Archive für Beiträge mit Schlagwort: NSU

Leipzig, 29. Januar 2015 (ADN). Es ist nicht problematisch, wenn Rechtsextremisten mit anderen auf die Straße gehen. Unter den 10.000 bis 20.000 Pegidisten sind gewiss nicht alle Nazis. Diese Einschätzung gibt der ehemalige Chefredakteur des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ und jetzige Herausgeber der Zeitung „Die Welt“, Stefan Aust, am Donnerstag in einer Diskussionsrunde mit angehenden Journalisten der Universität Leipzig. Auch früher bei den Anti-Vietnam-Kriegs-Demonstrationen in der Bundesrepublik seien die übelsten Leute mitmarschiert. Er erinnerte an Rudi Dutschke, der gegen terroristische Gewalt war. Im Übrigen gebe es Terrorismus nicht ohne Massenbasis. Angesichts der 400 IS-Kämpfer aus Deutschland müssten sich die muslimischen Gemeinden fragen lassen, was sie dagegen tun. Direkt angesprochen auf den unter seiner Leitung publizierten Spiegel-Titel „Mekka Deutschland – Die stille Islamisierung Deutschlands“ aus dem Jahr 2007 erklärte Aust, sich daran nicht mehr erinnern zu können.

Den aktuell erhobenen Vorwurf, die deutschen Medien verkörperten eine Außenstelle der NATO, bezeichnete er als weites Feld. Manchen Journalisten klebe das Parteibuch am Revers oder sie gebärden sich gar als Pressesprecher ihrer Partei. Der Spiegel-Gründer Rudolf Augstein sei zeitlebens FDP-Mitglied gewesen und habe sogar einen sicheren Listenplatz als Abgeordneter dieser Partei für den Wahlkreis Paderborn im Deutschen Bundestag gehabt. Der ARD-Korrespondent Peter Merseburger habe permanent im Verdacht gestanden, mit der „Baracke“ – also der SPD-Zentrale – zu telefonieren. Er selbst, Aust, habe nie einer Partei angehört. Deswegen sei er beim Norddeutschen Rundfunk (NDR) nie etwas geworden. 1982 habe er sich aus dem Festanstellungsverhältnis beim NDR gelöst und drei Jahre lang an seinem Buch über die Rote-Armee-Fraktion (RAF) geschrieben. Jetzt sitze er an einem Buch zum Nationalsozialistischen Untergrund (NSU). „Dieser Fall ist völlig unaufgeklärt“, so Aust. Seine Neugierde für dieses Thema sei in einem Gespräch mit Kriminalbeamten geweckt worden. Ein Mitarbeiter der Abteilung „Operative Fallanalyse“ namens Alexander Horn habe ihn auf die Recherche-Spur zu den sogenannten Döner-Morden gesetzt. ++ (me/mgn/29.01.15 – 29)

http://www.adn1946.wordpress.com, e-mail: adn1946@gmail.com, Redaktion: Matthias Günkel (mgn), adn-nachrichtenagentur, SMAD-Lizenz-Nr. 101 v. 10.10.46

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München/Berlin, 28. November 2014 (ADN). Der Bundesnachrichtendienst als deutscher Auslandsgeheimdienst überwacht entgegen seiner offiziellen Aufgabe dennoch Deutsche im Ausland. Das berichtet am Freitag die Münchner „Abendzeitung“. Nach Angaben eines früheren Mitarbeiters geschehe das auch ohne gesonderte rechtliche Erlaubnis. Der ehemalige Jurist im Auslandsgeheimdienst habe das im NSU-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages damit erklärt, dass unter gewissen Umständen das Konzept des „Funktionsträgers“ greife. Wenn beispielsweise ein Deutscher im Ausland als Geschäftsführer für eine ausländische Firma arbeite und in dieser Funktion telefoniere, dann gelte für ihn – anders als bei privaten Gesprächen – nicht der übliche Grundrechtsschutz.

