Archive für Beiträge mit Schlagwort: Obdachlose

Paris, 16. April 2014 (ADN). Den mehr als zwei Millionen Franzosen, die über kein Bankkonto verfügen und so am alltäglichen Geldverkehr nicht teilnehmen können, bietet seit kurzem ein neues Girosystem nun genau diese Möglichkeit. Dabei übernehmen die allerorten stationierten Tabakläden die Funktion einer Bank.  Das neue Konto ist für diejenigen von höchstem Interesse, die Kontoverbot haben oder denen die klassischen Banken kein Konto zubilligen. Meist handelt es sich um Arbeitslose, Leute ohne regelmäßiges Einkommen und Obdachlose. Für Letztere eignet sich das neue System besonders, weil für seine Einrichtung keine Wohnungsadresse oder Postanschrift vonnöten ist. Das von Hugues Le Bret erfundene sogenannte Nickel-Konto kann izwischen bei 70 französischen Tabakhändlern installiert werden. Mittlerweile gibt es mehr als 11.000 derartige Konten. Dahinter steht eine Initiative der Vereinigung der Tabakhändler, zu der rund 27.000 Mitglieder landesweit gehören.

Hinter der Bezeichnung „Nickel“ verbergen sich die Begriffe sauber, ordentlich und perfekt. Die jährliche Gebühr für ein Nickel-Konto beträgt 20 Euro. Das Einzahlen von Geld kostet zwei Prozent der Summe. Beim Abheben am Auotmaten wird ein Euro zusätzlich verlangt und beim Tabakhändler selbst nur 50 Cent. Auch im Ausland muss am Automaten keine Zusatzgebühr bezahlt werden.  Mit „Nickel“ können Kontogebühren gespart werden.  Bei Kontoeröffnung, die nur wenige Minuten dauert, erhält der Inhaber bei Nachweis seiner persönlichen Identifikation ein Konto, Mastercard und eine IBAN-Nummer.  Internet und Mobiltelefon sind integriert.  Mit der Mastercard kann in Geschäften bezahlt und weltweit an Automaten Geld abgehoben werden.  Überziehungskredit und Scheckheft werden auf diese Weise Fremdworte.  Es drohen keine Schulden mehr,  weil nur das ausgegeben werden kann, was auf dem „Nickel“-Konto gutgeschrieben ist.  Kontobewegungen werden sofort genau rgistriert und per SMS an den Inhaber gemeldet.

Die Einführung eines solchen System, das nach einer Technologie des Informatikers Ryad Boulanour entwickelt wurde, bietet sich auch für andere Länder an. In der Bundesrepublik Deutschland gibt es beispielsweise rund 600.000 Bürger ohne Konto. Seit Jahren sind sie der Verweigerungshaltung und Repression von Banken und Sparkassen ausgesetzt.  Im Bereich der Europäischen Union (EU) leben etwa 20 Millionen Menschen ohne Konto. Vor wenigen Tagen hat das Europaparlament beschlossen, dass ab dem Jahr 2016 jedem ein Konto garantiert sein soll.  ++ (fi/mgn/16.04.14 – 105)

http://www.adn1946.wordpress.com, e-mail: adn1946@gmail.com, Redaktion: Matthias Günkel (mgn)

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Frankfurt(Main)/Berlin, 12. April 2012 (ADN). Die kapitalismuskritische Occupy-Bewegung feiert am nächsten Sonntag ihr sechsmonatiges Jubiläum in der Bankenmetropole Frankfurt am Main mit einer langen Tafel. Dann wird sich der Platz vor dem Sitz der Europäischen Zentralbank (EZB) noch einmal mit Protestlern füllen. Das erwartet das Nachrichten-Portal  hr-online in einem Beitrag vom heutigen Donnerstag. Dennoch gerate die Bewegung in erhebliche Schwierigkeiten. Von den noch rund 60 Leuten, die in etwa 50 Zelten vor Europas größten öffentlichen Kreditinstitut hausen, sinkt der Anteil der System-Kritiker. Auf der anderen Seite kommen immer mehr Obdachlose, Drogen-Junkies und osteuropäische Bettler dazu, berichtet das Medium. Zudem wachse der Widerstand seitens der Behörden und der Bürger von Frankfurt. Zitiert wird der Ordnungsdezernent der Stadt, demzufolge der Unmut der Bevölkerung zunehme und die Zahl der Beschwerden ansteige. Theaterbesucher seien belästigt worden und Passanten fühlten sich von Bettlern bedroht. Noch im Oktober vergangenen Jahres hatte das Ordnungsamt Frankfurt die Disziplin der Zeltbewohner und Demonstranten gelobt. Die Kundgebung sei außerordentlich angenehm und friedlich verlaufen. Beschwerden von Anwohnern und Bankmitarbeitern gibt es nicht, hieß es damals.

Die nunmehr wenigen verbliebenen Aktivisten der Occupy-Bewegung weisen darauf hin, dass sie inzwischen der Stadt die Sozialarbeit abnehmen. Das Lager sei Anlaufstelle für entwurzelte und obdachlose Menschen.

In wenigen Tagen – am 18. April – läuft die Genehmigung für das Camp aus. Eine Fristverlängerung ist fraglich. Auf diese Weise sollen offenbar Ausschreitungen verhindert werden, die im März zu erheblichen Turbulenzen bei einer Anti-Kapitalismus-Demonstration geführt hatten.  Gewalteskalation werde auch zum Himmelfahrtstag im Mai bei mehrtägigen Veranstaltungen befürchtet, mit denen das Bankenviertwel blockiert und Bankangestellten der Zugang zu ihrem Arbeitsplatz versperrt werden soll.

Die Occupy-Bewegung entstand im September 2011 in New York und trat ihren Siegeszug in der ganzen Welt an. Mittlerweile erlischt das Strohfeuer zusehends. Viele Zeltlager lösen sich auf.  In Deutschland gibt es nur noch vier – neben Frankfurt die in Hamburg, Düsseldorf und Münster. Kürzlich verschwand das Berliner Camp plötzlich und spurlos von der Bildfläche.

Mit dem Straucheln und nicht mehr fernen Niedergang der Occupy-Bewegung gehen die Prognosen zahlreicher Soziologen und Gesellschaftsforscher in Erfüllung. Nach deren Voraussage sollte diese Protestwelle keinesfalls die Ausmaße und Permanenz annehmen wie die gegen die Atomkraft und den Irak-Krieg. Es wurde sogar der Verdacht geäußert, dass sogenannte interessierte Kreise den Widerstand bewusst inszeniert und gesteuert haben. ++ (dk/mgn/12.04.12 – 105)