Archive für Beiträge mit Schlagwort: Schriftsteller

Leipzig, 30. März 2015 (ADN).  Ein wichtiges Zwischenziel ist erreicht. Eine neun Jahre währende  leidenschaftliche Debatte findet ihr gutes Ende. Das erklärte der Vorstand der Stiftung Friedliche Revolution, Michael Kölsch, am Montag bei einer festlichen Vernissage in der Universität Leipzig. Die Stiftung habe ein von dem inzwischen verstorbenen Schriftsteller und ausgewiesenen DDR-Gegner Erich Loest in Auftrag gegebenes Bild angekauft und nun als Leihgabe der Leipziger Hochschule zur Verfügung gestellt. Zunächst betrage die Leihzeit zehn Jahre. Sie könne allerdings zweimal um jeweils ein Dezennium verlängert werden. Die beiden, in diversen Spannungsverhältnissen miteinander stehenden Gemälde „Arbeiterklasse und Intelligenz“ von Werner Tübke sowie „Aufrecht stehen – für Herbert Belter, Ernst Bloch, Werner Ihmels, Hans Mayer, Wolfgang Natonek, Georg-Siegried Schmutzler“ von Reinhard Minkewitz sind nunmehr im Hörsaalgebäude der Universität Leipzig zu sehen. Universitätsrektorin Prof. Beate Schücking begrüßte das Ende eines Disputs und den Beginn eines Dialogs.

Unverzüglich folgte dieser Aufforderung der Bürgerrechtler Werner Schulz, Mitglied des Stiftungskuratoriums, und goss in seiner Festrede viel Öl ins Feuer zu einer heftigen Debatte. Erfreut stellte er zunächst fest, dass Schücking sich im „Leipziger Bilderstreit“ gegen namhafte Bedenkenträger durchsetzte. Der Nachwirkungsmechanismus des Kommunismus lebe weiter. Deshalb habe Loest noch einen Tag vor seinem Tod die Befürchtung ausgesprochen „Meine Feinde haben gesiegt“. Die Widerständler der Gruppe um Herbert Belter gegen die DDR, die mit dem Bild von Minkewitz gewürdigt werden sollen, hätten das gleiche Format wie die Nazi-Gegner um die Geschwister Scholl gehabt. Mut und Zivilcourage lasse sich nicht einfach aus dem Internet herunterladen, ließ Schulz mahnend die heutige Generation wissen . „Loest war kein Bilderstürmer, sondern ein Bilderstifter“, so Schulz, der im Übrigen allgemein mehr wissenschaftliche Aufarbeitung zur DDR-Geschichte verlangte. Er warnte vor den verharmlosenden Sätzen des Kunstexperten, Prof. Frank Zöllner, der in dem Tübke-Bild nicht die führende Rolle der Partei – also der SED – zu erkennen glaubt. Ein solcher laut vernehmbar in der DDR artikulierte Satz hätte den Kunstprofessor sofort den Lehrstuhl gekostet.

Der so gescholtene und kritisierte Direktor des Instituts für Kunstgeschichte der Universität Leipzig reagierte auf Schulz‘ Vorwürfe gelassen und sachlich in einer „Kunsthistorischen Einordnung“. Er sezierte und analysierte das Bild des schon zu dessen Lebzeiten überregional und international geschätzten Tübke detailliert. Ihm gelang der Nachweis, dass der Maler politische und ideologiebefrachtete Vorgaben der auftraggebenden DDR-Parteifunktionäre listig und gekonnt umschiffte. Deshalb sei „Arbeiterklasse und Intelligenz“ kein Propaganda-Bild, sondern ein Kunstwerk von europäischem Rang. Der Kunstkritiker Eduard Beaucamp aus Frankfurt am Main stimmte dem zu. ++ (ku/mgn/30.03.15 – 79)

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Frankfurt am Main, 10. Januar 2015 (ADN). „Jahrzehntelang war ich eher optimistisch gestimmt. 2014 nicht mehr“. Das stellte die Schriftstellerin Sybille Lewitscharoff am Sonnabend in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) anlässlich einer Umfrage fest, um ihre Gemütsverfassung für das neue Jahr zu beschreiben. Die entsetzlichen Leiden, die so vielen Menschen in den zahlreichen zerstörten Ländern zugefügt wurden, könne sie nur schwer vergessen. „Sie verrecken, verhungern, werden erschossen, zermalmt, werden geköpft oder fliehen mit Sack und Pack  oder fast nichts über Grenzen in Länder, die dem Andrang nicht mehr Herr werden, fliehen auf verlassenen Booten, viele ertrinken im Mitttelmeer.“  Der Wohlstand, in dem sie selbst lebe, könne sie nicht mehr unbeschwert genießen und dabei in aller Gemüts-Ruhe an ihrem Dante-Roman vor sich hin kritzeln. Dantes Hölle sei reich bestückt mit ausgesuchten Qualen und insofern passe das Thema zu ihrem Gemütszustand. ++ (li/mgn/10.01.15 – 10)

