Leipzig/Paris, 14. Juli 2012 (ADN). Während am heutigen französischen Nationalfeiertag über Paris Flugzeuge die Trikolore auf den Himmel zu Ehren der Französischen Revolution zeichnen und die Franzosen den Tag des Sturms auf die Bastille am 14. Juli 1789 feiern, fordern Teilnehmer der Leipziger Herbstrevolution vom 9. Oktober 1989 massiv direkte Demokratie für ihre Stadt und Deutschland ein. So kritisierten tags zuvor einige der 70.000 Teilnehmer der damaligen historischen Demonstration bei einem Bürgerforum im Neuen Rathaus der Messestadt die bestehenden gravierenden Demokratie-Defizite. Robert Schleif stellte fest, die Entrechtung durch die gegenwärtig herrschende repräsentative Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) habe sich als noch viel effizienter als der in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) proklamierte demokratische Sozialismus erwiesen.
Ein konkretes Beispiel dafür lieferte ein anderer Leipziger anhand einfachster Arithmetik. Für das im fernen Berlin für Leipzig vom Deutschen Bundestag beschlossene und bei dem Forum diskutierte Freiheits- und Einheitsdenkmal habe die Stadtverwaltung eine Bürgerumfrage in Gang gesetzt, die keineswegs demokratisch, sondern ferngesteuert und konstruiert gewesen sei. Angesichts der mehr als 500.000 Einwohner zählenden Leipziger Bürgerschaft seien nur 3.000 Adressen ausgewählt und angeschrieben worden. Davon hätten lediglich 1.000 reagiert und auf die Frage geantwortet, ob sie für oder gegen das Denkmal sind. Letztlich war die Hälfte dagegen und die andere Hälfte dafür. Angesichts dieses fragwürdigen Vorgehens und des völlig unentschiedenen Ergebnisses seien Oberbürgermeister Burkhard Jung und seine dafür verantwortlichen Mitarbeiter zu dem seltsamen Schluss gekommen, dass das Votum eindeutig für das Denkmal spreche. Das ist keine Demokratie stellte der Bürger fest und meinte: Wir brauchen das Denkmal nicht“. Andere forderten einen Volksentscheid einerseits über das Bauvorhaben an sich und andererseits über die bereits per Jury ausgewählten drei ersten Plätze eines Entwurfswettbewerbs zu dem 6, 5 Millonen Euro teuren Projekt.
Auf die von den Leipziger Bürgern vorgetragenen Argumente ging der Oberbürgermeister kaum ein. Etwas genervt rief der aus den alten Bundesländern nach Leipzig zugereiste Kommunalpolitiker: „Über Kunst kann man nicht demokratisch abstimmen !“ Er behauptete, dass die eng gefassten Bedingungen des Ausschreibungsverfahren, das aufgrund der Bausumme auch auf das Ausland hätte ausgedehnt werden müssen, keine weiteren Gestaltungsspielräume gelassen habe. Einige Bewerber an dem Projekt hatten sich darüber beklagt, ohne ersichtliche Gründe von dem Entwurfswettbewerb einfach ausgeschlossen worden zu sein. Die Schilderungen ließen darauf schließen, dass über die Zulassung zum Wettbewerb teilweise regelrecht nach Gutsherrenart und Gutdünken von dafür Verantwortlichen entschieden wurde. Letztlich lagen 325 zugelassene Entwürfe vor, von denen 39 in engere Auswahl genommen wurden und ihre Projektidee weiterentwickeln durften.
Auf weitere vorgebrachte gewichtige Hintergründe einer fehlenden demokratischen Grundstruktur ging Jung gar nicht ein. So bemängelte der Leipziger Sven Cadow den seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht existenten Friedensvertrag Deutschlands mit den Siegermächten. Nake Flock teilte mit, dass es sich bei der sogenannten Friedlichen Revolution gar nicht um Revolution handelte, sondern um eine von Helmut Kohl, Michail Gorbatschow und anderen Politikern sorgsam vorbereitete Übergabe der DDR an die BRD. Die eigentliche Revolution habe am 17. Juni 153 in Ostdeutschland stattgefunden und sei blutig niedergeschlagen worden. ++ (dk/mgn/14.07.12 – 202)