Archive für Beiträge mit Schlagwort: Osteuropa

Comrath/Chisinau, 25. März 2015 (ADN). Die prorussische Kandidatin Irina Vlah hat die Gouverneurswahl am Wochenende in der innerhalb der Republik Moldawien gelegenen autonomen Region Gagausien mit mehr als 60 Prozent der Wählerstimmen gewonnen. Darüber berichtet der Nachrichtenblog „Sputnik Deutschland“ am Mittwoch. Die frisch gewählte Gouverneurin habe sich für eine Verbesserung  der Beziehungen mit der moldawischen Zentralregierung in Chisinau ausgesprochen.

Im vergangenen Jahr hatten 98 Prozent der Bevölkerung in einem Referendum für eine enge Hinwendung zur Russischen Förderation gestimmt. Zudem plädiert eine überwältigende Mehrheit der Gagausen für eine Zollunion mit Russland, Weißrussland und Kasachstan. Das „Mutterland“ Moldawien hat die Autonomieregion in den vergangenen beiden Jahrzehnten vernachlässigt.

Gagausien wird seit 1995 von einem direkt gewählten Gouverneur regiert, hat ein eigenes Parlament und eine eigene Verfassung. Amtssprachen sind Gagausisch, Russisch und Rumänisch bzw. Moldawisch. Das Territorium des im Süden Moldawiens liegenden Gagausiens ist nicht zusammenhängend. Es besteht aus dem Kernland um die Hauptstadt Comrath, einer „Insel“ um die Stadt Vulcaneti und zwei weiteren Enklaven. Der Osteuropa-Experte Stefan Troebst von der Universität Leipzig hält die administrativen und staatlichen Regelungen um Gaugasien für eine Musterlösung, um ethnische Konflikte zu schlichten und gewaltfrei zu normalisieren. ++ (25.03.15 – 74)

http://www.adn1946.wordpress.com, e-mail: adn1946@gmail.com, Redaktion: Matthias Günkel (mgn), adn-nachrichtenagentur, SMAD-Lizenz-Nr. 101 v. 10.10.46

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Berlin, 11. Januar 2014 (ADN). Unter der Überschrift „Keine Rede von Islamisierung !“ unternimmt die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ (FAS) am Sonntag den Versuch statistisch zu belegen, dass die Furcht ungebremster und unkontrollierter Zuwanderung aus dem Religionsgebiet des Islam unbegründet ist. Es seien zwar noch nie so viele Einwanderer nach Deutschland gekommen wie heute, jedoch stammten die meisten von ihnen aus christlich geprägten Ländern. Bei der größten Gruppe der Einwanderer handele es sich ausgerechnet um diejenige, über die am wenigsten diskutiert werde: Polen. Ihre sozialen Ähnlichkeiten deckten sich derart frappierend mit denen der Deutschen, dass der Zustrom aus ihrem Herkunftsland und sie selbst überhaupt nicht auffallen.

Auf Polen entfielen im Jahr 2013 rund 70.000 Immigranten von insgesamt 450.000 Einwanderern. Diese Zahlen aus dem Statistischen Bundesamt werden mit zusätzlichen Angaben ergänzt. „Weitere 70.000 Zuzügler kamen aus den Krisenländern  in Südeuropa – vor allem aus Italien und Spanien, in geringerer Zahl auch aus Griechenland und Portugal.  Auf diese Einwanderer sind viele in Deutschland besonders stolz. Aus den Ländern, in denen wir früher Urlaub machten, drängen die Leute auf einmal in den Norden: Nichts scheint die neue Attraktivität Deutschlands besser zu belegen. Noch dazu sind die Neuankömmlinge aus dem Süden viel besser qualifiziert als die früheren Gastarbeiter. Jeder zweite hat einen Hochschulabschluss.“ Von allen Einwanderern, die in den vergangenen fünf Jahren aus Südeuropa gekommen sind, verfügten 47 Prozent über einen akademischen Abschluss. Bei den Osteuropäern seien es immer noch 26 bis 27 Prozent. bei den einheimischen Deutschen betrage dieser Anteil jedoch nur 21 Prozent. Das bestätigt am selben Tag der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Ulrich Grillo, in einem Rundfunkinterview. Nach seinen Worten ist ein Wirtschaftswachstum vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung in Deutschland ohne Zuwanderung überhaupt nicht erreichbar.