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München/Rom/Reggio di Calabria, 29. Oktober 2014 (ADN). In Kalabrien sind der Mafioso und der Politiker inzwischen miteinander identisch. Das stellte der Schriftsteller Mario Fortunato am Mittwoch in der „Süddeutschen Zeitung“ in einem Namensbeitrag fest. Diese Erkenntnis sei aus den abscheulichen Schlagzeilen der vergangenen zehn Jahre zu schlussfolgern. Die Mafia könne mittlerweile auf eine institutionelle Repräsentation verzichten. Sie sei ja jetzt selber die Institution auf dem Markt, die von allen gleichermaßen anerkannt wird – sowohl dem Inhalt als auch der Form nach.

„Und so ist auch die Politik nicht mehr die alte. Sie ist darin gescheitert, Kalabrien gut zu regieren, die Region zu entwickeln, die Korruption zu bekämpfen. Sie hat nun ihren Ruf gänzlich verspielt, indem sie Städte und Regionen unmittelbar im Namen und Interesse der einzigen verbliebenen Macht, nämlich der Mafia, regiert. Nur so lassen sich die beständigen Skandale verstehen, die Italien heimsuchen,“ erläutert der selbst in der Region Kalabrien vor 56 Jahren geborene Schriftsteller. Die Mafia sei nicht mehr die andere dunkle Seite der Politik und des Geschäfts. In den zwanzig Jahren unter Berlusconi mit der Vermischung von Staatsangelegenheiten und privaten Geschäften hätten dabei eine tragende Rolle gespielt. Deshalb sei es auch kein Zufall, das die Mafia Teil des Turbokapitalismus ist, der die Region heimsucht. Die ‚Ndrangeta sei führend im weltweiten Drogengeschäft und der Hafen von Gioia Tauro wichtigster Umschlagplatz. Sie handele mit Waffen und Menschen, betreibe Müllhalden und wasche Geld. Bauwirtschaft und Gesundheitswesen seien von ihr durchdrungen. Die ‚Ndrangeta verkörpere ein großes Unternehmen mit einem Jahresumsatz von angeblich 53 Milliarden Euro. Nur so sei der Turbokapitalismus zu verstehen, der im Mezzogiorno triumphiert. Die Schattenwirtschaft der Mafia spiegele sich in einer okkulten Form dieses überdrehten Kapitalismus.

Das Vorstadium dieses erbärmlichen gesellschaftlichen Zustandes in der Gegenwart des EU-Gründungsmitgliedslandes Italien beschreibt der heute in Rom und London lebende Fortunato so: „Noch bis vor einigen Jahrzehnten stellte die Mafia in ihren Varianten von Camorra,  ‚Ndrangeta und Sacra Corona eine Form sozialer Stabilität in Italiens Süden dar. Der Zentralstaat funktionierte schlecht und auf widersprüchliche Weise, während die Mafia dem Bedürftigen Schutz und Hilfe bot. Das setzte voraus, dass der Staat – wie schwach, unaufmerksam oder feindselig auch immer – als Gegenüber gesehen wurde. So konnten die kriminellen Organisationen ein zu diesem Staat paralleles Netz von Beziehungen knüpfen, das auf soliden kapitalitischen Prinzipien beruhte. Der Mafia war es erlaubt, Profite zu erwirtschaften, solange sie als Gegenleistung für den sozialen Frieden in der Region sorgte.“ ++ (kr/mgn/29.10.14 – 301)

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Zürich, 5. September 2013 (ADN). „Wenn Dein Vater Zeit findet, soll er am Abend zu mir kommen und 19, 10 Mark mitbringen.“ Mit diesem verschlüsselten Satz charakterisiert Werner Gumpel aus Gliching in einem, in der aktuellen Ausgabe der Schweizer Wochenzeitung „Zeit-Fragen“ veröffentlichten Leserbrief die Situation während des Zweiten Weltkriegs. Auf diese Weise fanden viele Hörer – trotz strengen Verbots durch die Nationalsozialisten – jeden Freitag abend um 19 Uhr zum Sender Radio Beromünster und zu einer der Radiostationen der Freien Welt, um regelmäßig in den Genuss von weitghend wahrheitsgetreuen Informationen und Beurteilungen zu gelangen. Die Wochenzeitung hatte in einigen ihrer Vorausgaben eine Artikelserie über den renommierten Autoren Jean Rudolph von Salis publiziert, der im Hörfunk des Schweizer Senders das Publikum auch in Deutschland, Österreich und Polen wegen seiner realistischen, verständlichen und propagandafreien Berichte zum politischen Geschehen an die Radiogeräte lockte.

