Berlin, 13. August 2014 (ADN). Mehr als 10.000 Menschen nehmen sich in Deutschland jedes Jahr aus eigener Entscheidung das Leben. Das ist beinahe die dreifache Zahl der Todesopfer, die jährlich der Straßenverkehr fordert. Darüber berichtet Wolfgang Prosinger am Mittwoch in der Zeitung „Der Tagesspiegel“. Zwar gehe die Zahl der Selbsttötungen kontinuierlich zurück – wegen der Fortschritte bei der Depressionsbehandlung – vor 30 Jahren waren es noch mehr als 18.000. Dennoch spreche die Zahl 10.000 eine dramatische Sprache. Opfer von Gewalttaten, von Katastrophen, von Aidstoten stünden nicht im Vergleich  mit der Anzahl von Selbsttötungen. Das Thema sei von beängstigender Gegenwärtigkeit.  „Und das in einem Land, in dem kein Hunger herrscht und kein Krieg, in dem das Gesundheitssystem leidlich funktioniert. Aber niemand schreit auf, eine öffentliche Debatte findet nicht statt. Suizid ist das letzte Tabuthema der modernen Gesellschaft,“ so der Autor. Bedenke man, dass jede dieser Personen Verwandte, Bekannte, und Freunde hat, dann summiere sich die Zahl der jedes Jahr von Selbsstötungen Betroffenen auf mehrere Millionen. Dennoch werde nicht darüber geredet. Der eigentliche Grund dafür sei wohl, dass dem von Friedrich Nietzsche geprägten Wort Freitod ein Charakterzug des Unrechtmäßigen, des Sündhaften, gar des Verbrecherischen anhaftet. Selbstmörder werden häufig mit sozialen Randexistenzen, Gotteslästerern und Kriminellen in Verbindung gebracht.  Es gelte das Beispiel des Gottesverräters Judas Ischariot, der das schlimmste denkbare Verbrechen begangen hat und von eigener Hand am Strick endete.

Ein noch tristeres Bild bietet sich unter dem Aspekt der Selbstmordversuche. Ihre Zahl ist eine Dunkelziffer und liegt weitaus höher. Vorsichtigen Schätzungen zufolge liegt die Zahl der versuchten Selbstmorde in den westeuropäischen Industriestaaten mindestens zehnmal so hoch wie die der vollendeten. Das wären dann etwa 100.000 pro Jahr in Deutschland.

Zu noch erschreckenderen Ergebnissen kommt das amerikanische National Institute of Mental Health. Es schätzt, dass die Zahl der Versuche fünfzigmal höher liegt, als die der gelungenen. Das wären rund eine halbe Million Fälle.  ++ (so/mgn/13.08.14 – 224)

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