In Bezug auf die islamisch eingefärbte Türkei ist Deutschland hingegen seit Jahren ein Auswanderungsland, so die FAS. Im Jahr 2013 zogen 27.000 Menschen aus der Bundesrepublik Deutschland in die Türkei, überwiegend Rückkehrer. ++ (mi/mgn/11.01.15 – 11)

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München/Kiew/Moskau, 5. März 2014 (ADN). Nach Meinung der Fondsgesellschaft Deutsche Asset & Wealth Management (DeAWM) ist es möglich, dass die Krim künftig nicht mehr von der Ukraine aus regiert wird, aber offiziell auch nicht von Russland. Das teilte am Mittwoch die Finanzpublikation „EXtra-Magazin“ mit. Vieles spreche für den Status einer Sonderzone unter starkem russischem Einfluss. „Ein Zahlungsausfall der Ukraine dürfte höchstwahrscheinlich vermieden werden, da die USA, Westeurpa  und der IWF Unterstützung signalisiert haben“, wird DeAWM zitiert. 

„Russland hat scheinbar mit den jüngsten Aktivitäten eine Linie gezogen, um seine strategischen Interessen im Schwarzen Meer insbesondere auf der Krim zu untermauern..“ Falls die Situation auf die Krim begrenzt bleibe und es zu keiner weiteren Intervention auf dem ukrainischen Festland komme, dürften die Finanzmärkte das Ereignis als lokal ansehen. Die Gesamtlage verheiße vor allem für russische Anlagen nichts Gutes, aber auch für die ganze Region Osteuropa einschließlich Türkei.

„Ich denke, wir haben den Tiefpunkt der Krise zwischen der Ukraine und Russland überstanden“, gab das „Wall Street Journal“ (WSJ) am Vortag den Premier der Kiewer Übergangsregierung ,Arseni Jazeniuk, wieder. Aus einem ganzseitigen Lagebericht der WSJ-Korrespondenten Paul Sonne und Allan Cullison aus der Regionalhauptstadt der Krim Simferopol geht hervor, dass die drei ukrainischen Militärstützpunkte Balaklava, Perevalnoe und Feodosia von „russischen Truppen eingekreist“ sind.  ++ (vk/mgn/05.03.14 – 064)

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Marseille/Buenos Aires, 1. Februar 2014 (ADN). Die internationale Konferenz „Die Ökonomie der Arbeiter“ endet nach zweitägigen Beratungen und Diskussionen am Sonnabend in Marseille. Das seit dem Jahr 2007 regelmäßig unter der Regie der „Offenen Fakultät“ der Universität Buenos Aires organisierte Treffen fand erstmals in Europa statt.  Tagungsort in der französischen Stadt am Mittelmeer ist die von Arbeitern besetzte Teebeutel-Fabrik Fralib. Die  Vorgängerveranstaltungen waren ausnahmslos in Lateinamerika – Argentinien, Brasilien und Mexiko – ausgetragen worden.