Zitiert wird der Grünen-Obmann Konstantin von Notz. Um das unterscheiden, müssten Geheimdienstler bereits mithören.  Da habe der Grundrechtseingriff dann schon stattgefunden. Deutsche Bürger sind besonders vor Ausspähung geschützt – auch dann, wenn sie sich im Ausland aufhalten. ++ (ge/mgn/28.11.14 – 331)

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Berlin, 20. Oktober 2014 (ADN). „Das Parlament soll die Regierung kontrollieren. Dazu müsste es sich auch mal gegen Regierungsvorschläge durchsetzen. Tut es aber nicht, denn die Karrieren der Abgeordneten hängen oft von denen auf der Regierungsbank ab.“ Das erklärte der bekannte Buchautor Roger Willemsen, der ein Jahr lang die Vorgänge im Deutschen Bundestag verfolgt und anhand seiner Beobachtungen das Buch „Das Hohe Haus“ verfasst hat, am Montag der „Berliner Zeitung“ in einem Interview. Der Fraktionszwang müsse abgeschafft werden. Die Rhethorik sei von Sprechblasen zu befreien, damit erkennbar wird, dass man ein Gegenüber hat.  Wenn sich nichts ändere, werde das Parlament weiter an Aufmerksamkeit verlieren. „Die Parlamentsdebatten erleben einen dramatischen Einschaltquoten-Niedergang. Und wie sollte es auch anders sein ? Eine Stunde lang breitet die Regierung ihre Floskeln aus, selbstzufrieden und in endlosen Wiederholungen, und dann dürfen die anderen für ein paar Minuten opponieren. Eine Farce“, schlussfolgert Willemsen.

Scharfe Kritik äußerte der Buchautor und Publizist auch an der „Befragung der Bundesregierung“. Der stelle sich oft niemand von der Bundesregierung, sondern Staatssekretäre lesen Antworten auf schriftlich eingereichte Fragen vor. Im englischen Unterhaus werde das völlig anders gehandhabt. Dort stelle man sich ohne Vorbereitung. 

Würde Willemsen die Debattierkultur in der verblichenen DDR kennen, müsste er beklemmende Parallelen wahrnehmen. Häufig wurden  bei Veranstaltungen der Freien Deutschen Jugend (FDJ) oder der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) auf Zettelchen geschriebene Fragen im Publikum verteilt, um die Diskussionsfreudigkeit zu erhöhen. Bundeskanzlerin Angela Merkel als ehemaliger FDJ-Funktionärin dürfte diese Praxis geläufig sein. Eventuell hält sie es auch heute noch für ein probates Mittel, um das von Willemsen als Festival der rhethorischen Ausweichbewegungen deklarierte Zukunftsbild des bundesdeutschen Parlaments zu vollenden.  Derzeit, so Willemsen, ist es noch die Strategie der Kanzlerin, zu entscheidenden Themen gar nichts zu sagen. Das sei bei NSA, NSU, Syrien und den Toten von Lampedusa so gewesen.     ++ (dk/mgn/20.10.14 – 292)

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Frankfurt am Main, 12. Oktober 2014 (ADN). Informanten des Verfassungsschutzes dürfen Ordnungswidrigkeiten und kleine Straftaten begehen, die in den jeweils aufs Korn genommenen Szene üblich sind. Dazu zählt der Hitlergruß in rechtsextremen Kreisen. Das ist Teil einer Reform in Hessen, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“ (SZ) am Wochenende. Schwere Straftaten seien nicht erlaubt. 

„Die Behörde soll verpflichtet werden, sich mit anderen Landesämtern und dem Bundesamt im Kampf gegen gewalttätigen Extremismus auszutauschen. Einen solchen Informationsfluss gab es bis vor wenigen Jahren nicht. Dieses Manko trug nach Ansicht von Sicherheitsexperten dazu bei, dass die rechtsextreme NSU-Gruppe jahrelang unentdeckt in ganz Deutschland morden konnte,“ schreibt die SZ. Zudem soll die in den meisten Fällen zur Verschwiegenheit verpflichtete Parlamentarische Kontrollkommission mindestens zweimal in der fünfjährigen Legislaturperiode den Landtag über die Kontrollarbeit informieren. Dazu zählen auch Berichte darüber, ob und wie die Landesregierung ihre Pflicht erfüllte, besondere Vorkommnisse zu melden und zu erläutern. ++ (vs/mgn/12.10.14 – 284)

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München/Berlin, 18. Februar 2014 (ADN).  33 Nebenkläger-Anwälte im Münchner Prozess gegen Mitglieder des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) üben in einem gemeinsamen Papier scharfe Kritik an der Bundesanwaltschaft. Einer der schwerwiegenden Vorwürfe in dieser wachsenden Konfrontation besteht darin, dass den die Tatopfer vertretenden Nebenkläger-Anwälten keine Einsicht in Akten weiterer Verfahren im Zusammenhang mit dem NSU-Komplex gewährt wird.

