Archive für Beiträge mit Schlagwort: Irak-Krieg

Leipzg, 9. April 2014 (ADN). Die Tendenzen zur Entpolitsierung und zur Boulevardisierung sowohl in den privaten Fersehsendern als auch in den öffentlich-rechtlichen Anstalten sind unübersehbar. Sogar Gekeife zwischen den Journalisten ist modern geworden. Das erklärte der ehemalige Chefredakteur der Nachrichten-Sendung „Heute-Journal“ des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) und langjährige Fernseh-Auslandskorrespondent Ruprecht Eser am Mittwoch in Leipzig. Es herrsche ein Verhältnis wie unter Geyern, zitert der bekannte Nachrichtenmoderator die „Süddeutsche Zeitung“.  Folgen der medialen Erregungsindustrie sei der Tatbestand, dass Politiker und Journalisten wechselseitig den letzten Platz auf der allgemeinen Glaubwürdigkeitsskala in regelmäßigen Abständen tauschen.  Das Vertrauen bei den Bürgern sei hinüber – und nicht nur im Fernsehen.  Die symbolhaft mit Sabine Christiansen auferstandene Talkshow-Republik werde von immer mehr Soft-Nachrichten überschwemmt. Eine derartige „Christianisierung“ verkehre die politische Berichterstattung zu einem zweiten Unterhaltungsprogramm, in dem wir uns zu Tode amüsieren und quatschen. Mediendemokratie habe sich noch in Empörungsdemokratie gesteigert. Sogar das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ gehöre inzwischen zum Kreis der überdrehten Medien. Es werde nicht mehr nur über die Wirklichkeit berichtet, sondern in sie eingegriffen – mit sehr ernsten Konsequenzen.  Als Beispiel für den „Blutrausch der Medien“ – so nannte das Magazin „Cicero“ den Trend – schilderte Eser aus der eigenen journalistischen Praxis in London die Entstehungsgeschichte des  Irak-Krieges. In der Öffentlichkeit wurde verbreitet, dass irakische Kernwaffen, die es eigentlich gar nicht gab, binnen 45 Minuten einsatzbereit seien.

Ruprecht Eser, der seine Antrittsvorlesung als Honorarprofessor an der Universität Leipzig im Bereich Medien und Kommunikation hielt, forderte weniger Tamtam und weniger Eitelkeit im Journalismus. Es gehe nicht darum, Erster um jeden Preis zu sein, sondern um Bereitschaft zu mehr Recherche und Entschleunigung überhaupt. Er wies darauf hin, dass die Staatsverträge der öffentlich-rechtlichen  Rundfunk- und Fernsehanstalten keine Quotenverpflichtung enthalten.  Qualitätsjournalismus sei Kulturgut, nicht Leergut.  ++ (me/mgn/09.04.14 – 099)

http://www.adn1946.wordpress.com, e-mail: adn1946@gmail.com, Redaktion: Matthias Günkel (mgn)

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Washington, 28. Januar 2012 (ADN). „Die Achsen-Idee ist gut. Aber er wollte es etwas bedrohlicher, etwas düsterer, also machte er aus der Achse des Hasses eine Achse des Bösen und hat sicher auch an Ronald Reagan gedacht, an seinen Spruch – das war 1983 – von der Sowjetunion als Reich des Bösen.“ So schilderte der langjährige USA-Hörfunkkorrepondent Siegfried Buschschlüter  einen Moment der Entstehungsgeschichte der entscheidenden, vor rund zehn Jahren von USA-Präsident Georg Bush gehaltenen Rede. Sie war Ausgangspunkt für ein reich mit Kriegsereignissen erfülltes Jahrzehnt.

Einer von Bushs Redenschreiber, David Frum, hatte nach historischen Präzedenzfällen gesucht und sich in den Begriff der Achsenmächte aus dem Zeiten Weltkrieg verbissen. Gemeint war das Militärbündnis Berlin-Rom-Tokio, das als unberechenbar und Gefahr für den Weltfrieden galt. Auf die Konstellation der als Schurkenstaaten bezeichneten Länder – namentlich Nordkorea, Iran und Irak – anspielend übertrugen Frum und sein Mitautor Michael Gerson diese Begrifflichkeiten auf die seinerzeitige Situation und  verwoben sie miteinander, um zusätzlich Dramatik zu erzeugen. So wurde aus der Achse des Hasses die des Bösen: Das traf ins Schwarze der von George Bush sehr gerne verwendeten religiösen Sprachwelt. Begünstigt wurde dies dadurch, dass die beiden Redenschreiber selbst sehr religiös motiviert waren. Gerson beispielsweise hatte Theologie in Illinois an der Alma Mater studiert, an der bereits der bekannte Wanderprediger Billy Graham wirkte. Wie Bush betrachtete Gerson sich als evangelikaler Christ.

Letztlich sahen diese geistigen Urheber in und Brandstifter in dem Krieg gegen den Irak einen göttlichen Auftrag mit der Kernbotschaft: Freiheit ist nicht Amerikas Geschenk an die Welt, sondern Gottes Geschenk an jeden Menschen in der Welt. Die Mission von Bush sei es nur, diese göttliche Gabe an die Adressaten zu überbringen. Als USA-Präsident, der nicht zufällig ins Weße Haus gekommen sei, fühlte sich Bush dazu berufen, erläuterte Buschschlüter am Freitag im Deutschlandfunk. De facto war es also ein moderner Kreuzzug.

Nachlesbar ist diese Genesis in Frums Buch „The right Man – die überraschende Präsidentschaft des George W. Bush“.  Frum schildert darin, wie er den Auftrag bekommen hat, mit kurzen Sätzen in einigen Wörtern darzulegen, wie man einen Krieg gegen den Irak rechtfertigen kann. ++ (ap/mgn/28.01.12 – 28)