Zu den Aktivisten auf diesem Gebiet gehört der Sozialwissenschaftler Andres Ruggeri. Er leitet an der Universität Buenos Aires eine Arbeitsgruppe, die seit dem Jahr 2002 den Sektor „Reaktivierte Betriebe“ erforscht. Diese systematischen Untersuchungen des Wandels kapitalistisch geleiteter in selbstverwaltete Firmen begannen zu Zeiten der tiefen Krise in Argentinien vor mehr als einem Jahrzehnt. Dort gibt es aktuellen Statistiken vom November 2013 zufolge inzwischen 310 Betriebe mit Selbstverwaltungsstruktur, in denen 15.500 Arbeiter tätig sind. Wie der Sozialforscher gegenüber der Tageszeitung „neues deutschland“ (nd“) weiter erklärte, liegen aus den anderen lateinamerikanischen Staaten weniger exakte Zahlen vor. In Brasilien gebe es einer Erhebung zufolge 70 reaktivierte Betriebe mit rund 8.000 Beschäftigten. In Uruguay, wo derzeit Daten erfasst werden, ist mit etwa 30 Betrieben und rund 2.000 dort Tätigen zu rechnen. Er vermutet, dass es in den USA und in Ostasien auch Beispiele gibt, über deren Existenz jedoch wenig bis nichts bekannt ist. Zu den Chancen selbstverwalteter Unternehmen in Europa sagte Ruggeri: „Die staatlichen Institutionen sind einflussreicher, die ökonomischen und repressiven Kapazitäten der Mächtigen sind wesentlich größer.“ Die reaktivierten Betriebe in Europa entstünden oftmals aus Konflikten gegen Standortverlagerung nach Osteuropa und Asien.     

Europa hat in der jüngeren Vergangenheit wenig Erfahrung mit wirtschaftlicher Selbstverwaltung gesammelt. Eine Ausnahme ist Jugolawien. Dort wurde im Jahr 1953 die Selbstverwaltung als Eigentumsform sogar in der Verfassung verankert. Drei Jahre zuvor hatte die Tito-Regierung ein Dekret erlassen, wonach in 215 großen Kombinaten Arbeiterräte gegründet wurden. Sie durften über sämtliche innerbetrieblichen Angelegenheit mitbestimmen.

Aufgrund der Wirtschaftskrise in Südeuropa befinden sich Selbstverwaltungs- und Genossenschaftsmodelle insbesondere in Spanien, Griechenland und der Türkei im Aufwind. Sie stehen auch im Mittelpunkt eines Konferenz-Workshops in Marseille.

In Deutschland, wo genossenschaftlich im tatsächlichen Sinne und der Mitarbeiterbeteiligung verpflichtete Firmen  lediglich ein Schattendasein fristen, wurden derartige breitenwirksame Bestrebungen wirtschaftlicher Selbstverwaltung mit diversen Mitteln zum Scheitern gebracht. Als herausragendes Symbol dessen gilt die berühmt-berüchtigte Treuhandanstalt (THA). Sie machte nach der Friedlichen Revolution in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) unzählige Versuche der Betriebsbelegschaften zur Übernahme ihrer Unternehmen, zunichte. Die meisten Firmen wurden trotz hoffnungsvoller Signale zur Selbstbefreiung durch die Betriebsangehörigen einfach stillbelegt und in die Insolvenz getrieben.  ++ (sv/mgn/01.02.14 – 032)

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Leipzig, 15. November 2013 (ADN). Eins zu 50 ist ein krasses Ungleichgewicht, vergleichbar mit dem Kräfteverhältnis zwischen David und Goliath. Dass ein solch gewaltiges Missverhältnis besteht, bedauerte Georg Giradet, Koordinator einer zweitägigen internationalen Demokratiekonferenz für die Jugend, bei der Abschlussdiskussion am Freitag im Leipziger Gewandhaus außerordentlich. Es geht um Aufwand und Nutzen dieser alle zwei Jahre und nun zum dritten Mal ausgerichteten Veranstaltung. Konkret in Zahlen ausgedrückt hat ihre Organisation rund 200.000 Euro gekostet. Um ihre Ergebnisse zu verwirklichen, werden aus dem Stadtsäckel allerdings nur 4.000 Euro locker gemacht, gibt Sozialbürgermeister Thomas Fabian zu. Dieser verhältnismäßig niedrige Betrag steht nun zur Verfügung, um die von den jungen Leuten aus der Region sowie vor allem aus Ost- und Mitteleuropa erarbeiteten Ideen und Projekte zu realisieren.

