Berlin, 4. August 2014 (ADN). Die Spannungen zwischen Kapitalismus und Demokratie sind immens gestiegen. Das resümieren der Direktor der Abteilung Demokratie und Demokratisierung im Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB), Wolfgang Merkel, und der Historiker Jürgen Kocka in einem Beitrag der jüngsten Printausgabe der WZB-Mitteilungen. Wachsende ökonomische Ungleichheit bedrohe das Prinzip der politischen Gleichheit – mit fatalen Folgen für die Verlierer der Globalisierung. „Die Entterritorialisierung wirtschaftlicher und wirtschaftspolitischer Entscheidungen in inter- und supranationalen Zusammenhängen ist zu einem Problem für die Demokratie geworden, die ja weiterhin in nationalstaatlichen Räumen stattfindet,“ schreiben die Autoren. Parlamente verlören Einfluss in der parlamentarischen Gesetzgebung und in der Kontrolle der Exekutive. Im Extremfall würden sie zu bloßen Ratifikationsinstanzen voher getroffener Entscheidungen der Regierungen.
Das eigentliche Problem ist nach Auffassung von Kocka und Merkel, dessen Buch „Ist die Krise der Demokratie eine Erfindung ?“ noch in diesem Sommer erscheint, die mit der ansteigenden Wahlenthaltung einhergehende soziale Selektivität. „Die unteren Schichten steigen aus der politischen Beteiligung aus, die mittleren und oberen Schichten bleiben“, so stellen sie fest. Beispielhaft dafür werden die Präsidentschaftswahlen in den USA genannt. Dort verfügen 80 Prozent derjenigen, die ihren Wahlwillen bekundeten, über ein Haushaltseinkommen von 100.000 US-Dollar und mehr. Dagegen äußerten nur ein Drittel der Bürger ihre Wahlabsicht, die lediglich nur bis zu 15.000 US-Dollar jährliches Haushaltseinkommen aufweisen. Diese „amerikanische Krankheit der Unterschichtsexklusion“ hat nach Ansicht der beiden Wissenschaftler auch Europas Wähler befallen. Das politische Gleichheitsprinzip werde auf der Partizipations-, Repräsentations- und Policy-Ebene ausgehöhlt. ++ (dk/mgn/04.08.14 – 215)
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