Darüber hinaus kritisieren die Rechtsvertreter der Nebenkläger die unzureichende juristische Aufklärung des NSU-Terrors insgesamt. Es gebe zu wenig politische Diskussionen über den „strukturellen und institutionellen Rassismus“. Er sei eine der Ursachen „für das Versagen der Ermittlungsbehörden, aber auch der Medien und der Gesellschaft“. Sie fordern eine Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages nach dem Vorbild der Macpherson-Kommission in Großbritannien. Dieses Gremium wurde 1997 gebildet, um den gewaltsamen Tod eines Schwarzafrikaners in London zu überprüfen. Es stellte beispielsweise fest, dass die britische Polizei von institutionellem Rassismus durchsetzt ist.

Ausführliches zu den substanziellen Lücken bundesdeutscher Kriminalitätsbekämpfung ist in dem neuen „Jahrbuch des Verbrechens 2014“ von Gerhard Wisneswski zu finden. Darin werden die spektakulärsten Kriminalfälle des Vorjahres analysiert. Dazu zählt ein Kapitel über den NSU-Prozess unter der fragenden Überschrift „Verboten gute Ermittlungen ?“. Darin wird geschlussfolgert: „Der Rechtsstaat,so kann man aus dem Fall NSU lernen, ist jedenfalls nur noch zu einem Teil funktionsfähig und tanzt in anderen Bereichen längst nach Pfeife seines dunklen Bruders, des ‚tiefen Staates'“. Dieser Begriff ist in der Türkei geläufig und beschreibt den gesamten Untergrund, in dem Kriminelle und Geheimdienste agieren. ++ (rs/mgn/18.02.14 – 049)

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Berlin/Weimar,  30. Januar 2013 (ADN). Die Weimarer Verfassung war nicht Ursache von „Hitlers Machtergreifung“ vor 80 Jahren. Der Niedergang der nach ihr benannten Republik war eine Demokratie ohne Demokraten – ein irreparabler Geburtsfehler. Das stellte am Mittwoch Birgit Goertz in einem Beitrag für den Rundfunksender „Deutsche Welle“ (DW) fest. Hitler sei noch legal – also verfassungsgemäß – Reichskanzler geworden und habe unmittelbar danach die Demokratie systematisch demontiert. Nur wenige hätten sich mit der jungen Republik identifiziert. Die größte Gegnerschaft saß vor allem in den Eliten der Wirtschaft, des Beamtenapparates und sogar in der Politik. Folge dessen waren linke und rechte Putschversuche. Die gesamtgesellschaftliche Instabilität gipfelte in spektakulären politischenn Morden wie die an den kommunistischen Spitzenfunktionären Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht sowie an dem deutsch-jüdischen Außenminister Walther Rathenau. In 14 Jahren Weimarer Republik gab es 21 Regierungen. einige der 17 im Reichstag vertretenen Parteien waren explizite Gegner der Verfassung, so Goertz. Mit jeder weiteren wirtschaftlichen und politischen Krise verloren die Wähler das Vertrauen in die politischen Parteien.

Für diese Phänomene mehren sich die Paralellen zur Gegenwart bedenklich. Es ist frappierend, wie ähnlich und ernst viele Situationen sind. Allein die vom Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) verübten zehn Morde verdeutlichen das. Dass dazu die Hilflosigkeit der Sicherheitsbehörden gegenüber solchen Verbrechen augenscheinlich zunimmt, ist mehr als beängstigend. So mancher ist inzwischen der Überzeugung, die Offiziellen der Bundesrepublik Deutschland tolerieren die Kriminellen nicht nur, sondern schüren deren Aktivitäten sogar durch Verschleierung und Tatenlosighkeit. Das zu wiederlegen fällt schwer. Der neue Faschismus hat viele Facetten. ++ (hi/mgn/30.01.13 – 024)

