muster schnell. Soldaten der Deutschen Wehrmacht kauften einst mit sogenannten Reichskreditkassenscheinen die besetzten  Länder Europas regelrecht leer und brachten deren Wirtschaft in höchste Not. Dass dies heute wieder Schule macht, zeigen die erbärmlichen Folgen der derzeitigen Sparpolitik in Griechenland.  Die Profiteure sind fast ausschließlich die von den EU-Politikern heilig gesprochenen Banken. Götz Aly kam seinerzeit mit seiner gewagten These, dass Hitler mit dem Prinzip „Ich bin das Volk“ die politisch-mentalen Konturen des späteren Sozialstaates Bundesrepublik vorzeichnete, in arge Bedrängnis seitens der stromlinienförmigen Geschichtsschreibung. Er erkannte eine Kontinuität von nationalsozialistischer Politik zum bundesrepublikanischen Sozialstaat. Wenn sein Buch in die griechische Sprache übersetzt würde, fände Aly dort viele interessierte Leser. Die gerade abgeebbte europakrtitische Polemik bekäme neue Nahrung – denn die Hellenen sind helle. ++ (kr/mgn/31.01.12 – 31)