Archive für Beiträge mit Schlagwort: Stagnation

Köln, 10. Juli 2014 (ADN). Um Europa zu einigen, haben wir zunächst mit der wirtschaftlichen Integration angefangen. Dann sei die Währungsunion gefolgt. Das erklärte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble am Donnerstagabend in einer Gemeinschaftsproduktion des Fernsehsenders „Phönix“ und des Deutschlandfunk. Zwar bedeute das Nationale zunächst die erste Identifikation. Insofern befände sich Frankreich heute noch in derselben Situation wie es die Französische Nationalversammlung im Jahr 1954 manifestierte. Wenn die Deutschen bei der Wiedervereinigung erstmal einen großen Verfassungskonvent veranstaltet hätten, wäre zu viel Zeit auf dem Weg in Richtung Europa verstrichen. Krisen seien nützlich, um das Europa-Projekt voranzutreiben.Schäuble, der seinerzeit den deutschen Einigungsvertrag aushandelte und unterzeichnete, nannte einige Phänomene der weiteren Europäisierung. So habe er selbst vorgeschlagen, dass in bestimmten Gerichtsverhandlungen Englisch gesprochen werden soll.

Dem hielt der Schriftsteller und Orientalist Navid Kermani auf dem unter der Überschrift „Europa zwischen Wirtschaftsunion und Wertegemeinschaft“ auf dem Forum Politik entgegen, dass sich die Väter und Mütter des Grundgesetzes beim Abfassen dieses Dokuments etwas gedacht hätten.  Sie seien keine Literaten gewesen, als sie beispielsweise die Regeln für politisches Asyl formulierten und verabschiedeten. Das Europäische Projekt sei im 19. Jahrhundert in erster Linie ein Freiheitsprojekt gewesen, kein Friedensprojekt. Das werde an den Rändern Europas viel eher begriffen als in seinem Kern. Das Asylrecht sei letztlich auf das Niveau der Genfer UNO-Konvention für Flüchtlinge zurückgestutzt worden.

In einer weiteren Rundfunksendung am selben Abend äußerten sich Politikwissenschaftler und Soziologen zum Thema Patriotismus und Nationalismus. Nach Auffassung von Volker Kronenberg von der Universität Bonn ist Patriotismus ein Produkt der französischen Aufklärung. Dagegen werde in Deutschland der Nationalstaat als offene Gemeinschaft von Bürgern betrachtet. Europa befinde sich in einer Phase der Abwendung vom klassischen Nationalismus. Wilhelm Heitmeyer von der Universität Bielefeld, unter dessen Regie seit 2002 alljährlich die Langzeit-Studie „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ in Deutschland vorgelegt wird, bezeichnete übertriebene nationale Töne als neues Opium für das Volk. In Wirklichkeit befände sich die Nation, die eigentlich von den Prinzipien Solidarität, Fairness und Gerechtigkeit geprägt sein müsste, im Niedergang. Der „Aufzug“ gehe für viele nach unten oder befinde sich bestenfalls in Stagnation. ++ (gg/mgn/10.07.14 – 190)

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Leipzig, 16. Mai 2014 (ADN). Nicht verzagen und sich der permanenten Täuschung entziehen !  Mit diesem Aufruf zur aktiven zivilgesellschaftlichen Gegenwehr an die Diskussionsteilnehmer beschloss der Deutsch-Amerikaner Glenn Allred aus dem USA-Bundesstaat Florida am Freitagabend in Leipzig eine beeindruckende und überzeugende Tour de Raison über Verfassungs- und Freiheitsgeschichte in Amerika, Europa und anderen Regionen der Erde. Mit präzisen Quellenangaben untermauerte er seine Informationen über Rechts-, Wirtschafts- und Finanzgeschichte sowie deren Wirkung in Gegenwart und Zukunft. Viele davon waren den Zuhörern völlig neu. Das betrifft auch die unmittelbaren deutschen Verhältnisse. Es bestätigte sich der Eindruck, dass den Bürgern von den ersten öffentlichen Bildungsgängen an wie der Grundschule bis zu den Hochschulen und Universitäten wichtiges Wissen systematisch vorenthalten worden ist. Beispielsweise war zu erfahren, dasss die bis heute angewandte hessische Landesverfassung von 1946 nicht aus deutscher Feder stammt, sondern von dem seinerzeitigen Militärgouverneur der amerikanischen Besatzungszone, US-General Lucius D. Clay, formuliert und  den Regierenden von Hessen als gültiger grundsätzlicher Leitfaden übergeben worden ist. Zudem heißt es in Artikel 159 dieser Verfassung: „Der vom Kontrollrat für Deutschland und von der Militärregierung für ihre Anordnungen nach Völker- und Kriegsrecht beanspruchte Vorrang vor dieser Verfassung, den verfassungsmäßig erlassenen Gesetzen und sonstigem deutschen Recht bleibt unberührt.“

