Archive für Beiträge mit Schlagwort: Informationsfreiheit

Berlin, 12. Februar 2015 (ADN)  2014 ist insbesondere bei islamfeindlichen und rechtsextremen Demonstrationen eine in Teilen der Gesellschaft schon länger vorhandene, pauschalierend feinselige Stimmung gegen die etablierten Nachrichtenmedien offen zutage getreten. Das wird in dem Deutschlandteil des von der Journalistenorganisation „Reporter ohne Grenzen“ (ROG) am Donnerstag veröffentlichten Jahresberichts 2015 mitgeteilt. In Dresden hätten Tausende Protestierende  der Pegida-Bewegung Parolen wie „Lügenpresse“ und „Volksverräter“ skandiert. Zudem seien im vergangenen Jahr weitere Fälle bekannt geworden, in denen Strafverfolgungsbehörden oder Geheimdienste Journalisten gezielt oder im Zuge einer umfassenden Überwachung ausgeforscht haben. Ein besonders gravierender Fall sei in Hamburg zu verzeichnen gewesen. Dazu berichtet RGO: „Im November bestätigte der Hamburger Senat nach Recherchen einer Gruppe aus dem Umfeld des alternativen Kulturzentrums Rote Flora den jahrelangen Einsatz einer verdeckten Ermittlerin der Kriminalpolizei in der linken Szene der Hansestadt. Die Frau hatte sich von 2000 bis 2006 in das Umfeld der Roten Flora eingeschlichen und dabei auch für den freien Radiosender „Freies Sender Kombinat“ (FSK) gearbeitet. Sie nahm an den Redaktionssitzungen teil und hatte detaillierten Einblick in die internen Abläufe und journalistischen Quellen des Senders. Zu vermuten ist, dass sie diese Informationen auch an das Landeskriminalamt weitergab und damit massiv das Redaktionsgeheimnis und den Informantenschutz verletzte.“

Zudem ist dem Jahresbericht zufolge bekannt geworden, dass die National Security Agenccy (NSA) der USA gezielt Menschen ausspioniert, die ihre Kommunikiation im Internet schützen – wie dies etwa investigative Journalisten tun, die an besonders heiklen Themen arbeiten. So habe die NSA einen Knotenpunkt des Anonymisierungsnetzwerkes Tor in Erlangen ausgeforscht. Damit dürfte dem Geheimdienst mit großer Sicherheit bekannt sein, von welchen IP-Adresssen aus über diesen Knoten auf das Netzwerk zugegriffen wurde.

Solche Beispiele illustrieren, dass Deutschland trotz des Platzes 12 auf der Rangliste der Pressefreiheit 2015 erhebliche Webfehler und Lücken aufweist. Sie behindern und bedrohen die Verwirklichung der Presse- und Informationsfreiheit. „Volle Pressefreiheit setze eine Presse- und Meinungsvielfalt voraus, die den Bürgern die nötigen kontroversen Meinungen und Informationen für ihre Wahlentscheidungen liefert“, heißt es in dem Rapport. ++ (me/mgn/12.02.15 – 41)

http://www.adn1946.wordpress.com, e-mail: adn1946@gmail.com, Redaktion: Matthias Günkel (mgn), adn-nachrichtenagentur, SMAD-Lizenz-Nr. 101 v. 10.10.46

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Berlin/Leipzig, 1./.2. Februar 2015 (ADN). „Wegen eines Stromausfalls in Teilen von Berlin kann Günther Jauch derzeit nicht live senden.“ Die überaschende Unterzeile taucht am späten Sonntagabend auf dem Bildschirm derjenigen Fernsehzuschauer auf, die die regelmäßig zu dieser Zeit gesendete Talk-Sendung des ehemaligen Sportreporters im ARD verfolgen wollten. Erst etwa 20 Minuten später beginnt die Originalübertragung – begleitet von erheblichen Mängeln. So können sonst übliche Filmausschnitte können nicht eingespielt werden. 

