Archive für Beiträge mit Schlagwort: Kernwaffen

Leipzig, 17. Juli 2014 (ADN). Die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) verfolgen einen radikalen Pragmatismus. Daran muss man sich gewöhnen. Das ist nicht unbedingt eine schöne Welt. Diese entzaubernde Erklärung gab am Mittwochabend in Leipzig der ehemalige USA-Botschafter in Deutschland John C. Kornblum ab. Auf der unter dem Titel „Transatlantische Störungen“ stehenden Veranstaltung  teilte der ehemalige Spitzendiplomat dem deutschen Publikum und dessen – aus seiner Sicht – zart besaiteter Seele mit, dass sich Deutschland immer noch in der Phase befindet, um das 20. Jahrhundert zu verdauen. Während der vergangenen 30 bis 40 Jahre habe es ihn, der aus einem Land mit einer mehrere Jahrhunderte alten Demokratie kommt, stets gestört, dass die Deutschen das gute Verhältnis zu den USA so schnell aufgeben. Er forderte die von ihm schroff Kritisierten auf, sich eine ganz andere Art anzueignen, um seinem Heimatland näher zu treten. In der folgenden Diskussion nach dem Status der Siegermächte des Weltkrieges, der Souveränität Deutschlands und der Nichtexistenz eines Friedensvertrages gefragt, erklärte Kornblum stoisch und in aller Kürze: „Kein Land der Welt ist im Moment hundertprozentig souverän.“

Unmittelbar daran knüpfte der Sozialdemokrat Karsten Voigt mit der überraschenden und wenig bekannten Version an, dass ein Friedensvertrag gar nicht im deutschen Interesse war und ist. Zunächst gebe es gegen einen solchen Friedensschluss erhebliche Vorbehalte seitens der Polen, Italiener und Niederländer. Außerdem habe es am Ende des Zweiten Weltkrieges mehr als 100 Kriegssieger gegeben. Mit all diesen Staaten Frieden zu schließen, sei schier unmöglich und nicht praktikabel gewesen. Deshalb sei der Zwei-plus-Vier-Vertrag bei der UNO gleichsam als Friedensvertrag notifiziert worden. Insofern ist der häufig verbreitete Standpunkt, die Deutschen seien von den Alliierten gelinkt worden, völlig falsch, teilte der ehemalige Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit mit. Er ergriff die Gelegenheit sofort beim Schopfe, um ein weiteres öffentlich wucherndes Missverständnis aus dem Weg zu räumen. Es geht um die leidenschaftliche Abneigung der Deutschen gegenüber Atomwaffen – insbesondere den amerikanischen. Nach den Worten von Voigt wäre es den USA leicht gefallen, ihre Kernwaffen aus Deutschland abzuziehen. Jedoch hätten einige östliche Nachbarstaaten darauf beharrt, das Atomarsenal der Amerikaner in Deutschland zu belassen. Dafür gebe es auch eine gewisse Berechtigung, weil „die Russen auf ihrer Seite viel mehr derartiger Gefechtsfeldwaffen stationiert haben.“  ++ (vk/mgn/17.07.14 – 197)

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Leipzg, 9. April 2014 (ADN). Die Tendenzen zur Entpolitsierung und zur Boulevardisierung sowohl in den privaten Fersehsendern als auch in den öffentlich-rechtlichen Anstalten sind unübersehbar. Sogar Gekeife zwischen den Journalisten ist modern geworden. Das erklärte der ehemalige Chefredakteur der Nachrichten-Sendung „Heute-Journal“ des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) und langjährige Fernseh-Auslandskorrespondent Ruprecht Eser am Mittwoch in Leipzig. Es herrsche ein Verhältnis wie unter Geyern, zitert der bekannte Nachrichtenmoderator die „Süddeutsche Zeitung“.  Folgen der medialen Erregungsindustrie sei der Tatbestand, dass Politiker und Journalisten wechselseitig den letzten Platz auf der allgemeinen Glaubwürdigkeitsskala in regelmäßigen Abständen tauschen.  Das Vertrauen bei den Bürgern sei hinüber – und nicht nur im Fernsehen.  Die symbolhaft mit Sabine Christiansen auferstandene Talkshow-Republik werde von immer mehr Soft-Nachrichten überschwemmt. Eine derartige „Christianisierung“ verkehre die politische Berichterstattung zu einem zweiten Unterhaltungsprogramm, in dem wir uns zu Tode amüsieren und quatschen. Mediendemokratie habe sich noch in Empörungsdemokratie gesteigert. Sogar das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ gehöre inzwischen zum Kreis der überdrehten Medien. Es werde nicht mehr nur über die Wirklichkeit berichtet, sondern in sie eingegriffen – mit sehr ernsten Konsequenzen.  Als Beispiel für den „Blutrausch der Medien“ – so nannte das Magazin „Cicero“ den Trend – schilderte Eser aus der eigenen journalistischen Praxis in London die Entstehungsgeschichte des  Irak-Krieges. In der Öffentlichkeit wurde verbreitet, dass irakische Kernwaffen, die es eigentlich gar nicht gab, binnen 45 Minuten einsatzbereit seien.

Ruprecht Eser, der seine Antrittsvorlesung als Honorarprofessor an der Universität Leipzig im Bereich Medien und Kommunikation hielt, forderte weniger Tamtam und weniger Eitelkeit im Journalismus. Es gehe nicht darum, Erster um jeden Preis zu sein, sondern um Bereitschaft zu mehr Recherche und Entschleunigung überhaupt. Er wies darauf hin, dass die Staatsverträge der öffentlich-rechtlichen  Rundfunk- und Fernsehanstalten keine Quotenverpflichtung enthalten.  Qualitätsjournalismus sei Kulturgut, nicht Leergut.  ++ (me/mgn/09.04.14 – 099)

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