Archive für Beiträge mit Schlagwort: Industrie

Zürich/Paris, 14. September 2013 (ADN). Frankreich will den Pioniergeist früherer Jahrzehnte wachrütteln. Das schreibt der Paris-Korrespondent der „Neuen Zücher Zeitung“ in der aktuellen Wochenendausgabe. Auf vier Feldern könne die französische Industrie nach Maßgabe der Regierung in den nächsten Jahren technologisch an vorderster Front mitmischen und dem Label „Made in France“ zu neuer Größe verhelfen: Umwelt- und Energietechnologien, Gesundheitswesen sowie Digitalisierung. Eine entsprechende Initiative aus dem Präsidialamt und dem Industrieministerium hat einen Spitzenplatz Frankreichs bei Innovationen ins Visier genommen.

Ein dazu präsentiertes Strategiepapier listet konkret 34 Wirtschaftssektoren auf, in denen die „Grande Nation“ Weltmeister werden will. Dazu zählen innovative Textilien, strombetriebene Flugzeuge und digitale Krankendienste. Innerhalb der nächsten sechs Monate sollen ausgewählte Firmen – darunter die Großkonzerne Airbus, Renault und Sanofi – Projektgruppen gründen. Auch stark spezialisierte Unternehmen wie Veolia und Robopolis sind einbezogen.

„Der Staat will den von oben verordneten Such- und Entwicklungsprozess mit einem Budget von 3,7 Milliarden Euro unterstützen. Um größtmögliche Marktnähe sicherzustellen, soll die Federführung bei den Projekten aber ganz in die Hände der Industrie gelegt werden“, schreibt Autor Manfred Rist. Die Rückbesinnung auf den früheren Pioniergeist, dem die Concorde, die Caravelle und der TGV entsprungen sind, erfolge vor dem Hintergrund eines industriellen Aderlasses von schätzungsweise 750.00 Arbeitsplätzen in den vergangenen zehn Jahren. Einbußen an Wettbewerbskraft im Zuge der Globalisierung seien offensichtlich geworden, heißt es in der Korrespondenz unter dem Titel „Champions für die nächste französische Revolution“. ++ (wi/mgn/14.09.13 – 252)

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Frankfurt am Main, 7. Mai 2013 (ADN). Gewerkschaften müssen sich neu erfinden – oder sie gehen unter. Das ist das Fazit eines ganzseitigen Artikels in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) vom Dienstag. Als Urheber der bemerkenswerten Aussage wird der Direktor des Instituts für Arbeitsbeziehungen und Arbeitsrecht an der Universität München, Volker Rieble, genannt. Er erläuterte als Beispiele aus der Vergangenheit die Gewerkschaft Leder und die Industriegewerkschaft (IG) Bergbau. Diese Interessenvertretungen von Arbeitnehmern seien nicht nur an den Krisen ihrer Branchen gescheitert, sondern auch an einer ausgeprägten Unfähigkeit, sich zu wandeln.

Um der Gefahr des Verschwindens von der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bildfläche zu begegnen, bietet nach den Worten des Diplominmgenieurs und Betriebsrats, Dirk Rehm, aus der Firma Lenze Automation in Hameln die IG Metall wirkungsvolle Rezepte. Sie habe ihn positiv überrascht, weil sie nicht dogmatisch und politisch verhandelt hat. Günstige Umstände erleichterten die Annäherung von Arbeitnehmern und Gewerkschaft und später mit dem Unternehmen. Eine Neustrukturierung hatte der Tageszeitung zufolge zu einer schwer nachvollziehbaren Vielfalt individueller Vertragsbedingungen im Betrieb geführt und damit zu einem hohen Bedarf an einheitlichen Grundregeln. Für die eigentlich nur 150 Beschäftigten des Maschinenbaubetriebes ist in einem mehrjährigen Prozess ein mustergültiger Tarifvertrag entstanden. Er wird von der IG Metall als Leuchtturmprojekt betrachtet. Die aus Ingenieuren bestehende Belegschaft hatte gleich zu Beginn der Gewerkschaft zu verstehen gegeben, dass sie nichts von roten Fahnen und Trillerpfeifen hält.