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Berlin, 10. Dezember 2012 (ADN).  Das Kanzleramt mauert. Es fehlt am politischen Willen,  Akten zur NS-Vergangenheit nach 50, 60 Jahren freizugeben. Das erklärte der Politikwissenschaftler Jan Korte am Montag in der „Berliner Zeitung“. Bis heute werde das mit Ausreden und vorgeschobenen Gründen vereitelt. „Wenn es um das Ansehen Deutschlands im Ausland geht, wäre es inzwischen an der Kanzlerin, klarzustellen, dass man diese Akten offenlegen will“, so der 35jährige Wissenschaftler und Linkspolitiker in dem Interview. Es gehe um die Aufarbeitung das von dem Publizisten Ralph Giordano als  „zweite Schuld“ bezeichnete historische Kapitel, um die Geschichte der jungen und der späteren Bundesrepublik sowie um die Aufarbeitung der Aufarbeitung. Es gebe noch sehr viele Leerstellen. In der Wissenschaft sei das angekommen, in der Politik nicht. Korte wies daraus hin, dass noch in den Jahren 1996 und 2007 Akten zum Fall des SS-Hauptsturmführers und Eichmann-Mitarbeiters Alois Brunner vom Bundesnachrichtendienst (BND) geschreddert wurden. Offensichtlich ist es eine altbewährte bundesdeutsche Technik,  Dokumente über alte und neue Nazis – wie der gegenwärtige Skandal um den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) zeigt – durch den Reißwolf wandern zu lassen, damit der öffentlichen Transparenz zu entziehen und für immer geheim zu halten.

In einem ganzseitigen Beitrag mit den Überschriften „Im Giftschrank“ und „Fünfzig Jahre Rätselraten“ berichtet die Berliner Tageszeitung über Archivmaterial des  BND u. a. zu den Verbrechern des Naziregimes Klaus Barbie und Adolf Eichmann, das im Bundeskanzleramt unter Verschluss gehalten wird. Als Gründe für die Geheimhaltung nennt die Behörde Informantenschutz, Schutz nachrichtendienstlicher und außenpolitischer Belange sowie den Schutz personenbezogener Daten Dritter. Inzwischen dennoch durchgesickerte Informationen lassen darauf schließen, dass der westdeutsche Geheimdienst bereits im Jahr 1953 den Aufenthaltsort von Adolf Eichmann kannte. ++ (pl/mgn/10.12.12 – 350)

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Dresden/Köln, 19. November 2012 (ADN).  Der Diplomrestaurator Jochen Flade wird bis in die Gegenwart von der Staatsanwaltschaft verfolgt, weil er an einer Demonstration gegen Neonazis in Dresden teilgenommen hat. Diesen Vorwurf an die Justiz bekräftigte der 62jährige Dresdener, der bereits zu den Demonstranten während der friedlichen Revolution vor 23 Jahren gehörte, in einer Diskussionssendung des Deutschlandfunk am Montag unter dem Titel „Ist der Rechtsextremismus auf dem Vormarsch?“ Er habe gegen diese schizophrenen juristischen Aktivitäten Widerspruch eingelegt. Um so unverständlicher sei die Tatenlosigkeit von Polizei, Justiz und anderen Behörden hinsichtlich des wachsenden Einflusses von Rechtsradikalen in Sachsen. Der engagierte Möbelrestaurator ging damit auf die Aussage des innenpolitischen Fraktionssprechers der Christlich-Demokratischen Union (CDU) im Sächsischen Landtag, Volker Bandmann, ein. Der Politiker aus Ostsachsen hatte erklärt: „Wir sind das Land der friedlichen Revolution und haben eine linke Terrorherrschaft mit Kerzen beiseite geschafft.“ Das Demonstrationsrecht verkörpere ein Recht der Freiheit. Jedoch seien dabei die von Kommune und Land gesetzten Regeln einzuhalten. Im Übrigen verwies er auf die „Unabhängigkeit der Justiz“.

Flade wurde vehement vom Berliner Politikwissenschaftler Prof. Hajo Funke unterstützt. Der Dresdener habe sehr überzeugend argumentiert. Es bestehe nämlich erhebliche Gefahr, den Rechtsextremismus zu verharmlosen. Jugendliche hätten den Eindruck, keinen Einfluss mehr auf das demokratische System zu haben. Er bestätigte die Meinung eines weiteren Diskussionsteilnehmers aus Hainichen. Dieser hatte festgestellt, das der Rechtsextremismus nicht nur auf dem Vormarsch, sondern längst mitten in der Gesellschaft angekommen ist. Nach Ansicht eines Zuhörers aus Bremen hat sich der Rechtsradikalismus sogar im Regierungsapparat etabliert. Das beweise eine Reportage über die Organisation Gladio. Deswegen seien auch die Initiativen gegen den Neonazismus so erfolglos. Ein überzeugter Antifaschist aus Neuwied ergänzte: Faschismus und Nazismus waren in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) nie richtig tot. Dafür ständen die Namen Globke, Oberländer und Kiesinger ein ehemaliger Bundeskanzler.

