Archive für Beiträge mit Schlagwort: Standesamt

Iffezheim/Münster/Leipzig, 19. Januar 2015 (ADN). In der Bundesrepublik Deutschland sind gegenwärtig schätzungsweise 60 bis 80 Erbenermittler tätig. Von ihnen sind knapp ein Dutzend in dem erst knapp fünf Jahre alten „Verband Deutscher Erbenermittler“ (VDEE) organisiert. Wie  die Vorstandsmitglieder Sybille Wolf-Mohr aus dem badischen Iffezheim und und Frank Bergmann aus Münster in einer Telefonkoferenz am Montag erläuterten, hat sich ihre Vereinigung bestimmte ethische Mindeststandards auf die Fahnen geschrieben. Mit dem Ehrenkodex will sich der Verband von unsittlichen Geschäftsgebaren vereinzelter Marktakteure abgrenzen, heißt es im Internet-Auftritt der Vereinigung. Zudem soll mit der Verbandsgründung die Existenz der Berufsgruppe in der öffentlichen Wahrnehmung gefördert und deren Tätigkeit unterstützt werden. So sei den Restriktionen beim Zugang zu Ermittlungsquellen durch den Gesetzgeber entgegenzuwirken. Zudem besteht eine der ersten Verbandsforderungen darin, ein zentrales Register zu sogenannten nachrichtenlosen Konten bei Banken und Versicherungen einzuführen. Dabei handelt es sich um Konten, zu denen Bankpost als unzustellbar zurückgeht oder die keinem lebenden Kunden  zugeordnet werden können.

„Wir sind das Gegenteil vom Gerichtsvollzieher !“, bringt Wolf-Mohr die Tätigkeit von Erbenermittlern auf eine treffende Kurzformel. Im Zenit dieser Kontrapunktion stehe das Bestreben, berechtigten Erben oder testamentarisch Begünstigten so schnell wie möglich das bewegliche und unbewegliche Vermögen Verstorbener zuzuordnen und zugänglich zu machen. In der Regel gelingt das Erbenermittlern viel schneller als Nachlasspflegern an den Gerichten, so Wolf-Mohr. Die Dauer eines Verfahrens variiere je nach Schwierigkeitsgrad. Zwischen ein und zehn Jahren sei alles möglich. Um ein durchschnittlich komplexes Verfahren abzuwickeln, braucht ein Erbenermittler etwa drei Jahre. Justiz und Behörden benötigten dafür nicht selten ein Jahrzehnt – also vergleichsweise viel mehr Zeit. Als „Subunternehmer“ der Nachlasspflege, deren Leistungskapazitäten meist sehr beschränkt ist und dann per Ermächtigung einen entsprechenden Auftrag erteilt, finde ein Erbenermittler mit seiner Sach- und Fachkenntnis die richtigen Adressaten hinterlassenen Vermögens gerade in komplizierten Fällen sehr rasch. Das gelte beispielsweise dann, wenn notwendige Urkunden und Dokumente nicht vorhanden sind, beschafft werden müssen oder als beglaubigte Zweitschriften zu erstellen sind. Ein typischer Fall sei der Tod einer alleinstehenden Person in einem Mehrfamilienhaus, von der nicht mehr als nur wenige Kerndaten wie der Geburtsort in Ostpreußen und keine anderen Anhaltspunkte bekannt sind. Darüber hinaus seien für diese Tätigkeit enge und spezielle Kontakte zu Korrespondenzbüros im Ausland unerlässlich. Auch sei der VDEE  gerade dabei, Kontakte zu einer französischen Partnerorganisation zu knüpfen. Gute Verbindungen gebe es auch nach Großbritannien und in die USA. Generell sei ein versierter Erbenermittler befähigt, weltweit zu kommunizieren und sogar in fast aussichtslosen Situationen noch Erben zu finden.

Zur Lage in den neuen Bundesländern nannten die beiden Vorstandsmitglieder einige wenige spezifische Aspekte. Zu vermuten sei, dass dort durchaus „Schätze gehoben werden könnten“. Auch könne der Verband, der sich als Informations- und Anlaufstelle für Behörden, öffentliche Einrichtungen wie Nachlassgerichte, Standesämter, Archive oder Kirchen versteht,  zur Lösung besonderer Probleme beitragen. So sei dem Ombudsmann, der in der Stadt Leipzig mit dem unter der Vokabel „Herrenlose Häuser“ bekannten, inzwischen vor Gericht verhandelten Streit befasst war, konkrete Unterstützung angeboten worden. Die beiden Schreiben mit den Hilfsofferten sind allerdings ohne Reaktion geblieben. Der Ombudsmann oder eine andere zuständige Stelle der Stadtverwaltung Leipzig antworteten nicht. Weitere Schwierigkeiten berge das Sachenrechtsbereinigungsgesetz, mit dem in Ostdeutschland das zu DDR-Zeiten auseinander gefallene Eigentum an Gebäude und Grundstück auf zahlreichen Liegenschaften zu klären ist. Häufig wiege in derartigen Fällen der Rechercheaufwand den Nutzen nicht auf. ++ (ju/mgn/19.01.15 – 19)

http://www.adn1946.wordpress.com, e-mail: adn1946@gmail.com, Redaktion: Matthias Günkel (mgn), adn-nachrichtenagentur, SMAD-Lizenz-Nr. 101 v. 10.10.46