Nach den Worten von Allred  sind diese Tatbestände in Hessen nur zwei Personen des dortigen Herrschaftsapparates in vollem Umfang bewusst. Ansonsten besteht allgemeine Ahnungslosigkeit nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch in den diversen Hierarchien der Verwaltungseliten. Ähnliche grundrechtliche Unterwerfungsverhältnisse unter die Militärregierungen der Besatzungsmächte existieren in den anderen deutschen Territorien. Die Erzählung von einem wiedervereinigten Deutschland als souveräner und unabhängiger Staat sei eine Chimäre. Dennoch werde dieses Märchen den Deutschen bis heute als Gute-Nacht-Geschichte aufgetischt, damit sie viele weitere Jahre gut schlafen. Die meisten tun das auch und lassen sich widerstandslos einlullen. Sie und auch die Bürger anderer Nationen werden permanent und raffiniert getäuscht, um sie – wie in den vergangenen Jahrhunderten – weiterhin zu beherrschen und auszuplündern. Und das alles, obwohl es in frühen Zeiten der deutschen Historie sehr  gerechte, anspruchsvolle und ausgewogene Rechtssysteme gab.  Der Sachsenspiegel aus dem 13./14 Jahrhundert ist ein Beispiel. Nach altsächsischem Recht wurde als Herrscher der Beste gewählt. Verglichen mit dem gegenwärtigen Ist-Zustand ist ein solches demokratisches Modell aus dem Mittelalter außerordentlich modern und zu empfehlen.    

Allred, der Grüße von den 53 Millionen Deutsch-Amerikaner aus den USA mitgebracht hatte, kritisierte heftig die laufenden Versuche zwischen den USA und der EU, mit einem Freihandelsabkommen die Allmacht von Großkonzernen – insbesondere der Hochfinanz – auf beiden Seiten noch zu vergrößern und die Beziehungen der Menschen und kleinen Firmen auf beiden Seiten einzudampfen oder ganz in Stagnation zu versetzen. Er wünschte sich mehr individuelle Kontakte und wirtschaftlichen Austausch kleiner Firmen beider Seiten. Die habe es nämlich in einem heute gar nicht mehr bekannten Ausmaß noch vor hundert und mehr Jahren gegeben. Er beschrieb den bis heute bestehenden Grundkonflikt mit einem Zitat von USA-Präsident Thomas Jefferson (1743-1826). Danach können Freiheit und Ignoranz niemals koexistieren. Damit ein freier Staat und ein freies Volk sich selbst regiert, müsse man sich weltweit der um sich greifenden Klepto- und Pathokratie entledigen. Den gewissenlosen und moralfreien „Psychopathen in Nadelstreifen“sei das Zepter aus der Hand zu reißen. 

Zu Beginn der Veranstaltung hatte eine Gruppe von Gemeinden in und um Leipzig ihre Reorganisation beschlossen und dies feierlich unterzeichnet. Die Dokumente werden demnächst den derzeit tätigen Verwaltungen zugeleitet. ++ (sv/mgn/16.05.14 – 135)

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Zürich, 22. Dezember 2012 (ADN). „Nein, es ist das mangelnde Verständnis des komplexen Systems der globalen Ökonomie, das bis weit in die Linke hinein das permanente Versagen der Politik erklärt. So wurschtelt sich die Weltwirtschaft in die Zukunft, von globalen und regionalen Krisen immer wieder überraschend getroffen wie von schweren Meteoriten aus dem Weltall. Auf der Strecke bleiben die einfachen Menschen – und am Ende die Demokratie.“ Mit diesem Zitat geht der Wirtschafts- und Finanzwissenschaftler Heiner Flassbeck in einem ausführlichen Beitrag der jüngsten Ausgabe der Wochenzeitung „Zeit-Fragen“ auf das gegenwärtige gesellschaftliche Dilemma ein.  Wenn die globalisierte Wirtschaft nur noch als ein System verstanden wird, das einigen unglaublichen Reichtum und dem großen Rest im besten Fall Stagnation oder ein kümmerliches Auskommen bietet, sei die Demokratie in Gefahr.  Die zweite, nach dem Zusammenbruch des Finanzsystems 2008 nun beginnende Krise, werde den meisten Menschen auch noch die Hoffnung nehmen, dass der demokratische Staat die Dinge in die richtige Richtung zu lenken vermag.