Die IG Metall, die über dieses Projekt eigens eine Farbbroschüre veröffentlicht hat, treibt deshalb erheblichen Aufwand, damit Hameln zur Sicherung der Zukunmft der Gewerkschaft kein Ausnahmefall bleibt. „Denn der Wandel der Arbeitswelt stellt die alten Massenorganisationen der Arbeiterbewegung vor existenzielle Fragen. An die Stelle von Massenproduktion treten Dienstleistungen oder kundenspezifische Fertigung – das ist eines der Erfolgsrezepte der Industrie. Damit differenzieren sich Arbeitsbedingungern und Arbeitnehmerinteressen aus, und umso weniger passt dazu die hergebrachte Art der Gewerkschaftsarbeit,“ schreibt die FAZ. ++ (so/mgn/07.5.13 – 121)

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München, 12. November 2012 (ADN).  Die seit Jahrzehnten propagierte und glorifizierte These von der postindustriellen Gesellschaft entpuppt sich als gigantischer Trugschluss. Das in die Köpfe pausenlos eingehämmerte Weltbild von der Dienstleistungsgesellschaft wird immer löchriger. Die Industrie im klassischen Sinne wurde verbannt in den Fernen Osten und andere Territorien, die Otto-Normalverbraucher kaum zu Gesicht bekommt. Nach dem Motto „Aus den Augen, aus dem Sinn“ wird die jetzt als Realwirtschaft bezeichnete und aus den Hirnen getilgte Industrie, deren Beschäftigte massenweise auf die Straße gesetzt worden waren, wieder entdeckt. So verschwand allein in Großbritannien in den vergangenen 20 Jahren fast die Hälfte aller Industriearbeitsplätze, schreibt Thomas Steinfeld in der Montagausgabe der „Süddeutschen Zeitung“.  Er schildert in einem Beitrag unter dem Titel „Die Heimholung des Knechts“, wie die Politik nunmehr die Re-Industrialisierung Europas programmiert. In den vergangenen Monaten und Wochen scheine sich an den Grundlagen für die Lehre von der „post-industriellen“ Gesellschaft etwas geändert zu haben. Der Knecht solle nun in den Haushalt des Herrn zurückkehren. Der Verlust großer Teile der herstellenden Industrie stelle sich europäischen wie deutschen Politikern jetzt als historischer Mangel, wenn nicht gar als Irrtum dar.

Der Autor beruft sich auf den für Industrie und Unternehmen zuständigen Kommissar der Europäischen Union (EU), Antonio Tajani. nach dessen Auffassung muss Europa dringend neu industrialisiert werden. Vermutlich denke der Eurokrat weniger an Griechenland und Portugal, die ohnehin nicht reindustrialiert werden könnten, sondern an Norditalien, Frankreich oder Deutschland.

„Die billige Arbeitskraft war einmal der offensichtliche Grund, warum große Teile der amerikanischen und westeuropäischen Industrie in den Fernen Osten auswanderten. Eine Firma aus einem der alten Industriestaaten, die im Fernen Osten zu einem Bruchteil der Lohnkosten produzieren ließ, die auf dem heimischen Markt anfielen, vermochte eine ganze Weile Gewinne produzieren, die in ihrem Umfang an die Renditen der Finanzwirtschaft heranreichten.“ Auch wenn einige Firmen diesen Trend noch eine Weile beizubehalten suchen, indem sie noch weiter östlich von China nach Kambodscha, Vietnam oder Bangladesch ziehen, sei ein Ende dieser Entwicklung abzusehen. Inzwischen wächst die Gefahr, dass sich die billig produzierenden Zulieferbetriebe gegenüber ihren Ausgangsfirmen in Europa verselbstständigen und  deren Herren-Dasein ein Ende setzen. Sogar das Erpressungspotenzial, dem die Lieferanten lange Zeit ausgesetzt waren, kann sich umdrehen.    

Der Pressebeitrag zieht die Schlussfolgerung, dass der für die Heimholung des Knechts zu zahlende Preis durchaus viel höher sein dürfte als alle Gewinne, die jemals mit seinem Auszug gemacht wurden.  ++ (wi/mgn/12.11.12 – 222)

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