Die große finanzielle Diskrepanz wurde erst in der Schlussphase der Konferenz und auf eindringliche Nachfrage aus dem Publikum offenbart. Wenn das Nachdenken und Initiieren demokratierelevanter Vorhaben der Geburt einer Maus durch einen Elephanten vergleichbar ist, muss einiges im Argen liegen. Der Verdacht, an einer Show-Veranstaltung teilgenommen zu haben, breitete sich blitzartig aus. Eine tiefe zivilgesellschaftliche Kluft zwischen Wort und Tat öffnete sich urplötzlich. In den letzten Konferenzminuten riefen daher die Veranstaltungsmoderatoren die anwesenden potenziellen Sponsoren, Förderer und Mentoren zu Unterstützungsbekenntnissen auf. Wenige taten das mit mehr oder weniger verbindlichen Zusagen.

Zu den Ausnahmen, die sich sofort an Ort und Stelle zur finanziellen Förderung bekannten, gehörte der Vorsitzende der Doris-Wuppermann-Stiftung, Klaus George. Er versprach, Förderanträge wohlwollend, rasch und unbürokratisch zu prüfen. „Bedenkenträgern“ wurde von den Moderatoren eine Abwägungsphase von zwei Wochen eingeräumt. In dieser Zeit können auch noch Projekte nachgereicht werden – zusätzlich zu den etwas mehr als ein Dutzend während der Konferenz vorgelegten. Man darf darauf gespannt sein, ob der anspruchsvolle Demokratie-Plan noch ein gutes Ende nimmt.

Die diesjährige Konferenz war in Kooperation mit dem Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung, der Bundeszentrale für politische Bildung und der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung vorbereitet worden. Schirmherr ist Bundestagspräsident, Norbert Lammert. ++ (dk/mgn/15.11.13 – 313)

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Berlin, 7. November 2013 (ADN). Der am Donnerstag veröffentlichte Bericht des internationalen „Netzwerks Steuergerechtkeit“ (TJN – Tax Justice Network) stuft Deutschland als eines der weltweit größten Schattenfinanzzentren ein. Danach steht die Bundesrepublik auf Platz acht von 82 Ländern und rangiert in dem alle zwei Jahre publizierten Rapport unter den „schädlichsten Schattenfinanzzentren der Welt“. Im Antigeldwäsche-Index des International Centre for Asset Recovery belegt Deutschland im Jahr 2013 mit dem Wert 5,8 nur Platz 78 von 149 Staaten. Die Skala reicht vom Wert 0 (niedrigstes Risiko) bis zum Wert 10 (hohes Risiko).

„Durch seine zentrale Lage zwischen Ost- und Westeuropa ist Deutschland ein idealer Handelsplatz“, heißt es in dem Bericht. Für die organisierte Kriminalität verkörpere es einen günstigen Ort für Geldwäsche, „da es kaum öffentliche Sensibilität für die Präsenz mafiöser Strukturen gibt“. Kriminelle Vereinigungen seien somit weitgehend unbemerkt sehr aktiv. Zitiert wird die Vorsitzende der europäischen Anti-Mafia-Kommision, Sonja Alfano. Nach ihren Worten fungiert Deutschland als „zweite Heimat“ für die kalabresische ‚Ndrangheta, die „wiederum mit mexikanischen und kolumbianischen Drogenkartellen zusammenarbeitet und anscheinend auch deren Gelder wäscht.“

In einem Kapitel werden Aktivitäten deutscher Banken im Ausland in Verbindung mit Geldwäsche, organisierter Kriminalität und Korruption behandelt. Dort ist zu lesen: „Wie sich zeigt, bestehen im Bereich Geldwäschebekäpfung in Deutschland große Defizite.“ Schätzungen zufolge werden jährlich in Deutschland Geldsummen zwischen 29 und 57 Milliarden Euro gewaschen, die aus Erlösen von Straftaten stammen.