 

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Stuttgart/Leipzig, 18. April 2012 (ADN). Mit 26 Prozent Einwohnern mit Migrationshintergrund hat das deutsche Bundesland Baden-Württemberg den höchsten Anteil in der Bundesrepublik Deutschland (BRD). Bei der jungen Generation liegt der Anteil noch höher. Beispielsweise haben sechs von zehn Kindern in der Landeshauptstadt Stuttgart Migranten als Eltern. Diese Zahlen wurden bei einer im Rundfunk übertragenen Podiumsdiskussion aus dem Stuttgarter Rathaus am heutigen Mittwoch genannt. Oberbürgermeister Manfred Schuster erklärte dazu, dass aus diesen Gründen gezielt mehr neue Angestellte und Beamte mit Migrationshintergrund für den öffentlichen Dienst gewonnen werden sollen. Verschämt gibt er erst am Schluss der Veranstaltung zu, dass ein Ziel von 40 Prozent Auszubildenden mit Migrationshintergrund für eine Tätigkeit in der Stuttgarter Stadtverwaltung angepeilt wird. Nötig seien wesentlich mehr Migranten als Führungskräfte in öffentlichen Ämtern. Derzeit seien solche Mitarbeiter fast ausschließlich nur im öffentlichen Niedriglohnsektor zu finden, wo sie zum Beispiel als Müllwerker oder Friedhofsarbeiter tätig sind.  Das Stadtoberhaupt begründete den angestrebten personellen Wandel damit, dass Stuttgart sich als internationale und integrative Metropole begreift. Mitarbeiter, die mehrsprachig ausgebildet sind, seien deshalb in der städtischer Verwaltung – schon wegen der besseren Kommunikation – höchst willkommen.

Die Landesministerin für Integration Baden-Württembergs, Bilkay Öney, forderte, mehr Steuerbeamte, Standesbeamte und Polizisten aus Einwandererfamilien zu rekrutieren. Sie hatte bereits vor einigen Wochen erklärt, mit einer Reihe von Erlassen, die Einbürgerungsverfahren für solche Bevölkerungsgruppen zu vereinfachen und zu beschleunigen. Notfalls nehme man dabei auch die Mehrstaatlichkeit von qualifizierten Arbeitskräften in Kauf, wenn die normalerweise geforderte Entlassung aus der ursprünglichen Staatsbürgerschaft sich als zu kompliziert erweise. Das betreffe beispielsweise die Herkunftsstaaten Irak, Jemen und Angola.

Die Staatssekretärin im Bundesinnenministerium, Cornelia Rogall-Grothe, wies auf das gemeinsame Interesse von Bund und Ländern hin, mehr Migranten im öffentlichen Dienst zu beschäftigen. Das sei zwar schwierig wegen der fehlenden familiären Vorbildwirkung der potentiellen Anwärter, jedoch bestehe darin ein wichtiger Teil des „Nationalen Aktionsplans Integration“. Die Festsetzung einer Migranten-Quote lehnten die Diskussionsteilnehmerin einhellig ab. Die aus Italien stammende Teamleiterin im Wohnungsamt Stuttgart, Francesca Moschella, erklärte, dass die Leistung zähle, nicht Quote oder Herkunft.

Die generellen Fragwürdigkeiten und Ungereimtheiten der BRD-Staatsbürgerschaft standen bei der Veranstaltung nicht zur Debatte. Welche skurrilen Phänomene die Ignoranz dieses fundamentalen Problems im administrativen Alltag hervorbringt, belegt ein Pressebeitrag unter dem Titel „Kafkaeske Bürokratie“ am vergangenen Wochenende in der „Leipziger Volkszeitung“. In dem geschilderten Fall wird der Familie eines vor fünf Monaten Neugeborenen vom Standesamt der Stadt Leipzig die Geburtsurkunde verweigert. Der Vater Zakarya El-Liazidi, ein gebürtiger Marokkaner, ist seit drei Jahren BRD-Bürger und arbeitet nach Studienabschluss als Wissenschaftler am Institut für Orientwissenschaften. Er erhielt zunächst die Auskunft, seiner eigenen Geburtsurkunde aus dem Heimatland mangele es an der notariellen Beglaubigung. Den betroffenen Eltern, denen bereits vor knapp zwei Jahren ein Töchterchen geboren wurde und dessen admiminstrative Registratur seinerzeit keinerlei Probleme bereitete, erteilte das Standesamt die verwirrende Auskunft: „Die Vorschriften im internationalen Urkundenverkehr ändern sich ständig. Was vor zwei Jahren galt, kann heute schon ganz anders sein.“ Die bürokratische Odyssee ist bis heute nicht beendet, das Schildbürgertum in Leipzig treibt weitere neue Blüten. ++ (in/mgn/18.04.12 – 113)