Archive für Beiträge mit Schlagwort: Oberlandesgericht

Wolfenbüttel, 6. Oktober 2014 (ADN). Das Phlegma der bundesdeutschen Justiz, ihre eigene Vergangenheit aus nationalsozialistischer Zeit zu bewältigen, ist unerschütterlich. Gegen die unverfrorene Konstanz dieses Trends geht ein Repräsentant der Juristen-Zunft beharrlich vor. Der ehemalige Richter am Oberlandesgericht Braunschweig, Dr. Helmut Kramer, macht die Notwendigkeit , den Augiasstall endlich auszumisten, an praktischen Beispielen seiner unmittelbaren Umgebung deutlich. Im niedersächsischen Wolfenbüttel befinde sich eine Gedenkstätte für die Opfer der nationalsozialistischen Justiz, deren Aufgabe einzigartig ist. Nach den Worten von Kramer könnte der Ort bundesweite Ausstrahlung  als zentrale Erinnerungsstätte zur NS-Justiz erlangen. Dort kann man mitten in der Innenstadt das ehemalige Hinrichtungsgebäude besichtigen, wo etwa 600 Menschen in der Nazi-Zeit durch den Scharfrichter umgebracht worden sind.

Obgleich die Ausstellungsräume genügend Platz bieten, fehlen viele grundlegende Informationen über die NS-Justiz und ihre Aufarbeitung nach 1945, so Kramer. Es sei der Gedenkstättenleitung in den vergangenen Jahrzehnten nicht gelungen, die ihr von ihm selbst überlassenen reichhaltigen Materialien auszuwerten. „Dabei gehört, neben der Beschäftigung mit der menschenverachtenden Ideologie der Faschisten, die Auseinandersetzung mit den NS-Juristen, jenen Schreibtischtätern par excellance, vielleicht zu dem Lehrreichsten, was die Geschichte des Dritten Reichs zu bieten hat“, erklärte der engagierte Kramer. Wie aktuell die Gefahr ist, dass angeblich allein dem Recht verpflichtete Juristen sich tatsächlich an politischen Vorgaben orientieren, zeige die Entscheidung der Bundesanwaltschaft zu dem Massaker im afghanischen Kundus. ++ (ju/mgn//06.10.14 – 278)

http://www.adn1946.wordpress.com, e-mail: adn1946@gmail.com, Redaktion Matthias Günkel (mgn), adn-nachrichtenagentur, SMAD-Lizenz-Nr. 101 v. 10.10.46

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Münster/Hamburg, 25. Mai 2013 (ADN) Einer aktuellen Übersicht zufolge gibt es in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) nur 82 Mediatoren mit Zertifikat oder mit Anerkennung. Der von Arthur Trossen in Altenkirchen angeführten und mit Jürgen Bartsch in Überlingen abgeschlossenen Liste ist zu entnehmen, dass die Großstadt Hamburg mit zehn sowie die Metropolen Berlin und Köln mit jeweils sechs Mediatoren über die „höchste“ Dichte dieser außergerichtlich tätigen Kommunikatoren verfügen. Dünn gesät sind sie in München mit zwei und Leipzig mit einem. Die Stadt Stuttgart hat gar keinen. Die Blamage dieser Statistik für das jüngsten Ergebnissen zufolge rund 81 Millionen Einwohner zählende Volk, das seine Streitlust offenbar ungebremst lieber vor Gericht auslebt, erscheint im Vergleich zu den Niederlanden um so größer. Dort wurden vor zwei Jahren 4.710 Mediatoren gezählt, die jährlich 51.700 Mediationen umgesetzt haben – und das bei einer Bevölkerungszahl von nur knapp 17 Millionen Einwohnern. Wie das Niederländische Mediationsinstitut weiter mitteilt, entfallen 43 Prozent der ohne juristische Instanzen gelösten Streitfälle auf den Bereich Familie/Ehe, 25 Prozent auf den Sektor Arbeit und 16 Prozent auf die Wirtschaft.

Nach dem vor knapp einem Jahr von Deutschen Bundestag und Bundesrat in Kraft gesetzten Mediationsgesetz, in dem die Berufsbezeichnung „zertifizierter Mediator“ festgelegt ist, dürfen sich die Streitschlichter dieser Art allerdings nicht als solche bezeichnen. Grund ist, dass die dazu erforderliche Rechtsverordnung noch nicht existiert. Der schweren Geburt des Mediationsgesetzes gingen langwierige und tiefsitzende Meinungsverschiedenheiten in diversen Gremien voraus. Vor allem fürchteten die Juristen die Bedrohung ihrer monopolartigen Kompetenz-Position und gewiss auch Pfründe. So forderte im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages der ehemalige Vorsitzende Präsident des Oberlandesgerichts Rostock, Wilfried H. Hausmanns, als Experte bei einer Anhörung vor genau zwei Jahren, dass Mediatoren nicht „frei wie Gesangslehrer“ ihre Tätigkeit ohne Zulassungsverfahren und Zertifizierung ausführen dürfen. Aus- und Weiterbildung der Eigenverantwortung zu überlassen, sei „ungeeignet“. Offenbar sind solche Vorbehalte auf die unerwünschte Konkurrenz von „Laien“ zurückzuführen, die um den Alleinvertretungsanspruch sogenannter Volljuristen und das hohe Preisniveau bangen lassen. Hausmanns selbst gehört nämlich dem Verein Mediation M-V e. V. an, der das Mediations-Geschäft in Meckenburg-Vorpommern dominiert.
Das Stunden-Honorar bei Mediationen beträgt schätzungsweise zwischen 80 und 500 Euro. Rechtsschutzversicherungen beziffern es auf 180 Euro und die Hamburger Mediationsstelle für Wirtschaftskonflikte gibt es zwischen 150 und 350 Euro an. Ein Tageshonorar kostet den Hamburger Angaben nach zwischen 1.200 und 2.800 Euro.

Mediation ist ein Jahrtausende alte Art der Streitbeilegung, die schon von den Stammesgesellschaften in Afrika und Amerika praktiziert wurde. In den modernen USA wurden die ersten Mediationszentren von chinesischen Einwanderern gegründet. Europas Sternstunde der Mediation schlug 1648 in Münster und Osnabrück am Ende des Dreißigjährigen Krieges. Hauptakteur und Geburtshelfer der Mediation war damals der venezianische Diplomat und Ritter Alvise Contarini. In über tausend Treffen – meist Einzelgespräche – vermittelte er fünf Jahre lang zwischen den diversen Kriegsparteien, um schließlich den Westfälischen Frieden zu schließen. Sein erfolgreiches Gesprächskonzept war, jedes Gemeinwesen, das souverän war oder sich für souverän hielt, gleichberechtigt zu behandeln. ++ (ju/mgn/25.05.13 – 139)

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