Leipzig, 11. September 2014 (ADN). Die Mitarbeiter des Leipziger Finanzamtes Henry Schutta und Rita Lindner durchsuchten am Donnerstag in Leipzig Wohnung und Redaktionsräume eines freien Journalisten. Angeblich habe er auf mehrere Schreiben der Behörde nicht reagiert. Die von den „Vollstreckern“ vorgelegte Durchsuchungsanordnung trug keine richterliche Unterschrift und war somit rechtsunwirksam. Schutta und Lindner ignorierten dabei vollständig, dass in der Angelegenheit ein juristisches Verfahren im Gang ist und noch keinerlei rechtskräftige Entscheidung vorliegt. Derzeit befindet sich der  strittige Fall beim Bundesfinanzhof (BFH), der bislang auf den Inhalt der Sache noch nicht eingegangen ist. Für die als Beweis dafür zur Verfügung gestellten BFH-Unterlagen nebst Aktenzeichen interessierten sich die Behördenvertreter nicht, wollten diese nicht einmal an- oder einsehen.   

Einige Tage zuvor hatten die beiden Finanzbeamten in derselben Angelegenheit eine andere Wohnung in dem Mehrfamilienhaus durchsucht. Es handelte sich um das Quartier des Vermieters, der in die Angelegenheit überhaupt nicht involviert ist. Da der Hauseigentümer nicht anwesend war, haben die Finanzangestellten im Zusammenwirken mit der Polizei und einem Schlüsseldienst diese Wohnung gewaltsam geöffnet. Diesen Vorgang in die Kategorie „Einbruch“ einzustufen, wollten die Verursacher dennoch nicht gelten lassen. Neben dem entstandenen hohen Sachschaden, dem großen Personal- und Bürokratieaufwand war das „Ergebnis“ der beiden rechtswidrigen Wohnungsdurchsuchungen mehr als mager. Das auf Sozialhilfeniveau lebende Opfer konnte den beiden Vollstreckern lediglich die spärliche Zusage abringen, dass sie ihm das Mittagessen und anderes täglich Brot nicht wegzunehmen gedenken.

Eine statistische Erfassung von Wohnungsdurchsuchungen gibt es in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) nicht. Nach Expertenschätzungen sind es pro Jahr mehr als 100.000. In einem taz-Interview beurteilte der ehemalige Bundesverfassungsrichter und jetzige BFH-Präsident Rudolf Mellinghoff die hohe Zahl verfassungswidriger Durchsuchungen als sehr bedenklich. In dem Zeitraum 2005 bis 2008 bezogen sich immerhin 20 Prozent aller erfolgreichen Verfassungsbeschwerden auf Wohnungsdurchsuchungen. Das waren, so Mellinghoff, 20 bis 30 Beanstandungen. Viele Durchsuchungen verstoßen nach seiner Aussage gegen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Dass diese Miss-Stände kaum öffentliche Beachtung finden, wundere ihn. Er halte das nicht für angemessen. „Die Wohnung ist geschützt als Ort der Privatheit und des Rückzugs. Die grundsätzliche Unverletzbarkeit der Wohnung ist für den Schutz der Privatsphäre von zentraler Bedeutung“, erklärte der Jurist. ++ (fi/mgn/11.09.14 – 254)

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