Die Autoren des Dokuments formulieren außerordentlich düstere Aussichten. „Wenn die neue Bundesregierung keine mutigen und zukunftsweisenden Entscheidungen trifft, wird Deutschland als Schattenfinanzzentrum in Zukunft noch mehr illegale und illegitime Finanzströme anziehen.“ Ungewiss ist, ob dem die neuen Berliner Regenten in Sachen Kapitalflucht, Geldwäsche und Steuervermeidung auf nationaler und internationaler Ebene gerecht werden können. Äußerst skeptisch zeigt sich ein Kommentator der „Süddeutschen Zeitung“. Wahrscheinlicher sei es, dass sich das Finanzministerium auf das Anwerfen der Dementiermaschine beschränkt. „Ausgerechnet das Land der ökonomischen Besserwisser erweist sich bei der Bekämpfung der organisierten Finanzkriminaltät als Bananenrepublik, die Gangsterbanden aus aller Welt das Geschäft erleichtert,“ bedauert Claus Hulverscheidt unter der Überschrift „Deutschland, ein Waschsalon“.

Der Rapport basiert auf wissenschaftlichen Untersuchungen, Medienberichten, eigenen Recherchen und Anfragen an Behörden im In- und Ausland sowie Gesprächen mit Geldwäscheexperten und zivilgesellschaftlichen Organisationen. ++ (kr/mgn/07.11.13 – 305)

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Luxemburg/Zürich/Den Haag, 3. September 2013 (ADN). Die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) feierte am Dienstag ihren 60. Geburtstag. Mit dem Beitritt Luxemburgs, das am 3. September 1953 als zehnter Staat das Dokument unterzeichnete, wurde das heute in 47 Staaten gültige Vertragswerk zur verbindlichen Rechtsgrundlage.

Zu den bekannten Protagonisten der EMRK gehörte seinerzeit der britische Premierminister Sir Winston Churchill. In einer historischen Rede an die akademische Jugend beschrieb er an der Universität Zürich im September 1946 die Vision eines einigen Kontinents und der Vereinigten Staaten von Europa. Anderthalb Jahre später – im Mai 1948 – forderte Churchill in Den Haag die europäische Einheit nicht als Bewegung von Parteien, sondern von Völkern. Getroffen hatten sich in der Schweiz im Ergebnis privater Initiativen mehr als 700 Vertreter aus fast 50 eurpäischen Staaten zu einem Europakongress. Churchill wuchs letztlich die von ihm protegierte Idee über den Kopf und er ruderte sichtlich soweit zurück, dass Großbritannien und später auch die USA die Verankerung wirtschaftlicher und sozialer Rechte in der 1948 von der UNO verabschiedeten Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) blockieren wollten. Das wiederum wusste der französische Jurist, Diplomat und Erzieher Rene Cassin, der maßgeblich zu den Textentwürfen der AEMR und der EMRK beigetragen hatte, zu verhindern. Der Mitstreiter von General Charles de Gaulle wurde dafür mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Zudem war er selbst von 1960 bis 1968 Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EuGHMR) in Straßburg, bei dem jede Person ihre in der EMRK zugesicherten Rechte einklagen kann. 1969 gründete Cassin in der elsässischen Metropole das nach ihm benannte Internationale Menschenrechtsinstitut.

Die Bundesrepublik Deutschland (BRD) trat im Jahre 1952 der EMRK bei. Die Ratifizierung charakterisierte der prominente SPD-Politiker Carlo Schmid als einen außerordentlichen Fortschritt im Vergleich zu dem bisher geltenden Recht. Er erklärte: „Sämtliche beteiligten Staaten beschließen, dass in ihrem Staatsgebiet sämtliche Menschen einen bestimmten Mindeststandard von Grundrechten genießen sollen. Und darüber hinaus wird die Garantie dieser Verpflichtung nicht ausschließlich den nationalen Gerichten anheim gegeben, sondern internationalen Instanzen.“

