Archive für Beiträge mit Schlagwort: Publizist

Zürich, 5. September 2013 (ADN). „Wenn Dein Vater Zeit findet, soll er am Abend zu mir kommen und 19, 10 Mark mitbringen.“ Mit diesem verschlüsselten Satz charakterisiert Werner Gumpel aus Gliching in einem, in der aktuellen Ausgabe der Schweizer Wochenzeitung „Zeit-Fragen“ veröffentlichten Leserbrief die Situation während des Zweiten Weltkriegs. Auf diese Weise fanden viele Hörer – trotz strengen Verbots durch die Nationalsozialisten – jeden Freitag abend um 19 Uhr zum Sender Radio Beromünster und zu einer der Radiostationen der Freien Welt, um regelmäßig in den Genuss von weitghend wahrheitsgetreuen Informationen und Beurteilungen zu gelangen. Die Wochenzeitung hatte in einigen ihrer Vorausgaben eine Artikelserie über den renommierten Autoren Jean Rudolph von Salis publiziert, der im Hörfunk des Schweizer Senders das Publikum auch in Deutschland, Österreich und Polen wegen seiner realistischen, verständlichen und propagandafreien Berichte zum politischen Geschehen an die Radiogeräte lockte.

Im Mittelpunkt der Zuhörer standen die Radiokommentare des Professors unter dem Titel „Weltchronik“ in den Kriegsjahren 1939 bis 1945. Sie wurden anlässlich des 100. Geburtstages des Historikers, Schriftstellers und Publizisten im Dezember 2001 von der „Neuen Zürcher Zeitung“ (NZZ) mit dem Satz charakterisiert: “ Im Radius des Mittelwellensenders Beromünster wurde Salis mit seinem ruhigen, aus heutiger Sicht spröde anmutenden Lageberichten zur intellektuellen Instanz.“ In den dunklen Kriegsjahren wurde diese Sendung zur symbolischen Stimme, die im Herzen Europas Freiheit und Unabhängigkeit verkündete. Dank vielfältiger Kontakte zu Diplomaten im In- und Ausland ist es dem berühmten Publizisten gelungen, ein recht genaues Bild über das Kriegsgeschehen zu vermitteln. Dieser Einschätzung von „Timeline – Die Schweiz in der Welt“ beruht gewiss auch auf der objektiven und interessenfreien Grundhaltung und Sichtweise von Jean Rudolph von Salis. Er selbst bestätigt das mit einer undatierten Notiz seines Nachlasses, die von der NZZ zitiert wird: „Aber wo stand ich politisch ? Früh schon beeindruckte mich die Erkenntnis, dass ich zu keiner Partei mich vorbehaltlos bekennen, keiner politischen Doktrin mich mit voller Überzeugung verschreiben konnte.“
Angesichts des wachsenden Heeres der Nichtwähler in den derzeitigen und überholten Parteisystemen ist das ein Vorbild dafür, wie moderne Gesellschaften konzipiert und gestaltet werden können. ++ (md/mgn/05.09.13 – 243)

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Köln, 21. September 2012 (ADN). Der ehemalige französische Präsident Charles de Gaulle hätte über die heutige Europäische Union (EU) folgendermaßen geurteilt: zu viel, zu viele, zu schnell. Das erklärte am heutigen Freitag der Dolmetscher des seinerzeitigen Staatsoberhaupts von Frankreich, Hermann Kusterer, im Deutschlandfunk anlässlich der Treffen zwischen de Gaulle und Adenauer im September vor 50 Jahren. Nach den Worten von Kusterer gebe es keinerlei Vertiefung der europäischen Vereinigung, sondern nur ein zusammengewürfeltes Sammelsurium.

Der 84jährige Sprachexperte, der in seinem im Jahr 1995 erschienenen Buch „Der Kanzler und der General“ Details über das spezielle Verhältnis der beiden Spitzenpolitiker schildert,  hatte im Mai dieses Jahres aus den Händen des frnzösischen Botschafters in Deutschland, Maurice Gourdeault-Montagne, die Insignien eines Offiziers der Ehrenlegion überreicht bekommen.

Ein anderer Intim-Kenner der Politik de Gaulles – der Schweizer Historiker und Publizist Jean-Rodolphe di Salis – berichtet über den französischen Präsidenten in seinem Buch „Kriege und Frieden in Europa“ über dessen Grundauffassungen. Staatsformen, Gesellschaftsstrukturen und Ideologien sind nach Auffassung von de Gaulle nur äußere Gewänder, die sich Staaten und Völker im Laufe der Geschichte überwerfen. Ihre Wurzeln und permanenten Interessen seien allerdings stärker als alle Umwälzungen und selbst die revolutionären Strömungen zwängen sie allmählich wieder in das Bett ihrer nationalen Geschichte. Das von de Gaulle vehement  verteidigte „Europa der Vaterländer oder der Staaten“ sollte vom Atlantik bis zum Ural reichen.

In der konservativen Schweizer Publikation „Weltwoche“, deren Autor di Salis zeit seines Lebens war, berichtete er in der Ausgabe vom 28. April 1967 über seine Begegnungen mit dem 90jährigen Konrad Adenauer. Befragt nach seinem Vertrauen und der Weisheit amerikanischer Politik sagte der Altkanzler wörtlich: „Weisheit der Amerikaner ? Sie sind vollständig unfähig, etwas von Europa zu verstehen.“ ++ (pl/mgn/21.09.12 – 269)

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