In hundert Jahren wird man nach Erklärungen für das politische und ökonomische Scheitern am Beginn des 21. Jahrhunderts suchen. Die Historiker  werden nach Fakten suchen, nicht nach fehlenden Ideen, so Flassbeck.  Es bleibe die Hoffnung auf eine neue kritische Generation, die sich nicht mit Phrasen abspeisen lässt, sondern den Dingen ohne Kompromisse und mit logischem Denken auf den Grund zu gehen versucht. „Vielleicht haben wir ihre Anfänge auf dem Tahrir-Platz in Kairo, im Zuccotti-Park von New York und auf der Plaza Italia in Santiago de Chile schon gesehen“, erklärte der ehemalige, unter dem deutschen Bundesminister Oskar Lafontaine tätige Staatssekretär ++ (gl/mgn/22.12.12 -362)

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Dublin/Berlin, 29. Mai 2012 (ADN).  „Grundsätzlich geht es bei diesem Pakt darum, die Hände künftiger Volksvertreter zu binden. Es soll ihnen erschwert werden, den Willen ihrer Wähler umzusetzen.“ Das stellte der irische Wirtschaftsprofessor Terrence McDonough in einem Interview mit dem Nachrichtenportal EurActiv am heutigen Dienstag fest und schlussfolgerte, dass dies undemokratisch ist. Der Wirtschaftswissenschaftler von der irischen Universität Galway, der gemeinsam mit anderen Akademikern zur Ablehnung des europäischen Fiskalpaktes bei dem bevorstehenden Volksentscheid aufruft,  sieht an einen solchen Vertrag gebundene Regierungen in eine fiskalische Zwangsjacke schlüpfen. Das mache es schwierig, auf Rezessionen und Stagnationen mit einer Ankurbelung der Nachfrage zu reagieren.

Nach Auffassung von McDonough würde Irland auch im Falle der Ablehung des Fiskalpaktes noch Geld aus der EU bekommen. Die Klausel, nach der Irland ohne eine Zustimmung beim Volksentscheid keinen Zugang zum geplanten Euro-Rettungsschirm (ESM) mehr bekommen soll, ist eingefügt worden, um die Ja-Seite im irischen Referendum zu unterstützen. „Wenn Irland Nein sagt, dann hat diese Bestimmung ihren Zweck nicht erfüllt und wird entfernt werden,“ so der Ökonom. Im Übrigen gebe es für den Fall eines versperrten ESM-Zugangs andere Möglichkeiten, die Kluft zwischen Ausgaben und Einnahnen zu schließen. Er nannte fünf  Lösungswege. Zwei davon bestünden in dem bisherigen Rettungsschirm EFSF und in der Sorge des Internationalen Wähungsfonds (IWF), dass Irlands Beispiel andere Staaten infiziert. Zudem könne sein Land die Steuern auf Vermögen und hohe Einkommen erhöhen, mit den Gläubigern über seine Schulden verhandeln oder innovative Schuldeninstrumente entwickeln. Noch besser sei es, diese verschiedenen Mittel miteinander zu kombinieren.

McDonough wies darauf hin, dass die globalen Folgen eines irischen Zahlungsausfalls sein Land in eine starke Verhandlungsposition versetzen. Dies auszunutzen, sei keinesfalls Erpressung. Sollten seine Landsleute jedoch dem Fiskalpakt zustimmen, würde das zu weiterer Stagnation in Irland und Europa führen.

Nach Auffasung des Deutschland-Korrespondenten der irischen Tageszeitung „Irish Times“, Derek Scally, werden sich die Iren für den Fiskalpakt entscheiden. Sie wüssten, dass es um etwas Langfristiges geht und sie auf die Großzügigkeit ihrer Nachbarn angewiesen sind. Immerhin lägen in Irland trotz aller Sparbemühungen die Ausgaben pro Jahr 13 Milliarden Euro über den Einnahmen.

Irland ist das einzige EU-Mitgliedsland, in dem über den Beitritt zum Fiskalpakt per Volksentscheid abgestimmt wird. Die Ergebnisse des am Donnerstag beginnenden  Referendums werden am Freitag vorliegen. ++ (wi/mgn/29.05.12 – 156)