Archive für Beiträge mit Schlagwort: Rationalität

Rom/Zürich, 28. Mai 2013 (ADN). Man muss kämpfen, um zu leben, und häufig, um nicht einmal würdevoll zu leben. Ursache dessen ist, dass wir die Herrschaft des Geldes über uns und die Gesellschaft akzeptieren. Diese Ansicht äußerte Papst Franziskus anlässlich der Akkreditierung der neuen Botschafter aus Kirgistan, Antigua und Barbuda, Luxemburg und Botswana beim heiligen Stuhl. So lasse die derzeitige Finanzkrise die Menschen vergessen, dass es sich im Wesen um eine anthropologische Krise handelt, bei der das Primat des Menschen negiert wird. Die Anbetung des goldenen Kalbes habe ein neues und grausames Bild gefunden. Dem Fetischismus des Geldes und der Diktatur der gesichtslosen Wirtschaft mangele es an wirklich menschlichen Zielen und Zwecken. Der Mensch werde auf den Konsum als einziges Bedürfnis reduziert. Schlimmer noch, der Mensch selbst werde als Konsumgut betrachtet, das man benutzen und wegwerfen kann.

Der Pontifex weist in der von der Schweizer Wochenzeitung „Zeit-Fragen“ abgedruckten Rede darauf hin, dass dieser, zudem noch geförderte Irrweg auf individueller und gesellschaftlicher Ebene anzutreffen ist. In diesem Kontext werde die Solidarität, die der Schatz der Armen ist, häufig als kontraproduktiv betrachtet, als Widerspruch zur finanziellen und wirtschaftlichen Rationalität.

„Während das Einkommen einer Minderheit exponentiell steigt, vermindert sich das Einkommen der Mehrheit. Dieses Ungleichgewicht entspringt Ideologien, die die absolute Autonomie der Märkte und der Finanzspekulation unterstützen und so den Staaten das Recht der Kontrolle verweigern, obwohl diese doch die Aufgabe haben, für das Gemeinwohl zu sorgen“, sagte Franziskus wörtlich. Es werde eine neue unsichtbare, zuweilen virtuelle Tyrannei geschaffen, die einseitig und ohne mögliche Abhilfe ihre Gesetze und Regeln oktroyiert. Hinzu komme eine sich rasch ausbreitende Korruption und egoistische Steuerhinterziehung mit globalen Dimensionen. ++ (kr/mgn/28.05.13 – 142)

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Berlin/Köln, 5. April 2012 (ADN). Über Jahrzehnte haben sich die Wirtschaftswissenschaften in ihrer Disziplin eingekapselt und so die Ökonomisierung aller Lebensverhältnisse vorangetrieben. Das erklärte der Wirtschaftsethiker Ulrich Thielemann am heutigen Donnerstag im Rundfunk. Ökonomen aller Lager hätten das Kapital stets hofiert, statt es zu bändigen. Beleg für das Versagen der traditionellen Wirtschaftswissenschaften sei die Krise des Euro sowie der Niedergang der Finanbranche. Es mangele der ökonomischen Disziplin an Wissenschaftlichkeit. Sie lasse nur noch eine Meinung zu und beachte Gegenmeinungen gar nicht mehr. Durch solches paradigmatisches Einkapseln degeneriere eine Wissenschaft zur Unwissenschaftlichkeit. Das Ökonomie-Studium gleiche einer Gehirn-Wäsche.

Nach Meinung von Thielemann wirkt das Kapital auf die Realwirtschaft wie eine Peitsche. Es diene nicht der Realwirtschaft, sondern übe Druck auf sie aus. Die ständigen Bekenntnisse, das Kapital und die Finanzbranche zu bändigen, sind hohl. Es ist schlicht nichts passiert, sagte Thielemann im Deutschlandfunk. Im Gegenteil: das Kapital werde heute hofiert durch die Europäische Zentralbank (EZB), die den Banken Milliardensummen schenkt. Was daraus folgt, sei völlig unklar.

Thielemann ist Direktor des MeM. Die Abkürzung steht für „Menschliche Marktwirtschaft“. Mit einer Initiative will der Wirtschaftsethiker die Wirtschaftswissenschaften erneuern. Markt, Marktlogik, Rationalität und Effizienz sind nach seiner Auffassung ethisch höchst fragwürdige Kernbegriffe. Dies müsse geändert werden..Die Nähe und Verflechtung zwischen ökonomischen Wissenschaften und Sozialwissenschaften sei wieder herzustellen. Das ist auch Teil eines Memorandums, um einen entsprechenden Wandel zu erreichen . Es wurde inzwischen von weiteren Ökonomie-Dozenten unterzeichnet. Der jahrzehntelange Tanz der Wirtschaftswissenschaftler um das goldene Kalb des Kapitals soll nach dem Willen der Berliner Wirtschaftsethiker ein Ende nehmen. ++ (wi/mgn/05.04.12 – 98)