Zürich, 1. Dezember 2013 (ADN). Während die Bevölkerungen in den Ländern der Europäischen Union (EU) einen immer stärkeren Mangel an direkter Demokratie beklagen, erlebt die Schweiz derzeit eine kaum noch überschaubare Schwemme an Volksinitiativen. Wie die „Neue Zürcher Zeitung“ am Sonntag mitteilt, stecken mehr als 30 Volksinitiativen in allen möglichen Politikbereichen in der Pipeline. Die exponentiell wachsende Zahl an Volksbegehren binde nicht nur Ressourcen bei Behörden und milizmäßig organisierten Parteien, sie strapaziere letztlich auch die Verarbeitungskapazitäten der Stimmbürger. Als noch problematischer im Vergleich zur schieren Menge an Initiativen sei jedoch die sich wandelnde Funktion dieses Volksrechts zu betrachten. Während lange Jahrzehnte Initiativen zumeist chancenlos gewesen seien und in erster Linie als kreative Impulse für die konsensual ausgerichtete Politik wirkten, diene dieses demokratische Instrument heutzutage immer mehr als Vehikel der Parteipolitik im Wettbewerb um die Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit.
Der Beitrag unter der Überschrift „Ausgereizte Volksrechte“ befürchtet Missbrauch durch die politischen Eliten, die sich auf diese Weise weniger um tragfähige Lösungen für die Probleme kümmern, deretwegen sie von den Wählern beauftragt worden sind. Darauf sollten sie sich aber vor allem konzentrieren. Darin sei das probateste Mittel gegen „Initiativenflut“ zu sehen. Es handele sich im Übrigen um einen hausgemachten Funktionswandel. „Ursprünglich als Korrektiv in den Händen von Minderheiten gegen übermächtige Eliten geschaffen, sind die Volksrechte umgekehrt selber zu zentralen Instrumenten einer zerfransten Machtpolitik geworden,“ bedauert abschließend die Schweizer Tageszeitung. ++ (dk/mgn/01.12.13 – 329)