Archive für Beiträge mit Schlagwort: Rudolf Augstein

Leipzig, 23. April 2015 (ADN). Die juristischen Hürden für kritischen Journalismus sind immer höher geworden. Das stellte der langjährige Auslandskorrespondent für ARD und ZDF sowie ehemalige Leiter des kritischen Fernsehmagazins „Frontal 21“, Claus Richter, am Donnerstag in Leipzig vor Journalistik-Studenten der Universität Leipzig in einer Gesprächsrunde abschließend fest. Besonders schwierig würden die Zeiten für freie Produzenten, denen keine Rechtsabteilung eines Senders oder Verlages beisteht. Allerdings habe er selbst sich Schritt für Schritt mit Presserecht beschäftigt und damit etwas unabhängiger vom ZDF-Justiziariat gemacht. Letztlich habe er drei Verleumdungsklagen überstanden, die am Ende von Oberlandesgerichten entschieden worden sind. Fast jede dritte Sendung bei „Frontal 21“ habe juristische Auseinandersetzungen zur Folge gehabt. Manche gegnerischen Medienanwälte hätten sich bereits gegen bestimmte Recherche-Methoden verwahrt und schon vorab untersagen wollen, etwas zu veröffentlichen. Wie junge Journalisten, die Karriere machen wollen, damit umgehen, wisse er nicht.

Nach Auffassung von Richter, der gegenwärtig als Professor an der HFF München tätig ist, haben Meinungen im kritischen Journalismus keinen Platz. Auf Gefahren hin angesprochen zitierte er den Spiegel-Herausgeber Rudolf Augstein, der sein Nachrichtenmagazin seinerzeit noch mit britischer Lizenz herausgab. Er fürchtete für den „Spiegel“ darum, „dass er das Interessante zulasten des Wichtigen bevorzugt.“

Eine heftige Auseinandersetzung entspann sich mit einem Diskutanten, der den öffentlich-rechtlichen Medien vorwarf, über die Ukraine-Ereignisse nicht objektiv zu berichten. Es habe sich um Ermunterung zur Aufrüstung und Kriegshetze wie vor dem Ausbruch des Ersten und Zweiten Weltkriegs gehandelt. Richter wies dies „schärfstens“ zurück und stufte solche Aussagen als Ideologie ein. Allerdings gab er zu: „Auf dem Maidan blieben viele Fragen unbeantwortet.“ ++ (me/mgn/23.04.15 – 94)

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Leipzig, 29. Januar 2015 (ADN). Es ist nicht problematisch, wenn Rechtsextremisten mit anderen auf die Straße gehen. Unter den 10.000 bis 20.000 Pegidisten sind gewiss nicht alle Nazis. Diese Einschätzung gibt der ehemalige Chefredakteur des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ und jetzige Herausgeber der Zeitung „Die Welt“, Stefan Aust, am Donnerstag in einer Diskussionsrunde mit angehenden Journalisten der Universität Leipzig. Auch früher bei den Anti-Vietnam-Kriegs-Demonstrationen in der Bundesrepublik seien die übelsten Leute mitmarschiert. Er erinnerte an Rudi Dutschke, der gegen terroristische Gewalt war. Im Übrigen gebe es Terrorismus nicht ohne Massenbasis. Angesichts der 400 IS-Kämpfer aus Deutschland müssten sich die muslimischen Gemeinden fragen lassen, was sie dagegen tun. Direkt angesprochen auf den unter seiner Leitung publizierten Spiegel-Titel „Mekka Deutschland – Die stille Islamisierung Deutschlands“ aus dem Jahr 2007 erklärte Aust, sich daran nicht mehr erinnern zu können.

Den aktuell erhobenen Vorwurf, die deutschen Medien verkörperten eine Außenstelle der NATO, bezeichnete er als weites Feld. Manchen Journalisten klebe das Parteibuch am Revers oder sie gebärden sich gar als Pressesprecher ihrer Partei. Der Spiegel-Gründer Rudolf Augstein sei zeitlebens FDP-Mitglied gewesen und habe sogar einen sicheren Listenplatz als Abgeordneter dieser Partei für den Wahlkreis Paderborn im Deutschen Bundestag gehabt. Der ARD-Korrespondent Peter Merseburger habe permanent im Verdacht gestanden, mit der „Baracke“ – also der SPD-Zentrale – zu telefonieren. Er selbst, Aust, habe nie einer Partei angehört. Deswegen sei er beim Norddeutschen Rundfunk (NDR) nie etwas geworden. 1982 habe er sich aus dem Festanstellungsverhältnis beim NDR gelöst und drei Jahre lang an seinem Buch über die Rote-Armee-Fraktion (RAF) geschrieben. Jetzt sitze er an einem Buch zum Nationalsozialistischen Untergrund (NSU). „Dieser Fall ist völlig unaufgeklärt“, so Aust. Seine Neugierde für dieses Thema sei in einem Gespräch mit Kriminalbeamten geweckt worden. Ein Mitarbeiter der Abteilung „Operative Fallanalyse“ namens Alexander Horn habe ihn auf die Recherche-Spur zu den sogenannten Döner-Morden gesetzt. ++ (me/mgn/29.01.15 – 29)

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