Bis auf den sächsischen CDU-Politiker Bandmann bestand bei den Gesprächspartnern weitgehend Einigkeit darüber, dass Sachsen gegen den Neonazismus besonders wenig unternimmt. Es gebe zwar ein vom Bund unterstütztes Programm „Weltoffenes Sachsen“. Allerdings ersticke es an der Papierbürokratie bei der Antragstellung. Beispielhaftes werde jedoch in Brandenburg und Thüringen geleistet. 

Die Diskussion hatte vor dem Hintergrund der unfassbaren Mordserie der Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) stattgefunden. Außerdem war in der vergangenen Woche bekannt geworden, dass gegen den Neonazismus aktive Bürger auf Anraten der Polizei aus ihrem angestammten Wohnort Hoyerswerda weggezogen sind. Die Polizeibeamten hatten sich nicht in der Lage gesehen, die Sicherheit und Unversehrtheit der Betroffenen vor neonazistischen Übergriffen zu gewährleisten. Außerdem war vor wenigen Tagen eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung zum Einfluss des Rechtsextremismus veröffentlicht worden. ++ (zc/mgn/19.11.12 – 329)

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Berlin, 6. Oktober 2012 (ADN).  „Ergebnis professioneller Dummheit“ ist nach Angaben des Sonderermittlers Hans-Georg-Engelke das Vernichten von Akten über rechtsextremistische Aktivitäten im Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) gewesen. Das war nach Angaben der „Süddeutschen Zeitung“ in ihrer aktuellen Wochendausgabe aus der Umgebung des Analytikers zu hören,  der seinen Bericht über die Schredder-Affäre Mitte dieses Monats dem Bundestagsuntersuchungsausschuss vorzulegen gedenkt. 

Die Liquidation der betreffenden Akten war im Juni dieses Jahres durch Zufall bekannt geworden. Der dafür verantwortliche und inzwischen versetzte Referatasleiter hatte am 11.11.2011 Dokumente über V-Leute in der Thüringer Neonazi-Szene aus den 90er Jahren in den Reißwolf gesteckt. Antriebsfeder, so zu handeln, sei Angst gewesen. Das belege, dass es sich nicht um eine bewusste Vertuschungsaktion drehe. Diesem Schluss zieht der Sonderermittler.

Damit ist bestätigt: Der Mitarbeiter des in der Faschingszentrale Köln ansässigen Amtes hat sich auch keinen Scherz zum Karnevalsauftakt am 11. November erlaubt, sondern aus Unbedarftheit, Kurzsicht  und Infantilität so gehandelt. Unaufgeklärt bleibt jedoch der Umstand, dass diese amtlich bescheinigte „professionelle Dummheit“ genau an dem Tag vonstatten ging, nachdem die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen zu den rechtsextremistischen Morden des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) übernommen hatte. Welcher neue Wirkungskreis dem „dummen“ Beamten in der Verfassungsschutzbehörde zugewiesen wurde, ist nicht bekannt. Unklar bleibt desweiteren, warum ein mit so viel Unfähigkeit ausgestatteter Bediensteter überhaupt noch in einer Administration verweilen darf.

Erst vor zwei Tagen hat der maßgeblich in die opulente Geheimdienst-Affäre verstrickte ehemalige Verfassungsschutz-Präsident von Thüringen, Helmut Roewer, in Berlin eine Veröffentlichung präsentiert, die das Akten-Paket dieses bundesdeutschen Dauer-Skandals um 280 Seiten bereichert. In seinem, von einem österreichischen Verlag herausgegebenen Buch „Als Verfassungsschutz-Chef im Osten Deutschlands“ schildert der aus dem Bonner Bundesinnenministerium nach Thüringen beorderte Jurist himmelschreiende Zustände in Regierung, Polizei und Justiz des Landes. Nach seiner Auffassung ist er letztlich Opfer „christdemokratischer Seilschaften“ gegen seine Person geworden, weil er sie beim Heucheln und Geschäftemachen ertappt, sich selbst aber nicht an der Ausplünderung des Ostens beteiligt habe. ++ (kr/mgn/06.10.12 – 284)

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Leipzig/Berlin, 15. September 2012 (ADN). Ein plötzlich gefundenes Geheimdokument zur rechtsextremen Szene im Raum Johanngeorgenstadt aus dem sächsischen Landesamt für Verfassungsschutz lässt erneut Fragen und Rätsel aufkeimen, die erst gestern die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) in Dresden zu entschärfen versuchte. Wie die Ausgabe der „Leipziger Volkszeitung“ (LVZ) dieses Wochenendes berichtet, liegt ihr das Papier vor. Darin ist der Klarname eines V-Mannes aus der Neo-Nazi-Szene nur unvollständig geschwärzt. Es spreche einiges dafür, dass es sich dabei um genau jenen Thomas S. aus Chemnitz handelt, der auch für das Berliner Landeskriminalamt unterwegs war. 