Dass die schwere vor breitestem Publikum offenbar gewordene Panne im Elektrizitätsnetz einer Tochtergesellschaft des Vattenfall-Konzerns nur im Berliner Stadteil Schöneberg aufgetreten ist, also genau am Platz der Übertragung der Jauch-Sendung, macht stutzig. „Handelsblatt“ gibt kurz nach Mitternacht dpa-Informationen über Äußerungen der Konzernpresseabteilung wieder: weil schnell klar geworden sein, dass die Jauch-Sendung betroffen sein würde, habe man sich bemüht, die Störung möglichst schnell zu beheben.

Nach Angaben der Polizei fiel in 1.280 Haushalten und 145 Firmen der Strom aus. Der Ausfall habe von 21.16 Uhr bis 22.06 gedauert. Über die Ursache gibt es bslang keine Klarheit. Jauchs Produktionsfirma teilte mit, dass es im Gasometer „selbstverständlich eine Notstromversorgung gibt, die sicherstellte, dass Notausgänge und Sicherheitszufahrten beleuchtet waren und somit die Sicherheit der Zuschauer sowie der Talkgäste und Mitarbeiter stets gewährleistet war.“ Es gab also größte Bemühungen, um den Imageschaden möglichst gering zu halten und das Sendeformat noch reibungslos – wenn auch mit halbstündiger Verspätung – über die Bühne zu bringen.

Ganz anders als bei diesem publizistischen Medienspektakel mit giangantischem Aufwand an Technik, Personal und Finanzen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist das Entgegenkommen der Energieversorger bei freien und unabhängigen Journalisten. Einem solchen Einzelkämpfer der Medienbranche in Leipzig wird  – ganz anders als im Falle Günther Jauch – der Strom zu Unrecht und vorsätzlich von den ortsansässigen Stadtwerken der Strom seiner Arbeitsräume abgedreht und gesperrt. Jedoch nicht nur für eine knappe Stunde, sondern inzwischen für zehn Tage. Der unerträgliche Zustand hält an. Der Betroffene kann sich dort nicht mehr aufhalten und nicht mehr journalistisch arbeiten. Das ist eine besonders perfide Art, die Presse- Meinungs- und Informationsfreihet einzuschränken, zu blockieren und zu verletzen. Der Dialog mit dem Energieversorgungsunternehmen auf allen denkbaren Ebenen blieb einseitig. Die Stromsperre bleibt. Nun entscheidet ein Gericht am nächsten Mittwoch über den weiteren Fortgang dieses öffentlich völlig unbekannten Skandals. Es ist einer von vielen in Deutschland, der inzwischen millionenfach auftritt. So bricht sich der Spaltpilz Bahn: zweierlei Maß, zweierlei Gesellschaft und zweierlei Journalismus.++ (me/mgn/02.02.15 – 32)

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Düsseldorf, 27. Januar 2014 (ADN). Drittmittel tragen in Nordrhein-Westfalen (NRW) rund eine Milliarde Euro zur Hochschulfinanzierung bei. Davon stammen rund 20 Prozent aus Unternehmen. Wie die Organisation „Mehr Demokratie in Nordrhein-Westfalen“ in einer Pressemitteilung weiter informiert, gab es im Jahr 2008 eine Klage, um die Offenlegung des Koopperationsvertrages zwischen der Universität Köln und dem Pharma-Konzern Bayer zu erzwingen. Ende 2012 wies das Verwaltungsgericht Köln die Klage mit der Begründung zurück, dass die Universität durch eine Ausnahmeregelung im Informationsfreiheitsgesetz des Landes nicht zur Herausgabe der Informationen verpflichtet ist. Diese Lücke zu schließen, fordert Alexander Trennheuser, Landesgeschäftsführer von „Mehr Demokratie“. Ein Gesetzentwurf der Landesregierung sehe lediglich die Formulierung „in geeigneter Weise“ vor.