Derzeit stehen etwa 820 Millionen Menschen unter dem Schutz der Europäischen Menschenrechtskonvention. Außer Weißrussland haben alle euröpäischen Staaten den Vertrag unterzeichnet. Inzwischen ist die Zahl der Gerichtsverfahren, die in Straßburg auf der Grundlage der Konvention geführt werden, rasant gestiegen. Waren es anfangs lediglich um die hundert Anträge, so belief sich 1999 ihre Zahl auf 8.000. Im vergangenen Jahr wurden 65.000 Anträge gestellt. 70 Prozent der Beschwerden stammen aus Zentral- und Osteuropa, zehn Prozent aus der Türkei und 20 Prozent aus West-, Nord- und Südeuropa. Ein Kardinalmangel der am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gefällten Feststellungs- und Schadenersatzurteile bleibt nach wie vor, dass deren Umsetzung von der Bereitwilligkeit des jeweiligen Staates abhängt. ++ (mr/mgn/03.09.13 – 241)

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Comrat/Zürich, 21. Mai 2013 (ADN). Die rund 150.000 Bewohner Gaugasiens bilden eine Minderheit im Süden der Republik Moldau. Die Angehörigen dieses Turkvolkes genießen weitreichende Autonomierechte, schreibt die „Neue Zürcher Zeitung“ (NZZ) am Wochenende. Sie zitiert Gaugasiens Regierungschef, Michail Formuzal, dessen Amtsbezeichnung „Baschkan“ lautet. „Was wir anstreben, ist eine Art Schweizer Modell“, erklärte der 54jährige in dem ausführlichen Presseartikel. Da er selbst in Genf Politologie studiert hat und ihm die schweizerischen Staatstrukturen aus eigener Anschauung bekannt sind, ist das Vorhaben durchaus realistisch und Ernst zu nehmen. Es ist keine nebulöse Fiktion, denn offenbar funktioniert der Plan. Größere innen- und außenpolitische Reibungen gibt es nicht. Ansonsten hätte die europäische Öffentlichkeit längst ihre sensiblen Antennen ausgefahren, um über vorhandene oder nicht existente Konflikte zu berichten.

NZZ-Korrespondent Rudolf Hermann hält Toleranz für den Schlüssel zum Zusammenleben in der ethnisch und sprachlich vielfältigen Republik Moldau. Er stellt fest: „Die gaugasischen Selbstverwaltungsorgane geniessen Kompetenzen, die in den generell zentralstaatlich organisierten Ländern Osteuropas für eine Regionalexekutive ausserordentlich breit sind. Mit Ausnahme der Aussen- und Sicherheitspolitik sowie der Justiz kann in Comrat, der gaugasischen Hauptstadt, alles selber entschieden werden, einschliesslich der Steuererhebung. Dass die Gaugasen diese extensiven Rechte haben, hängt mit der komplizierten Entstehungsgeschichte der Republik Moldau nach dem Zerfall der Sowjetunion zusammen.“ Schließlich hätten sich die Gaugasen mit der moldauischen Zentralregierung in Chisinau auf eine Autonomieregelung geeinigt. Während die Zentralregierung in Chisinau die Abnabelung von Moskau und die Integration in die EU vorantreibe, sehe Baschkan Formuzal sein Land politisch lieber neutral. Eine Annäherung an Brüssel soll sich auf die Wirtschaft beschränken, damit die nationale Unabhängigkeit gewahrt bleibt. Formuzal habe sich zwar diplomatisch ausgedrückt, wähle jdoch die Worte mit Bedacht. So schimmere klar genug hindurch, dass in Gaugasien der Blick eher nach Moskau denn Brüssel gerichtet ist. ++ (vk/mgn/21.05.13 – 135)

