Tübingen/Rom/Erfurt, 11. Oktober 2012 (ADN). Das mit dem Konzil ist doch gar nicht so wichtig, erklärt der Tübinger Theologe Prof. Hans Küng der „Süddeutschen Zeitung“(SZ). In deren Donnerstag-Ausgabe ist ein Interview mit dem bekannten Widerpart des derzeitigen Papstes Benedikt XVI. veröffentlicht, in dem der Kirchen-Rebell Auskunft über sein ambivalentes Verhältnis zu Joseph Ratzinger gibt . Anlass ist das 50. Jubiläum des Zweiten Vatikanischen Konzils, das vor einem halben Jahrhundert die katholische Kirche auf einen grundlegend neuen Weg führen sollte. Protagonist war damals Papst Johannes XXIII., dessen enormes Reformvorhaben bei den Vertretern der anderen Weltreligionen nachhaltige Hoffung weckte. Sogar in den Kernländern der Lutherischen Reformation waren Heerscharen protestantischer Pfarrer von dem ungeheuren Vorhaben des Papstes regelrecht elektrisiert. In Thüringen beispielsweise gab es Gebiete mit sehr hohem katholischen Bevölkerungsteilen wie die Rhön und das Eichsfeld, in denen Ökumene ohnehin seit Jahren erfolgreich praktiziert wurde. Der Plan scheiterte schnell. Als der Reform-Papst ein Jahr später starb, ergriffen die Altvorderen wieder die Zügel des Weltkatholizismus und zogen sich in die alten konfessionellen Schützengräben zurück. Den Beweis dafür, dass die Ergebnisse des damaligen Konzils bis auf weiteres auf Eis liegen, lieferte Benedikt XVI. höchst persönlich bei seinem Besuch im Erfurter Augustiner-Kloster vor einem Jahr. Er zerstörte die erneut aufflackernde Hoffung der evangelischen Kirchen und Christen auf mehr Gemeinsamkeit mit geradezu rustikalen Sätzen der Zurückweisung von mehr Kooperation – Gastgeschenke inbegriffen.
Viel zukunftsweisender dürfte das „Projekt Weltethos“ sein, das Küng seit dem Jahr 1990 unter demselben Titel mit zielstebiger Vehemenz betreibt. Im Jahr 1993 wird in Chicago eine „Erklärung zum Weltethos“ vom Parlament der Weltreligionen formuliert. Später entsteht eine Stiftung, der wiederum im April dieses Jahr die Gründung des Weltethos-Instituts in Tübingen folgte. Auf allen Ebenen versammelt Küng einflussreiche Bündnispartner um sich. Einer von ihnen ist Altbundeskanzler Helmut Schmidt, der den allen gemeinsamen Wertekanon des Küng’schen Projekts würdigt. Die Stiftung hat inzwischen Ableger in anderen Ländern Europas – in Österreich, der Schweiz und Tschechien – und in Übersee – in Brasilien, Kolumbien und Mexiko. Küng, dem für Ende dieses Monats in China bemerkenwerte Auftritte im Sinne seines global angelegten Vorhabens bevorstehen, erklärt die Kirche in der „Süddeutschen Zeitung“ für krank und nennt dafür unwiderlegbare Indizien. In Peking wird der prinzipientreue Theologe das „Global Ethic Institut“ eröffnen und auf dem Beijing-Forum sprechen. Sein Credo wird auch dort lauten: Solange sich die Weltreligionen nicht auf ethische Grundsätze einigen, kann es keinen Weltfrieden geben. ++ (et/mgn/11.10.12 – 290