Nach Auffassung von Trennheiser soll das geplante Transparenzgesetz jedoch die Publikation von Forschungsaufträgen im Internet vorschreiben. Auch Verträge der Daseinsvorsorge, Gutachten, Statistiken und Verwaltungsvorschriften müssen obligatorisch ins Netz, so Trennheuser. ++ (tr/mgn/27.01.14 – 027)

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Berlin, 12. Januar 2014 (ADN). „Wie frei ist die Presse ?“ heißt die gravierende Frage eines Zwei-Seiten-Beitrags der Berliner Tageszeitung „Der Tagesspiegel“ in ihrer Sonntag-Ausgabe. Die darin gemachten Aussagen und angeführten Zahlen belegen eindrucksvoll, dass es sich nicht um eine höchst zweifelhafte, steile These handelt, sondern um eine reale und äußerst bedenkliche Entwicklung insbesondere „im goldenen Westen“, in den westlichen Demokratien. Die Presse- und Informationsfreiheit erlebt Prozesse ihrer Einschränkung und Knebelung von raffiniertester Selbstzensur bis hin zu brutaler Unterdrückung. In dem Beitrag werden vier Trends als Ausdruck dieser besorgniserregenden Vorgänge genannt und erläutert. Pressefreiheit ist ohne Freiheit von Überwachung nicht denkbar – Der Abschied vom Amtsgeheimnis fällt Deutschland besonders schwer – Die Behördenauskunft darf nicht wieder zum Gnadenakt werden – Journalisten nutzen ihre Freiheit zu wenig. Zu letzterem ist zu lesen: „Der Alltag in den meisten deutschen Redaktionen ist von zeitlichem und ökonomischem Druck geprägt. Langwierige Recherchen und Anfragen, auf deren Antwort man tage- und wochenlang warten muss, sind da nur schwer möglich. Das nutzt vor allem den Presssprechern von Politikern, die schnell ein Statement in einem Medium unterbringen wollen, und PR-Leuten von Unternehmen, die eine Botschaft verkaufen möchten. ohne dass jemand allzu genau hinsieht. In Deutschland wird zudem ein Interview vor der Veröffentlichung dem Gesprächspartner zum Absegnen vorgelegt – manchmal werden dabei nicht allein einzelne Formulierungen, sondern Inhalte verändert. Journalisten aus Ländern, in denen es keine Pressefreiheit gibt, ist nicht verständlich zu machen, warum ihre deutschen Kollegen einen kleinen Teil ihrer kostbaren Freiheit an der Tür zum Ministerbüro abgeben.“ Viele andere Phänomene grassierender journalistischer Selbstzensur bleiben unerwähnt.

Erklärungen für solche inneren Deformationen, journalistischen Selbstverstümmelungen und das Verächtlichmachen der in einer Demokratie geforderten informationellen Selbstbestimmung wird unter der Zwischenüberschrift „Preis der Wahrheit“ mit einigen Zahlen illustriert. In Deutschland befänden sich mit der Zeitungskrise seit Anfang der 2000er Jahre die Pressehäuser dauerhaft in Schwierigkeiten. Zwischen 2000 und 2003 stieg der Anteil der Internetnutzer in Deutschland von 30 auf 60 Prozent, die Werbeeinnahmen sanken derweil um 25 Prozent oder 2,5 Milliarden Euro, die Auflagenverluste lagen mit 6 Prozent noch deutlich niedriger. Das ergebe sich aus einer Studie des Reuters Instituts. In Folge dessen reagierten viele Medienhäuser mit einem Abzug von Auslandskorrespondenten. „Berufsanfänger können von ihren Einstiegsgehältern kaum noch leben. All das hat spürbare Auswirkungen auf die Qualität der Berichterstattung,“ heißt es abschließend. ++ (me/mgn/12.01.14 – 012)