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Paris/Bukarest/Duisburg, 26. April 2013 (ADN) Sinti und Roma sind europaweit in Bewegung. Nicht erst seit heute und gestern, sondern schon seit Jahrhunderten.Waren sie damals bereits ausgegrenzt und erhielten meist nur zeitweilige Aufenthalte an den Siedlungsrändern und vor den Stadttoren genehmigt, so ist es heute nicht anders. Nur die benutzten Vokabeln, mit denen die Diskriminierung dieser Bevölkerungsgruppen beschrieben wird, verbrämen die kontinuierliche Verletzung der Menschenrechte von Sinti und Roma mit sanft und freundlichen klingenden Worten.
Tatsächlich werden die allgemein als Armutsflüchtlinge Bezeichneten regelrecht von einem Land ins andere ge- und vertrieben. Musterhaft und besonders publik ist in Europa das Beispiel von Roma, die permanent zwischen Rumänien und Frankreich pendeln. De facto ist diese brutale Menschenschieberei ein Produkt des europäischen Vereinigunsprozesses, der einseitig an grenzüberschreitenden Wirtschafts- und Finanzinteressen orientiert ist. Ungelöste Problemknäuel werden in Deutschland bei den Strukturen abgeladen, die sich kaum wehren. Dazu zählen die deutschen Kommunen, die sich demütigen lassen und ihre Selbstverwaltungspotenziale einfach nicht nutzen. Fehlende Finanzmittel sind das Hauptmanko.Eines von vielen Beispielen ist die Stadt Duisburg in Nordrhein-Westfalen. Dorthin sind inzwischen rund 7.000 Armutsflüchtlinge aus Rumänien und Bulgarien gekommen.

Bundesweit stieg die Zuwanderung aus diesen beiden Balkanländern im ersten Halbjahr um 24 Prozent. Wenn im Jahr 2014 die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit in Kraft tritt, rechnet Bundesarbeitsagenturchef Frank-Jürgen Weise mit einer Flut von 120.000 bis 180.000 Zuzüglern aus Rumänien und Bulgarien. Laut Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung sind sie wenig gebildet und auf dem Arbeitsmarkt kaum vermittelbar. Die Kommunen sind in Angst. Mit der Zuzugswelle werden die Sozialleistungen für diese Gruppen explodieren. Dortmund rechnet mit Mehrausgaben in Milliardenhöhe. Der Oberbürgermeister von Duisburg, Sören Link, nennt eine konkrete Zahl: Ein Schulkind kostet pro Jahr rund 1.600 Euro. 1.200 Kindern aus Bulgarien und Rumänien hat die Stadt seit 2007 den Schulunterricht ermöglicht. Macht rund 11,5 Millionen Euro, die Duisburg nicht hat. Das ist auch Folge der stiefmütterlichen Behandlung durch den Bund. Seit 1999 wurden benachteiligte Stadtteile aus der Bundeskasse unterstützt. Doch seit 2010 hat die Bundesregierung die Fördersumme mit derzeit knapp 40 Millionen Euro mehr als halbiert.
Dennoch wird den klammen Kommunen nur der Weg der Integration bleiben, denn die Sinti und Roma leben in ihren Heimatländern in unbeschreiblichem Elend – ohne Kanalisation, ohne Gesundheitsvorsorge und ohne Bildungschancen, zitiert die Tageszeitung „Die Welt“ den Leiter des Kultur-und Jugenddezernats von Duisburg, Karl Janssen. „Wenn ich dort leben müsste, würde ich auch abhauen.“ Nun konzipiert Duisburg ein Integrationsprogramm, das inhaltlich einem Lichtblick aus Berlin folgt. In der Harzer Straße 15 der Bundeshauptstadt hat die Aachener Siedlungsgenossenschaft einen verwahrlosten Häuserkomplex saniert. Dort wohnen jetzt 80 Roma-Familien. Alle Kinder besuchen die Schule. Eine erste Abiturientin beginnt demnächst mit dem Medizinstudium.

