Archive für Beiträge mit Schlagwort: Lew Tolstoi

Köln, 7. September 2014 (ADN). „Wir dürfen uns nicht unterwandern lassen. Beinahe wäre die Nachrichtenagentur dapd vom russischen Fernsehen gekauft worden.“ Diese Befürchtung äußerte der Chefredakteur der Zeitungsgruppe „Die Welt/Welt am Sonntag“, Jörg Eigendorf, am Sonntag am Ende der ARD-Diskussionsrunde „Presseclub“. Mit der Aufforderung  reagierte er auf einen aus dem thüringischen Saalfeld zugeschalteten Zuhörer, der den ehemaligen Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher ermunterte, endlich wahrheitsgemäß über die konkreten Ereignisse, Verhandlungen und Vertragsabschlüsse mit den Siegermächten zur angeblichen Beendigung des Kalten Krieges zu berichten. Eigendorf, der sich zunehmend von Verschwörungstheorien umzingelt fühlt, versuchte so die unter dem Titel „Rückkehr des Ost-West-Konflikts – Muss die Nato wieder aufrüsten ?“ stehende Sendung zusammenzufassen.

Wie schon so oft bei Sendungen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu aktuellen politischen Themen waren sich die Gesprächsteilnehmer im Allgemeinen einig und es wurden lediglich Modifikationen und Petitessen diskutiert, mit denen beispielsweise dem Ukraine-Problem beizukommen wäre. Eine substanziell konträre Meinung – beispielsweise die eines russischen Medienmachers – konnte nicht wahrgenommen werden, weil sie schlicht nicht eingeladen worden war. Ines Pohl von der „taz“ wich da bereits erheblich vom roten Argumentationsfaden ab, indem sie anstatt militärischer Instrumente der NATO gegen Wladimir Putin den Einsatz zivilgesellschaftlicher Gegenmittel empfahl. Sylke Tempel von der Zeitschrift „Internationale Politik“ machte es dem russischen Präsidenten allen Ernstes zum Vorwurf, dass er den notwendigen Zusammenhalt des russischen Volkes unter Hinweis auf die Nationaldichter Fjodor Dostojewski und Lew Tolstoi begründet. Der Konflikt des Westens mit Putin werde eine sehr langfristige politisch-ideologische Angelegenheit. ++ (me/mgn/07.09.14 – 250)

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/Simferopol/Moskau/Kiew, 26. September 2014 (ADN). Die erst seit 60 Jahren zum Staatsgebiet der Ukraine gehörende Halbinsel Krim rückt wieder ins Fadenkreuz nationaler und ethnischer Konflikte. Die Fragilität wächst mit den politischen Unwägbarkeiten in Kiew. Die instabile Lage in der Ukraine lässt russische Handlungsmuster aus jüngster und lange zurückliegender Geschichte erwachen. Südossetien und Abchasien kamen vor wenigen Jahren unter den Schutzschirm Moskaus, nachdem sich die dort ansässigen Bevölkerungsteile bedroht fühlten. Noch näher liegt ein solches Szenario auf der Krim, deren knapp zwei Millionen Einwohner zu fast 60 Prozent Russen sind. Der ukrainische Anteil beträgt nicht einmal ein Viertel. Dazu kommen Polen, Tataren, Usbeken, Griechen und andere. Noch stärker drängt sich dieser Gedanke in Verbindung mit dem Tatbestand auf, dass der aus der Ukraine stammende seinerzeitige Chef der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU), Nikita S. Chrustschow 1954 die 171 Jahre lang zu Russland gehörende Krim in einem großzügigen Akt an die Ukraine verschenkte. „Die Geste schien nur logisch. Schließlich sollten in der großen Völkerfamilie der Sowjetunion sowieso bald alle Grenzen der Vergangenheit angehören. Warum sollte also nicht die sozialistische Kurzone Krim aus dem Verwaltungsbereich der Russischen Föderativen Sojwetrepublik (RSFSR) in die ebenfalls sozialistische Ukraine überwechseln,“ fragte dieser Tage das Internet-Portal „Russland-Aktuell“ in einem seiner meisgelesenen Beiträge. Letztlich ging die Halbinsel damals per Dekret des Obersten Sowjets der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) an die Ukraine. Offiziell war es ein Gebietsaustausch mit der Stadt Belgorod, die im Gegenzug russisch wurde. Als feierlicher Anlass diente der 300. Jahrestag des Vertrages von Perejaslew, in dem die ukrainischen Kosaken dem Zaren im Jahr 1654 die Treue schworen. In der kulturbeflissenen russischen Bevölkerung fand das Geschenk Chrustschows wenig Gefallen. Immerhin lebten und dichteten auf der Krim Russlands Säulenheilige der Literatur wie Alexander Puschkin, Lew Tolstoi und Anton Tschechow.

Die Konfliktgefahr wird durch die Anwesenheit der russischen Schwarzmeerflotte in Sewastopol am Südzipfel der Krim nicht geringer. Zarin Katharina II. hatte den Flottenstützpunkt gegründet und die Krim im Jahre 1783 „von nun an und für alle Zeiten“ für russisch erklärt. Kürzlich wurde die Stationierung der Schwarzmeerflotte bis zum Jahr 2045 verlängert. Die Russen zahlen dafür rund 100 Millionen US-Dollar und begünstigen die Ukraine mit geringeren Erdölimportpreisen. Energiepreise hatten im Übrigen in der Kiewer Herrschaftsära nach Julia Timoschenko bereits zu äußerst hartem wirtschaftspolitischen Streit zwischen Russland und der Ukraine geführt. Jetzt allerdings mischt sich noch dazu die Europäische Union (EU) und  – indirekt – das westliche Militärbündnis des Nordatlantikpakts (NATO) ein. Spätestens an diesem Punkt ist für Russland eine ernsthafte Grenze erreicht. Es wäre schon ein Erfolg, wenn die jetzigen Auseinandersetzungen auf dem Wege von Verhandlungen beigelegt werden. Kriege hat die Region, die seit der Antike von Eroberung und Vertreibung geprägt war, zur Genüge erlebt.  ++ (vk/mgn/26.02.14 – 057)

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