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Berlin, 18. Dezember 2013 (ADN). Im Jahr 2013 wurden 71 Journalisten sowie 39 Blogger und Bürgerjournalisten getötet. 87 Journalisten wurden entführt. Das sind doppelt so viele wie im Vorjahr. Es gab 826 Festnahmen von Pressevertretern. Diese Zahlen gehen aus dem am Mittwoch in Berlin veröffentlichten Jahresbericht 2013 der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ (ROG) hervor. Zu den am stärksten von den Verletzungen der Pressefreiheit betroffenen Ländern zählen ROG zufolge China, Eritrea, die Türkei und Syrien. Dort sitzen die meisten der 178 weltweit inhaftierten Medienvertreter im Gefängnis. ROG-Vorstandssprecherin Astrid Frohloff verweist desweiteren auf eine Zunahme von Angriffen und Drohungen gegen Journalisten. Namentlich weiterhin in der Jahresbilanz „Reporter ohne Grenzen – Für die Informationssfreiheit“ für 2013 genannte Schauplätze, in denen der unabhängige Journalismus besonders radikal bekämpft und verfolgt wird, sind ausschließlich Schwellen-Länder und als Entwicklungsländer bezeichnete Staaten der Erde. Über die Lage des Journalismus in den scheinbar zutiefst demokratisch geordneten Ländern und Regionen beispielsweise in Europa und Nordamerika ist in dem Bericht nichts zu finden.

Insofern ist eine Anmerkung zu der Zahlenerhebung besonders aufschlussreich. Sie lautet auf Seite vier des 13-Seiten-Reports: „Fälle, in denen Journalisten aus anderen Gründen, etwa wegen ihres politischen oder sozialen Engagements, verfolgt werden, sowie Fälle, die wegen fehlender Informationen noch nicht eindeutig geklärt werden konnten, fließen nicht in die Statistik ein.“ Dieser Hinweis deutet darauf hin, dass mit einer erheblichen Dunkelziffer zu rechnen ist, die durchaus nicht prononciert genannte Staaten betreffen kann. Es dürfte in Zukunft also darum gehen, auch diese bestehenden weißen Felder unter die Lupe zu nehmen und zu vermutende gravierende Lücken analytisch zu füllen. ++ (me/mgn/18.12.13 – 346)

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Quito/Zürich/Berlin, 15. Mai 2013 (ADN). Es geht darum in Würde zu leben, ohne nach immer mehr Reichtum zu streben. So umschreibt Ecuadors Präsident Rafael Correa in einem Interview von weltnetz.tv, das in der Schweizer Wochenzeitung „Zeit-Fragen“ abgdruckt ist, das in seinem Land praktizierte Konzept des „Guten Lebens“. Diese Strategie sei keine Erfindung seiner Regierung, sondern stamme von den Ureinwohnern Boliviens – der Volksgruppe Aymara – und den Angehörigen der Quichua in Ecuador. Dabei dominiere das Leben in Harmonie mit der Natur und mit den Mitmenschen. Aus dieser Position leite seine Regierung ihre Kritik am Konsummodell der westlichen Staaten ab.

Weil Lateinamerika in jüngster Vergangenheit schwer gelitten hat, ist Correa bei seinem kürzlichen Besuch in Berlin angesichts der gegenwärtigen schweren Euro-Krise um einige Ratschläge zur Krisenbewältigung gebeten worden. Die Ähnlichkeiten seien in der Tat beeindruckend, so der Präsident. Die Schuldenkrise rühre daher, dass das internationale Kapital Kredite geradezu aufzwinge und damit die ungeheuere Verschuldung auslöse. In Lateinamerika sei dieses überflüssige Geld der Finanzmärkte zudem an Diktaturen ohne jedwede soziale Kontrolle oder demokratische Legitimation gegangen. Dann sei der Internationale Währungsfonds (IWF) mit seinen sogenannten Hilfspaketen gekommen. Es ging dabei nicht um Krisenbewätigung, sondern um Rückzahlung der immensen Schulden. Deswegen habe sich die Problemlösung über zehn Jahre hinweggeschleppt. In Lateinamerika heiße diese Zeit das verlorene Jahrzehnt. „Ecuador etwa ist in die 90er Jahre mit demgleichen Pro-Kopf-Einkommen gestartet, wie es das Land schon 1976 verzeichnet hatte. Und all dies, weil die Interessen der Banken bedient und nicht die Interessen der Menschen beachtet wurden. Diesen Fehler sehen wir heute auch in Europa“, erklärte das Staatsoberhaupt. Deswegen gehe es darum, dass sich Europa um die politische Ökonomie Gedanken machen muss, nicht um technische Fragen. Die Herausforderung der Menschheit im 21. Jahrhundert bestehe darin, die Kontrolle über das Kapital zurückzuerlangen.