Von den sieben bis zehn Millionen weltweit lebenden Roma leben 1,45 bis 4,3 Millionen in Osteuropa. In Deutschland halten sich offiziellen Angaben zufolge etwa 70.000 Roma mit deutscher Staatsangehörigkeit auf. Es sind die Nachfahren der historischen Zuwanderer der vergangenen 600 Jahre. ++ (so/mgn/26.04.13 – 111)

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Berlin, 12. Dezember 2012 (ADN).  Rentenansprüche aus Ghetto-Arbeit standen am Mittwoch im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales zur Diskussion. Zwölf Experten gaben bei der öffentlichen Anhörung ihre Sachkommentare zu Rentenansprüchen ab, die bei der Beschäftigung und Arbeit in Ghettos während der nationalsozialistischen Zeit entstanden sind. Anlass der Sitzung waren Anträge von drei Oppositionsparteien, die auf die rückwirkende Auszahlung solcher Renten ab dem Jahr 1997 hinauslaufen. Das verweigerten die damit befassten Bundesregierungen bislang weitgehend. Hintergrund ist, das das Bundessozialgericht 23.818 Holocaust-Überlebenden im Jahr 2009 einen Rentenanspruch zuerkannt hat. Wie es in einer Parlamentskorrespondenz des Deutschen Bundestages weiter heißt, haben die Anspruchsteller entsprechende Zahlungen erst ab dem Jahr 2005 bekommen, obwohl das vor zehn Jahren verabschiedete „Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto“ (GZRBG) eine Geldauskehr ab 1997 vorsieht. Die Ausrede der Bundesregierung für ihre Verweigerungshaltung lautet, das Sozialrecht beinhalte ein maximale Rückwirkung von vier Jahren.

Der Vertreter des Center of Organization of Holocaust Survival in Israel, Uri Chanoch, berichtete zu Beginn der Ausschuss-Sitzung über seine Erfahrungen im Ghetto. Es habe sich nicht um Zwangsarbeit gehandelt, denn „wir wollten arbeiten“. Diese Unterscheidung ist maßgeblich, weil nach bundesdeutschem Recht Rentenansprüche nur durch freiwillige Arbeit entstehen.  Deswegen ist auch eine rentenrechtliche Lösung der Vorrang vor einer Entschädigungsleistung zu geben, erklärte der Sozialrichter Jan-Robert von Renesse aus Essen. Diese Variante ist nach Auffassung des Einzelsachverständigen auch die am wenigsten aufwendige.

Die Vertreter der Deutschen Rentenversicherung, Christoph Skipka und Franz Ruland, beharrten jedoch auf Einmalzahlungen als Entschädigung, die an das Lebensalter gekoppelt ist. Ähnlich äußerte sich ein Vertreter des Bundes Deutscher Sozialrichter.

Der Historiker Stephan Lehnstaedt vom Deutschen Historischen Institut Warschau sieht den Grund für die restriktive Haltung des bundesdeutschen Gesetzgebers und der Versicherung in geschichtlicher Unkenntnis und finanziellen Engpässen. In einem Rundfunkinterview bemängelte er, dass die zuständigen Verantwortlichen der Rentenversicherung nur acht Bücher zu dem Problemkreis gelesen haben und damit glauben, genug über das Funktionieren von Ghetto-Arbeit zu wissen. Zudem seien sie lange von einer Bestandszahl von 400 Ghettos in Osteuropa ausgegangen. Die mit der Materie befassten Historiker, die im Übrigen nie von den Rentenversicherern zu Rate gezogen worden sind, hätten in diesem Bereich die Existenz von 1.150 Ghettos – also fast die dreifache Zahl – nachgewiesen. Lehnstaedt bezifferte die Zahl der bis etwa 2005 eingegangenen Renten-Anträge auf etwa 70.000. Nach dieser ersten Runde seien in den vergangenen zehn Jahren noch einmal bis zu 15.000 Anträge dazu gekommen.  Dabei gehe es jeweils um eine monatliche Rentenzahlung zwischen 150 und 200 Euro.

Inzwischen gewinnt der Konflikt eine auffällige internationale Dimension, denn Betroffene haben eine Sammelklage in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) angekündigt. ++ (zw/mgn/12.12.12 – 351)

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