In dem Bericht wird darauf verwiesen, dass die gegenwärtig bundesweit heiß diskutierte Akte des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) aus dem Jahr 1995 ursprünglich 28 Seiten umfasste. Davon sind nur noch 3 Seiten übrig. Nach Ansicht der sächsischen Landtagsabgeordneten Kerstin Köditz fehle damit der „eigentliche Inhalt“. Die nicht mehr vorhandenen 25 Seiten haben nach Angaben der PKK in Sachsen zu keinem Zeitpunkt vorgelegen. Wer die amtliche Aktenfledderei zu verantworten hat, ist bisher unbekannt. Nun ist die vollständige Version in Magdeburg zufällig aufgetaucht und kostete prompt dem Verfassungsschutz-Präsidenten Sachsen-Anhalts den Führungsposten. Sein Rücktritt ist der vierte derartige aus einem der zahlreichen Geheimdienstapparate der Bundesrepublik Deutschland (BRD) binnen kürzester Frist.

Das nächste Köpfe-Rollen in den klandestinen bundesdeutschen Kreisen und Gremien dürfte in Berlin stattfinden, denn in der Hauptstadt zieht sich derzeit die Aufklärungs-Schlinge am sichtbarsten zusammen. Das gilt sowohl für das Land Berlin als auch für die Bundesregierung, die nun auch vom dem sich immer schneller drehenden Geheimdienst-Skandalrad erfasst wurde. Bundesverteidigungsminister Thomas de Maiziere war inzwischen vor Mitgliedern des Bundestagsuntersuchungsausschusses geständig und beichtete erhebliche Versäumnisse. Vergangenen Donnerstag war dem Bundestags-Untersuchungsausschuss „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU)  zudem zu Ohren gekommen, dass das Land Berlin in den Jahren 2000 bis 2005 Hinweise auf den Aufenthaltsort der NSU-Terroristen erhalten hat und diese nicht an die Behörden weiterleitete. Erst über die Bundesanwaltschaft bekamen die Gremienmitglieder im Juli dieses Jahres Informationen zur V-Mann-Tätigkeit von Thomas S. für das Berliner Landeskrimininalamt bis in das Jahr 2011 hinein.  Es hat auch Kontakte zwischen Thomas S. und den Sicherheitsbehörden in Sachsen, Thüringen und Brandenburg gegeben. Dabei handelten diese geheim operierenden Administrationen völlig isoliert voneinander. Darüber informiert die „Süddeutsche Zeitung“ (SZ) in dieses Wochenendausgabe.

Die bundesdeutsche Medien-Landschaft empört sich inzwischen fast unisono. Der LVZ-Kommentator konstatiert willkürliches Treiben diverser Geheimdienste. Als Kartenhaus falle zusammen, was sich kürzlich noch hochtrabend Sicherheitsarchitektur nannte. Die SZ schlussfolgert in einem Kommentar systematisches Versagen der Behörden, wofür sich bei der Aufklärung der NSU-Morde in immer kürzeren Abständen immer mehr Beweise finden. „Jede dieser Geheimdienst- und Polizeibehörden hockt auf ihren Informationen, kocht ihr eigenes Süppchen, jede vertuscht oder löscht Daten“, ist zu lesen. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) wagt es sogar, den vollen Namen des mysteriösen Neonazis aus Sachsen zu nennen – Thomas Starke, 44 Jahre alt.

Die „Mitteldeutsche Zeitung“ aus Halle an der Saale stellt fest: „Das sind keine Pannen mehr. Hier wird manipuliert und gelogen. Mehr als eine Dekade waren die Sicherheitsbehörden unfähig, den Tätern auf die Spur zu kommen. Nun verwenden sie alle Energie darauf, Spuren zu verwischen. Wie will man das den Hinterbliebenen noch erklären ? Nein, es gibt nichts mehr zu erklären.“ ++ (kr/mgn/15.09.12 – 263)

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