Jena, 29. Mai 2014 (ADN). Das im Volksmund Männer-, Herren- oder Vatertag genannte Himmelfahrtsfest zog trotz kühlen und regnerischen Wetters am Donnerstag Tausende zu Ausflügen auf Straßen und Wege durch Wald und Flur. In Thüringen, wo nach Angaben der „Ostthüringer Zeitung“ vom Vortag 970.000 Männer im Alter von 15 Jahren und mehr leben, gehört Jena und seine reizvolle Umgebung zu den traditionellen Himmelfahrts-Pilgerstätten. Besonders beliebte Anlaufpunkte der fröhlichen und bierseligen Trupps sind dort das Restaurant „Am Jenzig“ und der in luftiger Höhe über der Stadt gelegene Fuchsturm mit seinem angegliederten Lokal, in dem Oldie-Bands trotz des ungemütlichen Wetters zum Tanz im Freien aufspielten. Auffällig ist, dass an dem regen Treiben immer mehr Frauen und ganze Familien teilnehmen. Der Fuchsturm und seine Aussichtspunkte bieten neben dem ausgezeichneten Rundblick auf die alte Universitätsstadt auch interessante Sachzeugnisse in die Geschichte Thüringens.
Neben den zahlreichen von Studenten diverser Matrikel und Fakultäten aufgestellten Gedenktafeln gewähren am Fuchsturm viele eindrucksvolle Erinnerungssteine aufschlussreiche Blicke auf das einst stark ausgeprägte kommunale Selbstverwaltungssystem der Region. Sie sind aus dem Material hergestellt, das ortstypisch für die jeweilige Gemeinde ist, derer auf einem bewaldeten Plateau gedacht wird. Die mit Moos bedeckten Naturquader stammen beispielweise aus den Ortschaften Greußen (Westthüringen) , Friedrichroda (Thüringer Wald) und Rupperg (Südthüringen bei Wasungen). Das sind Berg-, Burg- und Wald-Gemeinden, die seinerzeit in einem Thüringer Bund zusammengefasst waren und deren Geschichte von der im Jahr 1861 gegründeten Fuchsturmgesellschaft Jena wach gehalten wird. Meist weiß die heutige Bevölkerung dieser Siedlungen nichts über diese stolze, von Selbstständigkeit dominierte Vergangenheit, die von wirtschaftlicher Unabhängigkeit und Prosperität sowie von hoher kommunaler Souveränität bestimmt war – also ganz im Gegensatz zum gegenwärtigen Zustand höchster administrativer und finanzieller Abhängigkeit der Städte und Gemeinden von äußeren Umständen und Mächten. Der Berg Jenzig als Basis der gleichnamigen Gemeinde wird bereits im Jahr 1157 von Friedrich I. – Barbarossa – als „gar trefflicher Weinberg“ bezeichnet. Aus dieser Zeit stammt der vielsagende Spruch: „Wer einen Weinberg am Jenzig, einen Garten auf der Insel, ein Haus hat am Markt, neun Arkker im Feld und 300 Gulden im Kasten – der kann ein Bürger von Jena wohl bleiben.“
Der Thüringer Bund der Berg-, Burg- und Waldgemeinden (TBBWG) wurde im Jahr 1921 in Waltershausen gegründet, 1945 durch die sowjetische Militärverwaltung aufgelöst und 2001 in Jena wieder gegründet. ++ (km/mgn/29.05.14 – 148)
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