Correa sieht den zukunftsträchtigen Lösungsansatz in regionalen Bündnissen. „Was die Union südamerikanischer Staaten, die Unasur, seit ihrer Gründung 2008 vermocht hat, geht weit über die Entwicklung der Europäischen Union hinaus“, schätzt der ecuadorianische Spitzenpolitiker ein. Es werde eine neue regionale Finanzarchitektur diskutiert und aufgebaut. Dazu sei zu Beginn ein neues System der Kompensation im Handel entstanden.

Im Zusammenhang mit dem Wikileaks-Gründer Julian Assange, der unter dem Schirm der ecuadorianischen Botschaft in London dem Zugriff der britischen Polizei entzogen wurde, erklärte Correa: „Ein Verteidiger der Informations- und Pressefreiheit wählt ein Land als Zufluchtsort, das einigen Medien zufolge die freie Meinung einschränkt. Julian Assange wird weiter unter dem Schutz des ecuadorianischen Staates bleiben, den wir ihm in Ausübung unseres souveränen Rechtes gewährt haben. Die Lösung dieses Falls liegt in den Händen Europas.“ Bevor ihm Asyl gewährt wurde, habe man die einschlägigen völkerrechtlichen Bestimmungen eingehend studiert. Die lateinamerikanischen Staaten hätten alle denkbaren Abkommen unterzeichnet. „Aber die Länder, die am meisten über die Menschenrechte reden, haben nichts unterzeichnet. Das ist also ein hohler Diskurs, dem keine Taten folgen, weil die entsprechenden Bestimmungen dann ja bindend wären. Wir sehen hier eine enorme doppelte Moral,“ kritisiert der Präsident abschließend. ++ (mr/mgn/15.05.13 – 129)

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Köln/München/Berlin, 20. April 2013 (ADN). Wenn Leser, Hörer oder Zuschauer direkt Fragen in den Medien stellen dürfen, wird es häufig äußerst brisant. Manchmal sogar rabiat, wie kürzlich bei einer sogenannten Talk-Show der Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten Deutschlands (ARD) in einem ausgebauten Berliner Gasometer, an der auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit teilnimmt. Ein junger Mann aus dem Publikum steht plötzlich auf und schneidet lautstark ein anderes für die Berliner Regierungsriege unangenehmes Thema an. Er lässt sich nicht beruhigen, auch nicht durch die Kunst der Toningenieure. Rasch entwickelt sich sogar ein Handgemenge zwischen ihm und herbeigeeilten zivilen „Sicherheitsleuten“. die ihn schließlich überwältigen und aus dem Raum schleifen. Großmütig ordnet daraufhin Gastgeber und Moderator Günther Jauch an, von dem Diskutanten abzulassen und ihm wieder die Rückkehr in den Sendesaal zu ermöglichen. Dabei lässt er die Bemerkung fallen, man sei ja schließlich nicht in der Ukraine. Wowereit lässt sich sogar dazu herab, einige Worte zu dem eigentlichen Anliegen des von Jauch Begnadigten zu verlieren. Es geht um den umstrittenen Bau der Ernst-Busch-Schauspielschule. Das spätere mediale Echo zu dem Zwischenfall lobt den Moderator in den höchsten Tönen und spricht ihm geradezu Salomonische Urteilsfähigkeit zu.