Im Mittelpunkt der Zuhörer standen die Radiokommentare des Professors unter dem Titel „Weltchronik“ in den Kriegsjahren 1939 bis 1945. Sie wurden anlässlich des 100. Geburtstages des Historikers, Schriftstellers und Publizisten im Dezember 2001 von der „Neuen Zürcher Zeitung“ (NZZ) mit dem Satz charakterisiert: “ Im Radius des Mittelwellensenders Beromünster wurde Salis mit seinem ruhigen, aus heutiger Sicht spröde anmutenden Lageberichten zur intellektuellen Instanz.“ In den dunklen Kriegsjahren wurde diese Sendung zur symbolischen Stimme, die im Herzen Europas Freiheit und Unabhängigkeit verkündete. Dank vielfältiger Kontakte zu Diplomaten im In- und Ausland ist es dem berühmten Publizisten gelungen, ein recht genaues Bild über das Kriegsgeschehen zu vermitteln. Dieser Einschätzung von „Timeline – Die Schweiz in der Welt“ beruht gewiss auch auf der objektiven und interessenfreien Grundhaltung und Sichtweise von Jean Rudolph von Salis. Er selbst bestätigt das mit einer undatierten Notiz seines Nachlasses, die von der NZZ zitiert wird: „Aber wo stand ich politisch ? Früh schon beeindruckte mich die Erkenntnis, dass ich zu keiner Partei mich vorbehaltlos bekennen, keiner politischen Doktrin mich mit voller Überzeugung verschreiben konnte.“
Angesichts des wachsenden Heeres der Nichtwähler in den derzeitigen und überholten Parteisystemen ist das ein Vorbild dafür, wie moderne Gesellschaften konzipiert und gestaltet werden können. ++ (md/mgn/05.09.13 – 243)

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Washington, 5. November 2012 (ADN).  Der Sänger Bruce Springsteen springt USA-Präsident Barack Obama im letzten Moment des Wahlkampfs energisch zur Seite. Auf seiner Homepage bekundet er zu Wochenbeginn – einenTag vor dem Wahlauftakt – seine Sympathie für Amerika, für den Bundesstaat Wisconsin und für Präsident Obama. Dessen Wiederwahl wünsche er sich. Obama sei weiterhin der Mann der Hoffnung und des Wechsels.

Der Beistand dieses Prominenten aus der Kunstszene könnte zum Zünglein an der Waage werden, um dem ersten farbigen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika zur Wiederwahl in eine zweite Amtszeit zu verhelfen. Bekannte Persönlichkeiten oder sogar Berühmtheiten – aus welcher Szene auch immer – beeinflussen Präsidentschaftswahlen in Nordamerika zunehmend.

Dagegen sinkt die Erheblichkeit der Für- oder Gegensprache von Seiten der in vergangenen Epochen außerordentlich meinungsbildenden Printmedien spürbar. Solches Pro und Contra wird sogar nach Ansicht von Medienwissenschaftlern geradezu marginalisiert, weil sich die Nachrichtenvermittlung der Zeitungen im Sturzflug befindet. Als Beweis führen sie nackte und eindeutige Zahlen an: Die US-Bürger beziehen inzwischen 50 Prozent der Informationen und Neuigkeiten aus dem Fernsehen, 40 Prozent aus den Online-Medien und 30 Prozent aus dem Rundfunk. Mit 29 Prozent rangieren die Printmedien auf dem letzten Platz. Aus dieser Rangfolge lässt sich auch das Gewicht von Wahlempfehlungen assoziieren.  Begünstigt wird diese Tendenz dadurch, dass Zeitungen in der Vergangenheit häufig in ihren Wahlaussagen wankelmütig wirkten oder der Wählerschaft gar unverständlich entgegentraten.

Ganz anders dagegen wirkt Prominenz. Die persönliche Ausstrahlung und das Verhalten der Betreffenden in Vergangenheit und Gegenwart entfaltet eine viel stärkere Bindewirkung. Aussagen ehemaliger Präsidenten, Minister oder Generäle wie Jimmy Carter, Bill Clinton und Colin Powell wird viel aufmerksamer gelauscht als anonymen Einschätzungen von Zeitungsredaktionen. Ähnliches gilt für Bürgermeister, Schauspieler und Sänger, deren Popularität Höchstwerte erreicht. Auch populäre Fernsehmoderatoren, Schriftsteller, Sportler und Nobelpereisträger finden diesbezüglich große Beachtung. Springsteens Schluss-Sprung zugunsten Obamas könnte also entscheidend für das große, gegenwärtig über neun Zeitzonen hinweg laufende Wahlspektakel sein. ++  (dk/mgn/05.11.12 – 215)

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