Völkershausen (Rhön), 6. Dezember 2014 (ADN) Das Dorf und das Geschlecht derer von Völkershausen in der thüringischen Rhön begingen am Sonnabend ihren 800. Geburtstag. Das geht aus einem uralten von Kaiser Friedrich II. stammenden Dokument vom 6. Dezember 1214 im Staatsarchiv der hessischen Stadt Marburg hervor. Aus dieser Gegend Hessens stammt auch ein Politiker namens Bodo Ramelow, der tags zuvor im Bundesland Thüringen zum Ministerpräsidenten gewählt worden ist. Das gilt bundesweit sowohl als demokratisches Experiment als auch als historische Zäsur. Der Grund dafür:  Ramelow ist Mitglied der Partei DIE LINKE, deren Vorgängerin SED vor 25 Jahren in der damaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) abdanken musste. Er ist also seit einem Vierteljahrhundert der erste linke Regierungschef, der wieder das politische Ruder einer deutschen Administration in die Hand nehmen darf. Führende ehemalige SED-Mitglieder sollten damals ans Kreuz geschlagen werden. So forderten es  einige wutentbrannte Bürger von Völkershausen spontan während eines abendlichen und schaurigen Gottesdienstes unter freiem Himmel. Wenige Tage zuvor – am 13. März 1989 – waren die Kirche und viele Häuser ihrer Heimatgemeinde durch einen sogenannten Gebirgsschlag im Kalibergbau an der Werra zerstört worden. Rund 80 Prozent der Gebäudesubstanz waren zerstört. Auch dieses von Menschenhand verursachte Erdbeben mit dem Wert von 5,8 Punkten auf der Richterskala und der Wucht von zehn Atombomben war ein historischer Vorgang, politisch und in der Geschichte des Bergbaus. Unter Geologen, Montanexperten und anderen Sachkundigen heißt diese vernichtende Erschütterung im Erdinneren das „Völkershausen-Ereignis“. Es ist in der Ortschronik das einschneidendste nach dem Bauernkrieg. Bauern aus Völkershausen, die ihrem Lehnsherrn die Unterschrift unter die bekannten zwölf Artikel abgerungen hatten, gehörten zur Kernmannschaft des Werra-Haufens. Diese militärische Einheit zog unter der Führung von Hans Sippel aus Vacha durch ganz Thüringen, wuchs fast täglich an Mannschaftsstärke und wurde schließlich von der Koalition der Fürsten bei Bad Frankenhausen vernichtend geschlagen.

Bis in die Gegenwart sind in der Bergbauregion die negativen Folgen des alles andere als nachhaltigen Rohstoffabbaus zu spüren. Ob es sich um die Versalzung der Werra durch Kalilauge, um drohende Vergiftung der Trinkwasserreservoires oder um plötzlich eintretende sogenannte Erdfälle handelt, bei denen plötzlich Wohnhäuser in Kratern verschluckt werden. Wie diese häufig unbeachtet gebliebenen, jedoch existenziell wichtigen Probleme bewältigt werden, erwächst zum Prüfstein für Erfolg und Scheitern von Bodo Ramelow und seiner neuen Regierungsmannschaft. ++ (dk/mgn/05.12.14 – 339)

http://www.adn1946.wordpress.com, e-mail: adn1946@gmail.com, Redaktion: Matthias Günkel (mgn), adn-nachrichtenagentur, SMAD-Lizenz-Nr. 101 v. 10.10.46

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