Es war – zumindest im Fernsehen und Hörfunk – wohl ohnehin eine Ausnahme. Denn aus den Meinungsäußerungen sonstiger Sendungen geht immer häufiger hervor, dass penibel aussortiert und gesiebt wird. Dazu werden ausführliche, nicht gesendete Vorgespräche geführt, wenn Hörer oder Zuschauer anrufen. Die eigentlich in der Bevölkerung vorhandene facettenreiche Meinungsvielfalt wird häufig derart zusammengeschnitten und zurechtgestutzt, dass die redaktionelle Kontrolldichte und Einfalt nicht mehr zu übersehen ist.

Noch abenteuerlicher wird der Eingriff in die vom Grundgesetz geschützte Meinungs- und Informationsfreiheit, wenn die Justiz involviert ist. Aktuelles Beispiel ist die heiß diskutierte Verteilung der Presseplätze in dem viel zu kleinen Münchner Gerichtssaal, in dem über die Morde des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) verhandelt werden soll. „Das Ganze nimmt tatsächlich post-kafkaeske Züge an, die, so ist zu vermuten, der junge Kafka sicher gerne selbst miterlebt hätte.“ Das schreibt der in Berlin lebende freie Journalist Aktham Suliman in der „Süddeutschen Zeitung“. Und er schlussfolgert: “ Ja, es gibt – nicht nur als sprachliches Konstrukt – den sinnlosen Sinn; und ja, das System – jedes System – funktioniert an sich und für sich, und zwar vermehrt für sich.“ Es existiert offenbar nur zum Selbstzweck – ohne Sinn und Verstand. ++ (ju/mgn/20.04.13 – 105)

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Nürnberg/Berlin, 24. April 2012 (ADN). Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hält Berichte ihrer Innenrevision unter Verschluss. Darüber informierte der Bundesdatenschutzbeauftragte, Peter Schaar, in seinem am heutigen Dienstag in Berlin vorgelegten Tätigkeitsbericht. Dafür könne er keine Rechtsgrundlage erkennen. Eine ähnliche Verweigerunghaltung wie die BA habe die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) sowie die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) an den Tag gelegt.

Dem Schaar-Rapport zufolge hat die BA einem Antragsteller das Übersenden des jüngsten Berichts der Innenrevision verweigert, weil das andernfalls angeblich die internen Beratungen  von Behörden beeinträchtige. Dabei bezog sich die Bundesbehörde auf eine Regelung des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG), die einen solchen Zugang von außen während der sogenannten verwaltungsinternen Meinungsbildung nicht erlaubt. Bezweckt wird damit, die Unbefangenheit der innerbehördlichen Kommunikation zu schützen. Nach Feststellung des Bundesbeauftragten ist diese Vorschrift jedoch eine Ausnahmeregelung, die nicht permanent oder unendlich lange gilt, sondern zeitlich begrenzt ist. Insofern erlösche nach Abschluss der innerbehördlichen Beratungen die Schutzwürdigkeit der begehrten Informationen und sie seien grundsätzlich zugänglich zu machen.

Zusätzliche Lücken im Konstrukt der Arbeitsagentur markierte Schaar bei den für Arbeitslose zuständigen Jobcentern in den sogenannten Optionskommunen der Bundesländer, die keine separaten Informationsfreiheitsgesetze haben. Das betreffe Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen und Sachsen. „Bürgerinnen und Bürger haben in diesen Ländern demnach keinen Anspruch auf Informationszugang gegenüber den Jobcentern der Optionskommunen“, kritisierte der Bundesbeauftragte scharf.

Nach seinen Angaben nehmen immer mehr Menschen ihr Recht auf Informationszugang wahr. Im Jahr 2011 seien es 3.300 Antragsteller gewesen – mehr als doppelt so viele im Vergleich zum Vorjahr. Schaar legte zum dritten Mal einen Bericht zur Umsetzung des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes vor, das im Jahr 2006 in Kraft trat und jedem Bürger Zugang zu relevanten Behördendaten ermöglichen soll. ++ (if/mgn/24.04.12 – 120).